Private Marsmission Schafft es Mars One zum Roten Planeten?

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Die Technik

Die zentrale Frage im Realitätscheck der Mars-One-Mission ist die der technischen Machbarkeit: Ist die Raumfahrt in der Lage Menschen lebend auf den Mars zu bringen und dort anzusiedeln? Und: Kann diese private Stiftung aus Holland das finanzieren und auch technisch möglich machen?

Die Fakten lassen sich nachlesen: Zunächst einmal ist Mars One selbst kein Luft-und Raumfahrt-Unternehmen und wird so auch keine Hardware selber bauen. Deshalb soll sämtliches Fachwissen und auch die Techniken eingekauft werden. Geflogen werden soll etwa mit einer SpaceX-Rakete Falcon Heavy. Sie ist eine größere Variante der bereits raumfahrterprobten Falcon 9 und auch laut deutschen Raumfahrexperten theoretisch in der Lage Menschen zum Mars zu transportieren.

Zudem haben zwei große Firmen der Raumfahrtindustrie bekanntermaßen Konzeptstudien für die Mars-One-Mission erarbeitet: Der US-Luft- und Raumfahrtriese Lockheed Martin und die britische Airbus-Tochter SSTL. Bei Lockheed Martin hat Mars One eine Studie für eine Landeplattform für den Mars in Auftrag gegeben.

Grundsätzlich der richtige Schritt, denn der US-Konzern baute auch für die NASA die Phoenix-Landeplattform, die 2008 erfolgreich auf dem Mars aufsetzte. Die Briten von SSTL sind spezialisiert auf kleine Satellitenplattformen. Aus ihrer Werkstatt stammt die Comsat-Plattform, die etwa von der russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos genutzt wird.

Curiosity kommt in die Jahre
März 2017Curiosity hat inzwischen deutliche Abnutzungsspuren. Ein Routine-Check der Reifen im März zeigt, dass es am linken mittleren Reifen zwei Brüche der sogenannten Stege im Profil gibt. Der Rover hat während seiner Reise über den Roten Planeten inzwischen etwa 16 Kilometer zurückgelegt. Curiosity-Projektmanager Jim Erickson sagte, alle sechs Reifen hätten trotz der sichtbaren Schäden noch genug Lebenszeit, um den Rover zu allen geplanten Orten zu bringen. Die regelmäßige Überwachung der Reifen wurde eingeführt, nachdem die Forscher im Jahr 2013 deutlich mehr Dellen und Löcher in den Rädern entdeckt hatten, als erwartet worden war. Tests auf der Erde hatten gezeigt, dass der Bruch von drei Stegen zeigt, dass etwa 60 Prozent der Lebenserwartung des Reifens erreicht sind. Curiosity hat aber bereits deutlich mehr als diesen Anteil an der geplanten Strecke zurückgelegt. Quelle: NASA/JPL-Caltech/MSSS
US-Präsident Barack Obama verlässt das Weiße Haus - und auch Curiosity verabschiedet sich. Quelle: Screenshot
Mars: Curiosity untersucht Meteoriten Quelle: NASA, JPL-Caltech, LANL, CNES, IRAP, LPGNantes, CNRS, IAS, MSSS
September 2016Die Kuppen und herausstehenden Felsen aus Schichtgestein am Mount Sharp entstanden wohl aus von Wind abgelagertem Sand. Sie erinnern stark an Wüstenlandschaften auf der Erde, etwa im Grand Canyon oder dem Monument Valley. Quelle: NASA
September 2016Der Rover sendet neue Fotos vom Mars: Im Hintergrund der Aufnahme ist der Rand des Gale-Kraters zu sehen, in dem Curiosity seit 2012 aktiv ist. Geologisch ist die Region besonders interessant, da sie die Untersuchung zahlreicher Gesteinsschichten ermöglicht. Der etwa fünf Kilometer hohe Mount Sharp liegt in der Mitte des Gale-Kraters. Quelle: NASA
Juli 2016Curiosity kann jetzt seine eigenen Ziele für die Laser-Analyse auswählen. Bisher wurden diese von der Erde aus anhand von Fotos ausgewählt. Die Wissenschaftler auf der Erde werden dadurch aber nicht ersetzt: Die neue Funktion soll vor allem dann zum Einsatz kommen, wenn die Nasa-Forscher anderweitig beschäftigt sind. Curiosity sendet auch nicht ständig Bilder, sondern am Ende seiner Wegstrecken. Bisher könnten wichtige Objekte auf Fahrten daher übersehen worden sein. Quelle: NASA
Curiosity: Mars hatte wahrscheinlich einst eine sauerstoffreiche Atmosphäre Quelle: dpa

Allerdings waren beide Unternehmen bislang im Dezember 2013 eben nur mit den Konzeptstudien beauftragt worden. Die Ergebnisse lieferten sie bereits ab. Folgeaufträge scheint Mars One bislang nicht erteilt zu haben. Laut dem auf Raumfahrt spezialisierten US-Nachrichtenmagazin „SpaceNews“ liegen die zwei Robotikentwicklungen auf Eis. Sowohl Lockheed Martin als auch SSTL verwiesen demnach in Statements vom Februar 2015 darauf, dass man auf Rückmeldung warte.

„Daran sehen Sie schon: Mars One geht das Geld aus oder hat selbst kalte Füße bekommen was die Realisierbarkeit betrifft“, sagt Astronaut und Raumfahrtingenieur Ulrich Walter, der an Technische Universität München den Lehrstuhl für Raumfahrttechnik innehat.

Ein weiterer Knackpunkt: Mars One soll die Ergebnisse der Konzeptstudien im vergangenen Jahr erhalten haben – behielt diese aber unter Verschluss. „Ich möchte wetten, da steht nicht nur Gutes drin“, so Walter.

Allerdings ist mittlerweile fast egal, was die Mars-One-Machern den Studien über die Machbarkeit entnommen haben. Je mehr Zeit vergeht, desto unrealistischer wird der Zeitplan ohnehin. „Die NASA arbeitet seit Jahrzehnten daran, hat viel Erfahrung und Fachleute, die an nichts anderem arbeiten - und dann kommt eine private Stiftung, die zwar gutes Marketing macht, aber von der Technik im Grunde keine Ahnung hat und die will so ein Projekt kurzfristig realisieren“, sagt Walter. „Da glauben sie doch selber nicht dran!“

Diese Technik baut SpaceX

Denn eigentlich wissen die Raumfahrtexperten, wie die Menschen mit der derzeitigen Technik zum Mars, dort überleben könnten und auch wieder zurückkämen. Praktisch ist das Unterfangen aber noch zu heikel. „Unter den momentan gültigen Standards in der Weltraumfahrt ist das so nicht möglich“, glaubt Jaumann. „Theoretisch wird Mars One sagen, die Technologie ist da. Ich sage, die Verlässlichkeit der Technik, die Reparatur-Möglichkeiten sind so gering, dass sie nicht einmal einen Monat überleben - und wir beide haben recht“, sagt auch Walter. „Was theoretisch machbar ist, kann in der Praxis tödlich sein.“

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