Deutschland muss sich an den Weihnachtstagen auf Frühlingstemperaturen einstellen – und Allergiker auf Heuschnupfen. Denn rund um Stuttgart, am Bodensee, im Saarland und in der Rheinebene fliegen nun die Haselpollen, warnt der Deutsche Wetterdienst (DWD). „Mitte Dezember – so früh waren wir noch nie dran“, sagte DWD-Sprecher Andreas Friedrich. Gewöhnlich beginne die Saison im Januar oder Februar.
Heuschnupfen-Patienten, die derzeit unter Nies-Attacken, Atembeschwerden und Husten leiden, gehen fälschlicherweise von einer Erkältung aus, erklärt Sonja Lämmel, Sprecherin des Deutschen Allergie- und Asthmabundes (DAAB). Das habe zur Folge, dass die Betroffenen beispielsweise Kamille inhalieren oder Nasensprays benutzen – was aus medizinischer Sicht natürlich falsch sei.
Tipps gegen Wetterfühligkeit
Als ganzjährige Präventionsmaßnahme gegen Kreislaufprobleme bieten sich Wechselduschen, Kneippanwendungen und Saunagänge an. Das trainiert Kreislauf und Gefäße. "Saunieren ist ein höchst intensiver Reiz", erklärt Froböse. Empfindliche Personen oder Menschen mit Vorerkrankungen des Atmungs- oder Herz-Kreislauf-Systems sollten Saunabesuche daher zuvor mit ihrem Arzt besprechen. Nach dem Duschen heißt es Zähne zusammen beißen, die Brause auf kalt stellen und die Beine abduschen. Das erfrischt nicht nur und macht morgens wach, es hilft dem Körper auch, das Öffnen und Schließen der Blutgefäße zu trainieren.
Regelmäßige Aufenthalte im Freien sind empfehlenswert, denn frische Luft kurbelt die Sauerstoffversorgung an. Das entwöhnt den Körper außerdem von Klima- und Heizungsanlagen und hilft ihm, sich wieder an Temperaturveränderungen zu gewöhnen.
Eine stressige Situation lässt sich besser wegstecken, wenn man entspannt und ausgeglichen ist. Auch Wetterwechsel sind Stress, daher können Entspannungsübungen und Yoga gegen Wetterfühligkeit helfen. Ausreichend Schlaf ist wichtig für die körperliche und psychische Erholung und damit für das Wohlbefinden. Wir fühlen uns besser, wenn wir mehrere Stunden in Ruhe verbracht haben. Durchwachte Nächte sind ein Stressfaktor, und das reduziert auch die körperliche Belastbarkeit.
Besonders bei hohen Temperaturen ist es wichtig, ausreichend zu trinken. Dabei sollte man vor allem zu Wasser greifen. Wer draußen Schwerstarbeit leistet wie Bauarbeiter oder Hochleistungssportler, sollte auf natriumarmes Wasser achten, um den Salzhaushalt des Körpers nicht aus der Balance zu bringen. Das gilt aber nicht für den normalen Büromenschen, der "draußen 20 Minuten spazieren geht", so Marschall. Wer kein Durstgefühl empfindet (vor allem Kinder und ältere Menschen), kann sich an der Farbe des Urins orientieren - ist er dunkelgelb, muss mehr getrunken werden.
Wer nicht gerne trinkt, sollte auf die Auswahl flüssigkeitshaltiger Lebensmittel achten. Marschall empfiehlt hier etwa Wassermelone, Suppe, Salat oder Joghurt. "Regionales und saisonales Obst enthält viel Vitamin C, da tut man auch dem Immunsystem etwas Gutes". Fettes und schweres Essen belastet den Körper nur zusätzlich.
Bewegung und Sport fordern den Körper heraus. Schon tägliches Spazierengehen hilft, um den Körper auf die natürlichen Temperaturschwankungen einzustellen. Dabei heißt die Devise: Raus aus dem Fitnessstudio, auch im Winter. Wichtig: Nach den individuellen Möglichkeiten und Kräften agieren. "Es ist all das gut, wobei man sich auch gut fühlt", sagt Marschall. Wer sich beim Spazierengehen unterfordert fühlt, kann auch Joggen - dabei sollte man auf seinen Körper hören und nicht als Untrainierter sofort in der größten Mittagshitze losziehen. Es gilt, die eigenen Grenzen kennenzulernen und sich in ihnen zu bewegen.
Bisher liegen keine wissenschaftlichen Daten vor, dass einzelne homöopathische Präparate die Wetterfühligkeit herabsetzen. Marschall sagt dazu: "Es ist ganz wichtig, dass man das Thema Wetterfühligkeit immer nur als ein Mosaiksteinchen in einem großen Bild von vielen Faktoren sieht". Man könne daher nicht erwarten, dass ein Präparat gleich alle Facetten beeinflusst. "Die Homöopathie kann bei einigen Patienten hilfreich und unterstützend sein", ergänzt Marschall. Nicht unterschätzen sollte man psychologische Effekte. Durch das Gefühl, selber etwas dazu beizutragen, dass es einem besser geht - etwa durch Ernährung, Schlaf oder Sport - könne es sein, dass zusätzliche Mittel gar nicht mehr nötig sind.
Für die schnelle Hilfe empfiehlt Lämmel antiallergische Präparate, für langfristige Erfolge eine sogenannte Hyposensibilisierung, also eine Allergieimpfung. Hierbei werden dem Heuschnupfen-Patienten mit Beginn der pollenfreien Zeit die Pollenbestandteile, auf die er sonst reagiert, in sehr geringen Dosen zugeführt. Somit soll der Körper an die Pollen gewöhnt und auf Dauer unempfindlich gegen Allergene gemacht werden. Laut DAAB liegt die Erfolgsquote der Hyposensibilisierung bei etwa 80 Prozent.
Heuschnupfen ist in Deutschland ein weit verbreitetes Phänomen: Rund 16 Prozent der Bevölkerung leidet unter einer Pollen-Allergie. Ausgelöst wird der allergische Schnupfen laut DAAB durch den Blütenstaub von Bäumen, Sträuchern, Gräsern, Getreide und Kräutern. Anzeichen wie Augentränen oder -jucken, Fließschnupfen oder Asthma machen sich aber erst dann bemerkbar, wenn die Schleimhäute mit Pollen in Berührung kommen. Die Pollenkonzentration hängt von verschiedenen Faktoren wie Temperatur, Witterung und Windverhältnissen ab.
Besonders ungünstig für Allergiker: Die frühlingshaften Temperaturen klettern an Heiligabend auf milde 10 bis 16 Grad. Ein wenig kühler werde es am ersten Weihnachtsfeiertag, am zweiten seien aber bereits wieder Temperaturen bis 15 Grad drin, sagte DWD-Meteorologe Sebastian Schappert. Nach der Rekordwärme im November könnte nun auch der Dezember der wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen werden. Die bislang höchste Durchschnittstemperatur in einem Dezember von 4,8 Grad im Jahr 1934 wird nach Einschätzung der Wetterexperten wahrscheinlich übertroffen. Derzeit liegen die Temperaturen bereits um etwa 5,5 Grad über dem Mittelwert aus mehreren Jahrzehnten von 0,8 Grad.
Doch neben den bekannten Haselpollen sind regional noch weitere Arten unterwegs, die nicht gemessen oder ausgewertet werden. Hierbei handelt es sich zum Beispiel um die Pollen von Bäumen wie der Purpurerle. Laut Beobachtungen starten sie ebenfalls bereits im Dezember mit ihrem Pollenflug. Bleibt die milde Witterung längere Zeit erhalten, ist mit weiteren Pollen zu rechnen.
Temperaturen in New York bis zu 24 Grad
Unter den frühlingshaften Weihnachtstemperaturen leiden nicht nur die Allergiker, sondern auch die Süßwarenbranche. Nach einem guten Start in das Weihnachtsgeschäft mit Lebkuchen, Dominosteinen und Spekulatius im November ließ der laufende Monat zu wünschen übrig. „Die Weihnachtsstimmung wollte bei vielen Verbrauchern nicht recht aufkommen“, sagte Hans Strohmaier, Vorstandschef des Süßwarenhandelsverbandes Sweets Global Network, am Mittwoch in München. Trotzdem sei die Branche noch mit einem blauen Auge davongekommen und rechne zumindest mit einem stabilen Umsatz im Weihnachtsgeschäft.
Nicht nur in Deutschland, auch in anderen Ländern ist der Dezember viel wärmer als sonst üblich: In Griechenland scheint seit Wochen die Sonne und die Temperaturen steigen um die Mittagszeit auf Werte über 20 Grad. Am Mittwoch gingen viele Menschen auf der Halbinsel Peloponnes schwimmen. Auch am Strand von Athen wurden zahlreiche Winterschwimmer gesichtet. Allerdings war das Meereswasser ziemlich kalt. „Um die 16 bis 17 Grad“, berichtete eine junge Frau am Strand von Alimos im griechischen Fernsehen.
In der Schweiz wird der Schneemangel in Teilen der Alpen ein Fall für die Arbeitslosenversicherung: In Graubünden haben ein Dutzend Bergbahnen und andere Tourismusbetriebe Kurzarbeit angemeldet, wie die Schweizer Nachrichtenagentur sda berichtete. Bergtourismus-Unternehmen können in der Schweiz bei Ausfällen durch ungewöhnliches Wetter zeitweilig bis zu 80 Prozent der Löhne vom Arbeitsamt finanzieren lassen. Große Skigebiete wie die Weisse-Arena in Laax hätten aber immer noch genug zu tun für ihre Beschäftigten. Allerdings musste auch dort wegen Schneemangels das Pistenangebot eingeschränkt werden.
Im englischen Colchester wurde es zu teuer, die Eisbahn kalt zu halten: Das „Winter Wonderland“ der Stadt in Ostengland musste am Mittwoch dicht machen - obwohl schon etwa 5000 Tickets für die Zeit bis zum 3. Januar verkauft waren. Schuld seien nicht nur die milden Temperaturen, sondern auch das stürmische Wetter, teilten die Betreiber mit. Das sei „sehr traurig“.
Im Nordosten der USA werden zu Heiligabend Rekordtemperaturen vorausgesagt. Auf bis zu 22 und 24 Grad Celsius sollen laut „Weather Channel“ die Thermometer in New York und Washington steigen. Durch das schwüle Wetter fühle sich dies sogar wie bis zu 27 Grad an.