Rohstoffe Zinngräberstimmung

Die hohen Preise von Zinn, Kupfer und Seltenen Erden sorgen für eine Renaissance des Bergbaus in Deutschland.

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Begutachtung von Bohrkernen bei einer Erkundungsbohrung nach Zinn in Gottesberg (Vogtlandkreis) Quelle: dpa

Ende Dezember 1990 schoben die Bergleute den letzten Hunt, wie sie die kleinen Schienenfahrzeuge nennen, mit Erz beladen aus dem Uranbergwerk Pöhla in Sachsen. Außer Brennstoff für Atomkraftwerke enthielt es Zinn – damals das letzte aus einheimischer Quelle. Erzbergbau lohnte sich nicht mehr. Jetzt aber beginnt die Renaissance des Bergbaus in Deutschland. Der Zinnpreis ist in den vergangenen 20 Jahren ums Zehnfache gestiegen. Anfang 2011 kletterte er gar auf 25.000 Euro pro Tonne. Da trifft es sich gut, dass in Sachsen die weltweit größten noch unerschlossenen Zinnerz-Lagerstätten liegen.

Die kannten schon die Geologen der DDR. Die damalige Regierung ließ ihr Staatsgebiet regelmäßig nach Öl, Gas und Erzen durchsuchen und dokumentierte die Ergebnisse sorgfältig. Davon profitiert heute das Bergbauunternehmen Sachsenzinn, eine Tochter des Explorationsspezialisten Tin International aus dem australischen Brisbane, an dem die Deutsche Rohstoff AG (DRAG) aus Heidelberg beteiligt ist. Sachsenzinn soll die sächsischen Zinn-Lagerstätten jetzt ausbeuten.

Das relativ weiche Metall findet sich in Konservendosen, sie werden damit gegen Rost geschützt. Fensterglas lässt sich ohne Zinn nicht herstellen: Die flüssige Glasmasse schwimmt auf einem Polster aus flüssigem Zinn. Und selbst in Flüssigkristalldisplays ist das Metall vertreten.

2,7 Milliarden Euro

Doch so ganz traut die Sachsenzinn-Truppe den Ergebnissen der DDR-Geologen nicht. Diese hatten ausgerechnet, dass sich aus den beiden sächsischen Lagerstätten Gottesberg und Geyer 180.000 Tonnen Zinn gewinnen lassen. Nach heutigem Kurs hätte dieser gigantische Bodenschatz einen Wert von rund 2,7 Milliarden Euro.

Nun bohrt Sachsenzinn an acht Stellen neu. DRAG-Finanzchef Thomas Gutschlag erwartet, dass in Gottesberg zudem Kupfer und Wolfram zu finden sind, die vor allem von der Elektro- und Elektronikindustrie benötigt werden. Das Lager im rund 50 Kilometer entfernten Geyer verspricht noch mehr: Hier werden neben Zinn die für die Leuchtdioden-Produktion wichtigen Rohstoffe Indium und Gallium erwartet.

Schätze in Deutschland

Mehr als 100 Millionen Euro investiert Sachsenzinn in die Erschließung der beiden Lagerstätten. Sind die Bohrungen erfolgreich, wird eine Machbarkeitsstudie erstellt. In frühestens drei Jahren würden erste Zinnbarren gegossen, so Gutschlag.

Die Heidelberger sind keineswegs die Einzigen, die mit Schätzen im Untergrund Deutschlands Geschäfte machen wollen. Die Kupferschiefer Lausitz GmbH im brandenburgischen Spremberg, Tochtergesellschaft der bolivianischen Holding Minera, will an ihrem Unternehmenssitz Kupfer fördern. 1,5 Millionen Tonnen des wertvollen Metalls werden dort vermutet. Ein skandinavisches Konsortium versucht sein Glück bei Goslar. Und die Sachsenerz Bergwerks GmbH aus Espenhain hat sich gleich drei Lizenzen gesichert. Der Tisch, so wird vermutet, sei dort reich gedeckt. Er bietet Blei, Wismut, Kupfer, Zink, Zinn, Wolfram, Nickel, Indium, Germanium, Gallium, Eisen, Mangan, Kobalt, Molybdän – und sogar Gold und Silber.

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