Bayreuth Schützenfische sind offenbar noch geschicktere Jäger als bislang vermutet: Sie verändern gezielt die Eigenschaften des Wasserstrahls, mit dem sie ihre Beute von der Vegetation am Ufer herunterschießen.
So können die Fische zum Beispiel Spinnen oder Insekten in unterschiedlicher Entfernung mit maximaler Schusskraft treffen, berichten Peggy Gerullis und Stefan Schuster von der Universität Bayreuth im Fachblatt „Current Biology“. Diese Jagdtechnik, so die Forscher, erfordere ein ähnliches Timing wie die Wurftechnik des Menschen.
Schützenfische können mit ihrer Jagdtechnik Beute in bis zu zwei Metern Entfernung von Blättern oder Zweigen oberhalb der Wasserfläche herunter schießen. Damit die Beutetiere – zum Beispiel Insekten oder Spinnen – auch tatsächlich ins Wasser fallen, muss der Strahl mit einer gewissen Kraft auftreffen. Dazu wird das Wasser während des Fluges an der Spitze gesammelt. Die Beute wird auf diese Weise von einem ordentlichen Tropfen Wasser erwischt.
Gerullis und Schuster untersuchten nun die Schusstechnik genauer, indem sie einige Schützenfische (Toxotes jaculatrix) daran gewöhnten, unter hellem Laborlicht und vom immer gleichen Winkel aus ihre Beute abzuschießen. Die Wissenschaftler platzierten Ziele in 20, 40 und 60 Zentimeter Entfernung von der Wasseroberfläche und filmten die Fische beim Schießen.
Die detaillierte Auswertung der Aufnahmen zeigte, dass die Fische den Querschnitt ihrer Mundhöhle in Abhängigkeit von der Entfernung des Ziels veränderten. Genauer gesagt, veränderte sich die Geschwindigkeit beim Öffnen und Schließen des Mauls zu Beginn und am Ende eines Schusses. Dies hat zur Folge, dass sich der Wasserstrahl jeweils erst kurz vor Erreichen des Ziels zu einem Tropfen verdichtet.
„Der vorherrschende Eindruck von unserer Feldarbeit in Thailand in den letzten Jahre ist, dass es relativ wenig gibt, auf das es zu schießen lohnt und es wichtig für den Fisch ist, effizient zu sein“, so Schuster. „Es zahlt sich aus, in der Lage zu sein, Beute in unterschiedlicher Entfernung kraftvoll zu treffen.“
Eine auch für den Menschen nützliche Technik
Die Anpassungen im Timing, die die Schützenfische dazu vornehmen müssten, seien in etwa vergleichbar mit der Wurftechnik des Menschen, die als einzigartig im Tierreich angesehen werde. Beim Menschen habe die Entwicklung des Werfens zu einer enormen Weiterentwicklung des Gehirns geführt, schreiben die Forscher.
Um eine Verdopplung der Trefferquote zu erreichen, sei eine achtfache Zunahme der betreffenden Nervenzellen nötig gewesen, wie Studien gezeigt haben. Ob auch beim Schützenfisch ein ähnliche Entwicklung festzustellen ist, muss noch untersucht werden.
Die Technik der Schützenfische könne unterdessen auch dem Menschen nützlich sein, berichten die Forscher weiter. Das Schneiden mit einem Hochdruckwasserstrahl werde in einer Vielzahl von Bereichen eingesetzt. Ein großes Problem dabei sei, die Schneidkraft des Strahls anzupassen.
„Normalerweise wird das über den Druck oder über die Zugabe von Schneidmitteln geregelt“, so Schuster. „Wir wüssten nicht, dass jemand dazu schon mal ein dynamisch anpassbares Ventil genutzt hat.“