Sahin, der zuvor mit seiner Ehefrau Türeci Ganymed gegründet hat, will deshalb die Tumore der Patienten laufend überwachen, Gewebeproben entnehmen und sie einem Gencheck unterziehen. Auf dieser Basis stellen seine Forscher jeweils einen individuellen Impfcocktail her – das aktualisierte Fahndungsfoto.
An sieben Patienten testen sie diese Strategie bereits. Und obwohl sie für jeden Erkrankten einen eigenen Impfstoff produzieren müssen, ist Sahin überzeugt, dass sich die Sache rechnen und vor allem für die Patienten lohnen wird: „Wir wollen den Tumorzellen einfach keine Schlupflöcher mehr lassen.“
Brustkrebs-Vorsorge
- Monatliche Selbstuntersuchung der Brust
- Halbjährliche Tastuntersuchung durch den Frauenarzt
- Halbjährlicher Brustultraschall
Jährliche Mammografie empfohlen
- Jährlich ein Brustultraschall
- Jährlich Mammografien in zwei Ebenen
Auch wenn die Wissenschaftler derzeit sehr optimistisch sind, räumen fast alle ein: Die von ihnen trickreich erdachten immuntherapeutischen Fallen werden vermutlich nur dann funktionieren, wenn sie diese miteinander oder auch mit klassischen Chemotherapien kombinieren. Denn wie echte Verbrecher hat auch die Krebs-Mafia noch ein weiteres Druckmittel in der Hand: Sie bedroht die Polizisten, sodass sie um ihr Leben fürchten – und die Ermittlungen schleifen lassen.
Tumorzellen bremsen das Abwehrsystem aus
So aktivieren Tumorzellen ganz gezielt Blockaden im Immunsystem. Kein Ermittler ist dann noch in der Lage, auf sie zu schießen, und sie können bei jeder Straßensperre oder Hausdurchsuchung ungehindert entkommen. Checkpoints heißen die biologischen Strukturen, die diese Kontrollfunktion im Körper übernehmen. Sie sind eigentlich dazu gedacht, eine Immunreaktion räumlich einzugrenzen und im Zaum zu halten, damit der Körper sich nicht selbst angreift.
Doch die kriminellen Tumorzellen aktivieren diese biologischen Schalter mit speziellen Molekülen und bremsen das Abwehrsystem damit komplett aus.
Ein Wirkstoff, der diese perfide Blockade durchbricht, ist der Kassenschlager Yervoy. Der Antikörper von BMS gegen Hautkrebs schafft es, die von den Tumoren verursachte Schreckstarre wieder zu lösen: Er bringt die Scharfschützen des Körpers auf Linie und erteilt ihnen sofortigen Schießbefehl.
Wie hoch gehandelt dieses Therapiekonzept derzeit ist, zeigt der knapp drei Milliarden Dollar schwere Kooperationsvertrag zwischen Pfizer und Merck in Darmstadt. Dabei befindet sich die teuer eingekaufte Substanz mit dem kaum aussprechbaren Namen MSB0010718C erst in der ersten Prüfungsphase am Menschen und kann auf dem Weg zur Zulassung noch grandios scheitern. Doch der Wirkstoff greift genau den gleichen Checkpoint-Mechanismus an wie Opdivo, der zweite verheißungsvolle Kandidat vom Konkurrenten BMS.
Lockvogel rüttelt Körperpolizei auf
Vielleicht lässt sich aber auch hier der gewünschte Effekt noch einfacher und preiswerter erreichen. Das hofft jedenfalls Christine Schuberth-Wagner, die vor wenigen Monaten das Start-up Rigontec in Siegburg gegründet hat – zusammen mit den Professoren Gunther Hartmann und Veit Hornung vom Universitätsklinikum Bonn, wo diese Klinische Chemie und Biochemie sowie Pharmakologie lehren. Ihr Ansatz: Auch mit einem vorgetäuschten Angriff mit einem Lockvogel lassen sich die Ermittler aufrütteln. Zumindest im Tierversuch klappt das schon perfekt.
Biologisch sieht Schuberths List so aus: Wie einen Lockvogel schleust sie Moleküle der Erbsubstanz RNA in den Körper. Die sollen der Körperpolizei vorgaukeln, dass eine heftige Virusinfektion vorliegt. Der Effekt: Das Immunsystem löst Großalarm aus und jagt die Abwehrzellen durch den gesamten Körper, um die vermeintliche Viren-Bande zu stellen. Obwohl diese keinerlei Phantombilder in der Hand halten, finden die derartig wachgerüttelten Kommissare nun auch die Verstecke der Krebs-Mafia und machen die Tumorzellen unschädlich.
So ähnlich wie beim Tatort-Kommissar Murot, bei dem der Gehirntumor die Sinne schärfte und ihn zu ganz neuen Einsichten brachte. Seit er sich zwischen Folge zwei und drei die Geschwulst chirurgisch hat entfernen lassen, gilt Murot zwar für die folgenden Serienteile als geheilt. Bisher jedenfalls. Mit den genialen Ermittlungsideen der TV-Figur ist seither allerdings ebenfalls Schluss.