Neue Untersuchung Wie gefährlich ist Aluminium in Deo?

Antitranspirantien mit Aluminium stehen im Verdacht, das Risiko für Alzheimer oder Brustkrebs zu erhöhen. Das Verbraucherministerium will nun untersuchen lassen, wie gefährlich Kosmetika mit Alu wirklich sind.

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Eine junge Frau sprüht sich ein Deo-Spray unter die Achseln. Quelle: Fotolia

Wer Probleme mit starkem Schwitzen hat, weiß: nichts hilft so wirkungsvoll, wie ein Mittel mit Aluminium. Die Begriffe Deodorant und Antitranspirant werden im alltäglichen Gebrauch meist synonym verwendet. Die Sprays unterscheiden sich aber darin, dass ein Deodorant das Entstehen von lästigen Gerüchen durch das Schwitzen verhindern soll. Oft enthalten die Mittel Duftstoffe, manche auch den Wirkstoff Triclosan (er findet sich auch in Desinfektionsmitteln) oder andere Bakterienhemmer. Ein Antitranspirant hingegen soll schon das Schwitzen verhindern. Die enthaltenen Aluminiumsalze (in den Inhaltsstoff-Angaben findet sich etwa der Begriff "Aluminium Chlorohydrat" oder "Aluminium Zirkonium") bewirken, dass die Ausgänge der Schweißporen verstopfen und so weniger Schweiß abgegeben werden kann.

Aluminium steht jedoch auch in einem schlimmen Verdacht: Forscher vermuten, dass der Stoff das Risiko für Brustkrebs oder gar Alzheimer erhöht. Befeuert wurde die Diskussion zuletzt Ende vergangenen Jahres durch eine Studie, die zeigte, dass bei Alzheimerpatienten ein bestimmter Proteinkomplex, der eigentlich für Eisen zuständig ist, stattdessen stark mit Aluminiumionen beladen ist.

Der Verdacht, dass Aluminium einen der wichtigsten Risikofaktoren für Alzheimer darstellt, ist indes nicht neu: Schon seit den 70er Jahren schürten zahlreiche epidemiologische Studien (dies sind Untersuchungen über die Häufigkeit und Verteilung von Krankheiten in der Bevölkerung) immer wieder die Vermutung, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Metall und der Krankheit gibt. So gab es etwa Befunde aus mehreren Ländern, dass in Regionen, in denen das Trinkwasser mit speziellen Aluminiumverbindungen gereinigt wurde, das Risiko für eine Alzheimer-Erkrankung in der betroffenen Bevölkerung signifikant stieg. Im Jahr 1980 wurde im Wissenschaftsmagazin "Science" ein Beitrag veröffentlicht, der zeigte, dass in durch Alzheimer zerstörten Gehirnbereichen deutlich mehr Aluminiumionen in den abgestorbenen Nervenzellen zu finden waren. Doch in den 90er Jahren wurden auch Studien veröffentlicht, etwa des berühmten US-Alzheimerforschers Henry Wisniewski, die die These von Alzheimer durch Aluminium widerlegten.

Zu diesem befürchteten Zusammenhang und weiteren Langzeitfolgen einer hohen Aluminiumzufuhr gibt es also eine widersprüchliche Studienlage, so dass nicht abschließend beurteilt werden kann, ob etwa Kosmetika, die Aluminium enthalten, tatsächlich krank machen. Wissenschaftlich erwiesen ist bislang nur, dass hohe Dosen von Aluminium beim Menschen eine toxische Wirkung auf das Nervensystem haben. Und doch - die Zweifel bleiben, denn die Datenlage ist Forschern einfach zu lückenhaft.

So hat das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) im Februar dieses Jahres eine Stellungnahme veröffentlicht, aus der hervorgeht, dass die menschliche Haut vor allem durch Antitranspirantien viel mehr Aluminium aufnimmt, als die EU-Vorgaben erlauben.

Viele Quellen von Aluminium, viel Forschungsbedarf

Anteil der hormonell belasteten Produkte der größten Hersteller
Beiersdorf46 Prozent der Produkte sind mit hormonell wirkenden Substanzen versehen. bekannteste Marken: Nivea, 8x4 Quelle: dpa
Procter & Gamble46 Prozent der Produkte sind mit hormonell wirkenden Substanzen versehen. Bekannteste Marken: Wella, Head & Shoulders Quelle: AP
L'Oréal45 Prozent der Produkte sind mit hormonell wirkenden Substanzen versehen. Bekannteste Marken: Garnier, L'Oréal Men Expert Quelle: REUTERS
Cosnova44 Prozent der Produkte sind mit hormonell wirkenden Substanzen versehen. Bekannteste Marken: Essence, Catrice Quelle: Presse
Coty39 Prozent der Produkte sind mit hormonell wirkenden Substanzen versehen. Bekannteste Marken: Lancaster, Manhattan Quelle: dpa
Henkel30 Prozent der Produkte sind mit hormonell wirkenden Substanzen versehen. Bekannteste Marken: Schwarzkopf, Syoss Quelle: dpa
Rossmann27 Prozent der Produkte sind mit hormonell wirkenden Substanzen versehen. Bekannteste Marken: Alterra, Isana Quelle: dapd

Laut EU-Vorgaben gilt eine tägliche Aufnahme in den Körper von 8,6 Mikrogramm für einen 60 Kilogramm schweren Erwachsenen als unbedenklich. Das BfR hat aus Studiendaten jedoch ermittelt, dass der tatsächliche Aufnahmewert mit rund 10,5 Mikrogramm pro Tag deutlich darüber liegt. Ist die Haut etwa durch Rasieren geschädigt, so liegen die Aufnahmemengen noch um ein Vielfaches höher, mahnten die BfR-Experten an.

Allein durch tägliche Rasur der Achseln und Nutzung eines Antitranspirants könne der sogenannte TWI-Wert (für tolerable weekly intake, also tolerierbare wöchentliche Aufnahme) schon überschritten werden. Und neben den Antitranspirantien können eben auch andere Kosmetika wie Lidschatten, Zahnpasta oder Sonnenschutzmittel Aluminium enthalten. Nicht zu vergessen die Aufnahme über Lebensmittel und Wasser, die noch hinzukommt. Denn Aluminium ist als ein Element der Erde in vielen pflanzlichen Lebensmitteln und Trinkwasser natürlicherweise vorhanden. Auch aus Alufolien oder -Kochtöpfen kann das Metall in die Nahrung übergehen.

Die tolerierbare wöchentliche Aufnahme sei vermutlich bei vielen Menschen schon durch die Ernährung ausgeschöpft, so das BfR. Durch die langfristige Anwendung aluminiumhaltiger Kosmetika "könnte der TWI dauerhaft überschritten und sich Aluminium im Körper anreichern", warnen die Forscher. Es bestehe Forschungsbedarf vor allem hinsichtlich einem kausalen (d.h. ursächlichen) Zusammenhang zwischen erhöhter Aluminiumaufnahme und der Alzheimer-Krankheit beziehungsweise Brustkrebs. Auch hinsichtlich der tatsächlichen Aufnahmemenge von Aluminium über die Haut sieht das BfR Informationslücken, die dringend geschlossen werden müssen.

Die Bundesregierung will nun die Gefahren durch Aluminium in kosmetischen Produkten überprüfen. Man wolle sich mit der Stellungnahme des BfR auseinandersetzen, teilte das Bundesverbraucherministerium am Donnerstag auf eine Kleine Anfrage der Grünen im Bundestag mit. Auch gegebenenfalls erforderliche Maßnahmen, wie etwa eine zusätzliche Kennzeichnung für betroffene Kosmetika, solle geprüft werden.

Die verbraucherpolitische Sprecherin der Grünen, Nicole Maisch, forderte die Regierung auf, die Sicherheit von Kosmetika zu garantieren. „Verbraucherinnen und Verbraucher müssen über mögliche Gesundheitsgefahren informiert werden“, sagte sie.

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