Nachbau der Lascaux-Höhle Urzeit-Kunst in neuem Glanz

Die Höhle von Lascaux gilt wegen ihrer Felsmalereien als die Sixtinische Kapelle der Steinzeit. Die Höhle selbst ist seit Jahrzehnten geschlossen, jetzt lässt sich die Urzeit-Kunst in einem prächtigen Nachbau bestaunen.

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Erstmals wird die Grotte mit allen prähistorischen Höhlenmalereien nachgebildet – dazu gehört auch die „Schwarze Kuh“. Quelle: dpa

Montignac Sie ist schwarz, imposant, über zwei Meter lang. Die ungewöhnliche Kuh-Darstellung befindet sich in der „Nef“, dem Längsschiff des neuen Nachbaus der Steinzeithöhle von Lascaux. Sie zählt zu den Stars. Denn erstmals wird die Grotte mit allen prähistorischen Höhlenmalereien nachgebildet – und dazu gehört die „Schwarze Kuh“.

Über 60 Millionen Euro hat die neue Nachbildung der Höhle bei Montignac in der Dordogne gekostet, vom heutigen Donnerstag an ist sie für die Öffentlichkeit zugänglich. Erwartet werden jährlich rund 400.000 Besucher.

Die Lascaux-Höhle wird wegen ihrer reichen Steinzeitmalerei die „Sixtinische Kapelle der Urgeschichte“ genannt. Hunderte von gemalten und gravierten Tieren wurden gezählt. Identifiziert werden konnten bislang etwas mehr als 600. Sie alle sind nun in der neuen Kopie zu sehen.

An ihrer millimetergenauen Reproduktion saßen über 25 Künstler mehr als drei Jahre in einem Atelier. Gearbeitet wurde auf Felsimitationen aus Stahl und Acrylharz, die auf einem 3-D-Modell basierten.

Lascaux IV bildet erstmals auch die Grotte in Originalgröße ab – mit ihren zerklüfteten Spalten und ungleichgeformten Höhlenwänden. Auch das Loch wurde rekonstruiert, durch das am 12. September 1940 vier Jugendliche kletterten und den vor rund 18.000 Jahren entstandenen Schatz entdeckten. Die Temperatur beträgt im Winter 13 und im Sommer 16 Grad – so wie in der seit 1963 geschlossenen Originalhöhle.

Der neue Nachbau liegt rund 800 Meter vom Original entfernt. Die Beton-und Glasarchitektur ist 8500 Quadratmeter groß und fügt sich diskret in den Hügel ein. Sie ist zweigeteilt und gleicht einer Erdspalte. Ein Teil liegt unterirdisch, ein anderer an der Oberfläche. Eine Architektur, die mit der Landschaft eins wird: Ein Konzept, für das das preisgekrönte norwegische Architektenbüro Snøhetta international bekannt ist.

Fünf Meter lange Auerochsen, eine Herde stolzer Pferde und ein roter Büffel: Sie jagen und galoppieren auf der Höhlenwand aus Kunstharz hinter- und nebeneinander her. Wir befinden uns im „Salle des Taureaux“, dem Stiersaal. Ihre Darstellung ist so realistisch, dass sie den Eindruck erweckt, die Tiere würden schnauben.


Pilze bedrohen die Originale

Die Qualität und Präzision der von den Cro-Magnon-Menschen gemalten und gravierten Felsenbilder ist verblüffend. Die Menschen, die diese Zeichnungen entworfen haben, sind wahre Künstler, so wie jene, die sie hier reproduziert haben, begeisterte sich Germinal Peiro, der Präsident des Departements im Südwesten Frankreichs. Der Nachbau wurde mit knapp 30 Millionen Euro vom Departement finanziert.

Der Stiersaal wurde bereits in der im Jahr 1983 eröffneten Kopie Lascaux II abgebildet. Sie liegt ebenfalls auf dem Hügel, auf dem sich das Original befindet. In ihr sind 90 Prozent der Tierbilder nachgezeichnet. Bis zu zehn Millionen Besucher wurden in den vergangenen dreißig Jahren durch die Replik geschleust.

Ein Erfolg, der ihr zum Verhängnis wurde. Durch die Menschenmassen wurden der Hügel und die Malereien beschädigt. Ihnen drohte der Pilzbefall – so wie dem Original, das deshalb im März 1963 geschlossen wurde. Seit 1979 steht das jungpaläolithische Original auf der Weltkulturerbe-Liste der Unesco. Lascaux II wurde in der Zwischenzeit renoviert und soll auch weiterhin geöffnet bleiben.

Die Höhle von Lascaux wurde acht Jahre nach ihrer Entdeckung am 13. Juli 1948 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Nur knapp sieben Jahre später wurde sie von der „Grünen Krankheit“ befallen. Aufgrund der Atemluft der zahlreichen Besucher breitete sich Kalkspan aus, Algen und Pilze machten sich explosionsartig breit.

Offiziell heißt die neue Replik „Centre International de l'Art pariétal Montignac-Lascaux“, etwa Internationales Zentrum für Höhlenmalerei. Denn die Kopie bildet nicht nur naturgetreu die reich verzierten Felskammern nach. Ein Teil des 8500 Quadratmeter großen Nachbaus ist der Wissenschaft der prähistorischen Kunst gewidmet und der Geschichte von Lascaux. Unter dem Titel „Lascaux III“ tourt mit diesem Ansatz seit einigen Jahren auch eine Ausstellung durch die Welt.

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