Mobilität Futuristischer Flieger hebt per Schaufelrad ab

Das FanWing-Flugzeug des US-amerikanischen Erfinders Pat Peebles steigt ganz ohne Propeller oder Düsenantrieb in die Lüfte – fast wie ein Helikopter. Es ist leise, sparsam und braucht nur eine extrem kurze Startbahn. Deutsche Forscher entwickeln das visionäre Konzept eines Kurzstreckenfliegers jetzt mit EU-Geldern zur Praxisreife.

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Das sind die Flugzeuge der Zukunft
FanWingDas Bild zeigt die Computerillustration eines "FanWing"-Flugzeugs. Das neue Fluggerät ist eine Mischung aus Hubschrauber und Flugzeug. Es wird von großen Ventilatoren angetrieben, die gewaltige Luftmassen unter die Tragflächen befördern. E ist leise, sparsam und braucht nur eine extrem kurze Startbahn. Quelle: dpa
VolocopterEnde 2013 hob der Volocopter erstmals zu seinem Jungfernflug ab. Der unbemannte Elektro-Senkrechtstarter wird von Elektromotoren angetrieben und per Joy-Stick oder Autopilot gesteuert. Statt eines Propellers, wie beim einem Helikopter, ist er mit mehreren ausgestattet. Langfristig sollen in dem Fluggerät zwei Personen transportiert werden können. Quelle: dpa
Clip-AirFliegen geht schneller als Zugfahren. Doch ehe ein Reisender im Flieger sitzt und die Reise wirklich losgeht, vergehen Stunden in Warteschlagen und vor dem Boarding. Dass das Fliegen genau so komfortabel wird, wie das Zugfahren, ist das Ziel eines Schweizer Forscherteams. Dazu haben sie eine Art Luft-Lok an der einzelne Passagier- oder Logistik-Wagen angehängt werden können. Der "Überflügel" enthält den Motor, das Cockpit, den Treibstoff und auch das Ausfahrgestell zur Landung. Und die einzelnen Wagen könnten die Reisenden theoretisch überall besteigen. Zum Beispiel auch an einem Bahnhof. Quelle: Screenshot
Flug-Floh Quelle: PR
So könnte das Passagierflugzeug der Zukunft aussehen: Das Konzept für den Nurflügler wurde im Rahmen des EU-Projekts NACRE (New Aircraft Concepts Research) entwickelt. Quelle: PR
Solar ImpulseDas Schweizer Solarflugzeug Solar Impulse ist das aktuelle Projekt des Schweizer Luftfahrtpioniers Bertrand Piccard. Das Flugzeug zieht seine Energie ausschließlich aus Sonnenenergie. Dafür sin Solar-Paneele auf den Flügeln angebracht. Um zu zeigen, dass das Projekt funktioniert, plant der Schweizer zwischen April und Juni 2014 eine Erdumrundung. Quelle: dpa
Spike AerospaceReise für Reiche: Ein Startup aus Boston entwickelt derzeit den Überschall-Privatjet Spike Aerospace. Damit soll die Flugzeit von New York nach London nur noch drei Stunden dauern. Die gigantischen Panorama-Fenster bestehen aus Displays auf denen das, was draußen vorbei zieht, übertragen wird. Wer schlafen möchte, kann die Bildschirme abdunkeln. Angeblich sollen die Flieger bereits 2018 an den Start gehen. Quelle: Screenshot

Auf den ersten Blick unterscheidet sich Peebles Modell mit einer Spannweite von vier Metern nicht von einem kleinen Regionalflugzeug. Doch dann die Irritation: Was hat es denn da auf den Flügeln? Sieht aus wie die Schaufelräder eines Mississippi-Dampfers. 

Nicht schlecht geraten, sagt der Konstrukteur lachend. Tatsächlich basiere das Antriebskonzept seines FanWing-Designs auf den Prinzipien eines Schaufelraddampfers. Allerdings wirbeln die Rotorblätter seiner Walze statt Wasser Luft über die Oberseite der Tragflächen. Die hohe Geschwindigkeit der Luft erzeugt einen Unterdruck. Die Maschine bekommt Auftrieb – und steigt nach oben. Weil sie fast wie ein Hubschrauber oder Senkrechtstarter abhebt, braucht die Startbahn nicht länger als 50 Meter zu sein.

Die Kraft der Schaufelräder reicht zudem aus, um das Flugzeug auch vorwärts zu treiben. Allerdings nicht so effektiv, wie das ein Düsen- oder Propellertriebwerk kann. 200 Kilometer in der Stunde hält Peebles für möglich – immerhin. Damit flöge es in etwa so schnell wie ein langsamer Helikopter. Für den Antrieb der Walzen kommen Elektromotoren in Frage, alternativ eine Verbrennungsturbine, oder auch eine Kombination aus beidem.

Ein ferngesteuerter Prototyp ohne Pilot hat seine Flugtauglichkeit auf Flugschauen einem staunenden Publikum schon bewiesen. Doch vor einem kommerziellen Einsatz stünden noch viele Jahre Entwicklungsarbeit, räumt Flugzeugpionier Peebles ein.

Forscher der Universität Saarbrücken und des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) wollen ihm jetzt dabei helfen, die Technik serienreif zu machen und eine Zulassung des futuristischen Fliegers zu erlangen. Die EU fördert das Projekt mit 600 000 Euro. Ingenieure des Lehrstuhls für Antriebstechnik der Uni unter Leitung von Christopher May haben die Aufgabe übernommen, die Leistung der Antriebswalze zu steigern, etwa indem die Steuerung während des Flugs die Stellung der Rotorblätter den Strömungsverhältnissen anpasst. „Eine extrem komplexe Herausforderung“, sagt May. Dennoch will er schon im April  ein erstes optimiertes Flügelmodell im Windkanal testen.

Die DLR-Experten wiederum konzentrieren sich auf die Entwicklung von Geschäftsmodellen für den FanWing. Eines Tages, so die Vorstellungen, könnte er auf Kurzstrecken 60 bis 70 Passagiere oder Lasten von bis zu acht Tonnen befördern. Zum Beispiel als Zubringerflugzeug von Saarbrücken zum Frankfurter Airport. In einem solchen Konzept kämen die Vorzüge des Schaufelrad-Fliegers voll zum Zuge: Er braucht keine langen Start- und Landebahnen, belästigt Anwohner mit deutlich weniger Lärm als Düsen- oder Propellermaschinen und verbrennt in der Variante mit einer Turbine für den Walzenantrieb zudem viel  weniger Kerosin als diese. Laut May verbraucht er rund zwei Drittel weniger Treibstoff als zum Beispiel ein Hubschrauber.

Der Entwickler ist aus diesem Grund von der Zukunft des futuristischen Fliegers überzeugt. „Das Ziel der EU, künftig pro Fluggast mit der Hälfte an Sprit auszukommen, erreichen wir nur mit wesentlich sparsameren Antrieben als den heutigen. Dazu gehört der FanWing.“   

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