Raumfahrt Astronaut werden per TV-Voting

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Technische und ethische Risiken

Bei dem Projekt will Mars One vor allem auf bereits bestehende Technologien zurückgreifen, beispielsweise beim Raketenstart oder der Ladung des Mars-Rovers. Quelle: dpa/dpaweb

Ab 2018 sollen dann die ersten Raketen die Erde verlassen. Zunächst allerdings nur um einen Kommunikationssatelliten im All zu stationieren und eine unbemannte Robotermission auf den Mars zu schicken. Diese soll bereits mit dem Aufbau der Station beginnen. Weitere sechs Jahre später soll dann laut Plan das erste Team den Mars erreichen – nach sieben Monaten Reise. Wer das sein wird, soll in der Hand der TV-Zuschauer liegen: Denn diese werden „demokratisch“ entscheiden, welches der sechs Vierer-Teams als erstes zum Mars aufbrechen wird. Ein einziges krankes, schwächelndes oder zweifelndes Teammitglied reicht, um die ganze Gruppe aus dem Projekt zu kegeln oder weit zurückfallen zu lassen. Eine reine Vorsichtmaßnahme – und nebenbei die perfekte Gruppendynamik für eine Fernsehshow mit Zuschauervoting.

Für die „preisgünstige“ Umsetzung mittels TV-Vermarktung haben Bas Lansdorp und Mars One bereits viel Spott geerntet. Aber auch das Konzept der dauerhaften Stationierung von Menschen auf dem Mars stößt auf Kritik. „Das ist eine schwachsinnige Idee. Allein schon vom Gesichtspunkt der Sicherheit her wird kein Experte einen solchen Flug je erlauben.“, so Sergej Krikaljow, immerhin Russlands oberster Kosmonauten-Ausbilder. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hält die Mission zwar für technisch machbar, warnt jedoch vor anderen Risiken:  „Es muss geklärt werden, wie man Ernährung und Sauerstoffversorgung durchgängig sichern will.“, fordert Sprecher Andreas Schütz. Und bereits zu Beginn der Bewerber-Ausschreibung im Sommer 2012 hat Ulrich Walther, Ex-Astronaut und Wissenschaftler der TU München der  “Welt” gegenüber ethische Bedenken geäußert: „Man muss sich nur einmal vorstellen, dass Menschen dort oben vor laufender Kamera sterben, und wir schauen ganz gemütlich zu.”

Trotz internationaler Kritik weiß Bas Lansdorp Nobelpreisträger, Unterstützer und Berater aus Forschung, Wirtschaft und Raumfahrt auf seiner Seite. Bei der Ausrüstung der Mission will Mars One auf bereits existierende Technologien setzen und hat kürzlich Verträge mit renommierten, weltraumerfahrenen Firmen abgeschlossen. So soll das wichtige Mars-Landegefährt von dem Rüstungs- und Technologiekonzern Lockheed Martin  geliefert werden. Lockheed Martin hat bereits zahlreichen NASA-Missionen zugeliefert und entwickelte unter anderem die Sonde „Phoenix“ mit, die bereits 2007 auf dem Mars landete. Der Kommunikationssatellit soll von Surrey Satellite Technology (SSTL), zusätzliches Know-How  von der niederländischen Universität Twente kommen und auch SpaceX, verantwortlich für Transporte zur Raumstation ISS, hat technische Hilfen in Aussicht gestellt.  

Viele Fragen bleiben allerdings noch offen. Beispielsweise was passiert, wenn Mars One während des Projektes pleite geht und Gruppen bereits auf dem Mars gelandet sind, was die langfristige Aufgabe der Mars-Bewohner nach der erfolgreichen Landung sein wird und was mit der Kolonie in ferner Zukunft geschehen soll. Fragen, die wohl auch Bas Landsdorp kaum beantworten kann.

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