Serie: Künstliche Intelligenz Teil II Der Mann, der Maschinen ein Gehirn gibt

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„Wie eine Autobahn mit 8000 Spuren“

Es ist ein Verfahren, bei dem unzählige Berechnungen gleichzeitig laufen – ähnlich wie im Gehirn, wo Millionen Nervenzellen parallel feuern. Herkömmliche Prozessoren mit nur vier oder acht Rechenkernen arbeiten die Rechenschritte nacheinander ab – und werden zum Flaschenhals für Deep Learning. Nvidias Grafikkarten dagegen bestehen aus Tausenden Kernen, die parallel arbeiten. „Wie eine Autobahn mit 8000 Spuren“, sagt Europachef Zuiderveld. Ideal für die neue KI-Technik.

Huang zögert nicht: Er bildet ein Team, das neue Prozessoren entwickeln soll, die eigens auf künstliche Intelligenz ausgerichtet sind. Seit 2015 bringt Nvidia Deep-Learning-Rechner im Eiltempo auf den Markt: einen Chip für Roboter, die Sehen lernen; einen Supercomputer, auf dem Forscher neuronale Netze trainieren können und der 250 herkömmliche Server ersetzt; einen Rechner, schnell wie 150 Laptops, der in selbstfahrenden Autos die Daten von zwölf Kameras gleichzeitig auswertet.

Start-ups und Konzerne reißen sie ihm aus den Händen, Facebook und Google nutzen sie in ihren Datenzentren. 55 000 Softwareentwickler haben sich bei Nvidia registriert, um auf Basis seiner Hardware Deep-Learning-Anwendungen zu programmieren. Der chinesische Internetkonzern Baidu nutzt sie, um selbstfahrende Autos zu bauen.

Schneller schlau: So lernen Maschinen das Denken

Und Huang, ganz Pionier, durchdringt das Thema wie wenige andere Unternehmer. Zwei Stunden lang referiert er in Amsterdam frei über die Zukunft mit schlauen Maschinen. Auch im persönlichen Gespräch spricht er konzentriert und faktenreich. Und klingt mitunter prophetisch: „Deep Learning ist wie ein göttlicher Hammer, der vom Himmel gefallen ist.“ Er wolle die Technik „jedem auf der Welt zugänglich machen“.

1500 Start-ups weltweit arbeiten laut Huang inzwischen schon mit Deep Learning. Und viele davon nutzen die Chips von Nvidia. Auch der deutsche Softwarekonzern SAP arbeitet seit Neuestem mit Nvidia zusammen, um künstliche Intelligenz in seine Software einzubauen.

Wieder einen Schritt voraus

Forscher schwärmen, wie massiv sich ihre Arbeit mit den neuen Chips beschleunige. Auch das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz nutzt die Rechner von Nvidia und stattet etwa Roboter mit ihnen aus, die dadurch viel schneller lernen, sich zu bewegen und mit Objekten zu interagieren. Im August übergab Huang Tesla-Gründer Elon Musk einen Superrechner. Musks Forschungslabor OpenAI soll damit nun neue schlaue Programme entwickeln.

Huang habe „ein extrem großes Netzwerk“, sagt Nvidia-Europachef Zuiderveld, „er kennt viele Forscher an Universitäten, CEOs von Technikunternehmen und hat die Chefs aller großen Autokonzerne getroffen.“ Und die Verbindung zu Stanford hilft ihm, an Toptalente zu kommen.

Denn der Wettbewerb um KI-Talente ist brutal. Intel alleine hat in den vergangenen 13 Monaten drei Start-ups gekauft, die künstliche Intelligenz entwickeln, auch Google baut für seine KI-Plattform Tensorflow einen eigenen Chip. Ausruhen gibt es nicht.

Das wäre ohnehin Huangs Sache nicht, er denkt wieder einmal einen Schritt voraus: Neulich brachte er ein Betriebssystem für selbstfahrende Autos heraus. Ein Roboterfahrzeug aus dem Nvidia-Labor hat Huang gleich selbst getestet. „Es fährt auf Highways und Landstraßen“, erzählt er. Bis zur Marktreife reiche es noch nicht, „aber die grundlegende Technik funktioniert“. Mit mehr als 70 Mobilitätsunternehmen arbeitet Nvidia inzwischen zusammen. Audi, Volkswagen, Porsche, Volvo – in Amsterdam sind Entwickler der schillerndsten Marken mit dabei. Was will Huang noch erreichen?

Auf der Bühne in Amsterdam schwärmt er davon, wie künstliche Intelligenz bald Probleme lösen werde, die die Menschen schon immer beseitigen wollten. „Und da möchte ich dabei sein, bevor ich in Rente gehe.“ Das Publikum klatscht frenetisch. Vielleicht übergibt er seine Lederjacke dann ja an einen Roboter.

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