Was wäre Silvester ohne Feuerwerk? Drei Tage haben die Deutschen Zeit, sich mit Raketen und Co. für den Jahreswechsel einzudecken. Damit das Silvester-Feuerwerk zu einem echten – und sicheren – Erfolg wird, haben wir professionelle Pyrotechniker befragt, worauf es bei der Böllerei ankommt.
Sascha Krumbach vom Pyroteam Düsseldorf und Markus Katterle, Gründer der Firma "Flash Art", erklären, wie auch Laien die richtigen Feuerwerkskörper finden, um während des Jahreswechsels ein schönes Lichtspektakel zu zaubern.
Zu den Personen
Markus Katterle, Gründer von "Flash Art" zählt zu Deutschlands erfolgreichsten Feuerwerker. Das Olympische Komitee, die Fifa und Thailands König waren schon seine Kunden.
Sascha Krumbach ist Geschäftsführer der Pyroteam Düsseldorf GmbH. Sei Unternehmen organisiert nach eigenen Angaben 220 Feuerwerke pro Jahr.
Die wichtigsten Tipps und Tricks im Überblick:
Welche Feuerwerkskörper sind besonders gefragt?
Die beliebtesten Feuerwerke sind das Batteriefeuerwerk und die traditionelle Rakete. Vorteil der Batterie: Einmal angezündet, schießt die Batterie automatisch die Feuerwerkskörper in den Himmel - und das in den verschiedensten Effekten. Es gibt Knall- und farbige Feuersterne, die mit einem lauten Prickeln in glitzerndes Silber übergehen. Lilafarbene Bukettsterne mit Knisterbegleitung. Ein Feuerwerkskörper, der als Kussmund am Himmel aufgeht. Heulpfeifen, die sich als bunte Knistersterne entpuppen – je mehr Sprengstoff, desto lauter der Rumms.
Batterien sind besonders gut für Anfänger geeignet, denn „das Batterie-Feuerwerk ist die einfachste Möglichkeit, ein vielfältiges Feuerwerk zu haben“, erklärt Katterle.
Die beliebtesten Feuerwerkskörper
50 Prozent des Silvesterumsatzes im Bereich Feuerwerkskörper erzielen die Händler durch das Batterien-Feuerwerk.
20 Prozent des Silvesterumsatzes machen die Händler laut dem Verband der pyrotechnischen Industrie mit Raketen.
Das Familiensortiment besteht aus der Zusammenstellung verschiedener Feuerwerkskörper. Das sind meistRaketen, Vulkane, Sonnen und Chinaböller. Der Anteil beträgt 16 Prozent in 2015.
Zum Jugendfeuerwerk zählen Wunderkerzen, Knallteufel, Silberwirbel und Mini-Fontänen. Jeden zehnten Euro des Silvesterumsatzes geben die Deutschen für diese kleineren pyrotechnischen Effekte aus.
Bei Rakete hingegen müssen gleich mehrere Feuerwerkskörper abgefeuert werden, um besondere Effekte – wie Palmen oder Goldregen – am Himmel zu erzeugen.
Wer in einer besonders schönen Umgebung ins neue Jahr feiert und daher nicht permanent den Kopf in den Nacken legen will, für den empfiehlt sich ein Bodenfeuerwerk. Fontänen, bengalische Lichter, Knallketten oder ganze Vulkane funkeln und sprühen so direkt auf Augenhöhe der Party-Gemeinschaft. „Im Garten zwischen Bäumen sehen Bodenfeuerwerke prachtvoll aus“, sagt Katterle. Einziges Hindernis: Wer ein Bodenfeuerwerk zündet, muss laut Sprengstoffgesetz darauf achten, dass andere Gegenstände mindestens 20 Meter vom Feuerwerkskörper entfernt sind. Bei einem Höhenfeuerwerk reicht ein Abstand von zehn Metern.
Für junge Verbraucher bietet sich das Jugendfeuerwerk an: Knallfrösche, Wunderkerzen, Knallteufel und Silberwirbel, die für kleine pyrotechnische Effekte am Boden sorgen.
Worauf müssen Sie beim Kauf achten?
Wer sich ausschließlich an der Verpackung der Feuerwerkskörper orientiert, der kauft die Katze im Sack. „Wer ein schönes Feuerwerk haben möchte, muss wissen, welcher Feuerwerkskörper welche Effekte verursacht“, sagt Katterle. Raketen und Co. unterscheiden sich in Licht, Farbe, Geräusch und Nebel.
Fachhändler bieten vor dem Jahreswechsel oft Probefeuerwerke an, bei denen die Kunden die verschiedenen Feuerwerkskörper kennenlernen können. Andere Händler zeigen Videos und stellen anschließend mit dem Kunden ein individuelles Feuerwerk zusammen, inklusive Abbrenn-Plan.
Wie wird das Feuerwerk zur Sensation?
Bei den Deutschen sind Feuerwerke besonders beliebt, die sich im Ablauf steigern. Wer sich mit der Zusammenstellung seines Feuerwerks beschäftigt, kriegt das auch ohne professionelle Hilfe hin. Fachmann Sascha Krumbach, Geschäftsführer des Pyroteams Düsseldorf, gibt Tipps für den grundsätzlichen Ablauf: "Am besten legen Sie mit einem Bodenfeuerwerk los. Das geht dann in ein Höhenfeuerwerk über, welches sich bis zum Finale hin steigert." Seufzer des Publikums garantiert.
So funktionieren Silvester-Raketen
Nach Anstecken der Sicherheitszündschnur brennt diese mit einer Verzögerungszeit von drei bis acht Sekunden ab und zündet dann den Treibsatz an.
Aus der Düse entweicht das durch den Abbrand des Treibsatzes entstehende Gas und treibt die Rakete nach dem Rückstoßprinzip in die Höhe.
Ist der Treibsatz abgebrannt und hat die Rakete die entsprechende Höhe erreicht, zündet die sogenannte Effektfüllung. Die Sterne werden hierdurch am Himmel verteilt.
Zunächst wird eine sogenannte Treibsatzhülse mit Ton gefüllt. Anschließend wird Schwarzpulver in einer Kapsel eingefüllt und dann unter einem bestimmten Druck festgepresst. Dieser Treibsatz kommt in eine weitere Hülse, in die dann wiederum die Effektladung für die Sterne eingefüllt wird. Die Treibsatzhülse wird abschließend mit einer Scheibe verschlossen.
Die Verzögerungszündschnur wird mit einer Schwarzpulvermischung in den Düsenkanal des Treibsatzes eingeklebt. Der nun fertige Raketenmotor wird in die Versatzkappe eingeklebt. Hiernach wird der sogenannte Leitstab aus Holz am Raketenmotor befestigt.
Nach dem Sprenggesetz ist es strafbar, Raketen oder andere Knallkörper selber zu bauen. Nach Paragraf 40 drohen bei Vergehen bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe.
Für ein Bodenfeuerwerk bieten sich zum Beispiel Vulkane und Sonnen in unterschiedlichen Farben an. Für das Höhen-Feuerwerk folgen Raketen oder ein Batterie-Feuerwerk. Beide verursachen ähnliche Effekte, zum Beispiel sogenannte Palmen- und geräuschvolle Cecklingeffekte, bei denen sich die Feuerwerkskörper am Himmel zerlegen. Das Feuerwerk endet häufig mit Raketen, die Goldregen erzeugen – und laut sind. Denn: "Auf laute Effekte legen die Verbraucher am Ende besonderen Wert", erklärt Krumbach.
Krumbach rät Laien grundsätzlich zur Batterie beim Silvesterfeuerwerk: "Damit lassen sich wesentlich größere und saubere Effekte erzeugen.". Das liegt vor allem daran, dass die Batterie deutlich mehr Schwarzpulver enthält.
Das kostet ein gutes Feuerwerk
Was kostet ein gutes Feuerwerk?
Natürlich hängt der Preis eines Feuerwerks von der Länge ab. „Für ein schönes Feuerwerk müssen Verbraucher mit einem Preis zwischen 100 und 300 Euro rechnen“, sagt Katterle. Eine Batterie, aus der eineinhalb Minuten Raketen in die Luft schießen, sei im Fachhandel für bis zu 100 Euro erhältlich. Wer es speziell und teuer mag: Ein Musikfeuerwerk – vom Profi – gibt es ab 2000 Euro aufwärts. Die Pyrotechniker choreografieren ein Lichtspektakel zu einer Musik. Mit dem Computerprogramm gelingt es ihnen, zum gewünschten Zeitpunkt das passende Lied zu spielen.
Woran erkennen Verbraucher legale Feuerwerkskörper?
Wer seine Feuerwerkskörper nicht gerade auf dem Schwarzmarkt kauft, kann davon ausgehen, dass es sich um legale Pyrotechnik handelt. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, dem rät Experte Krumbach, auf die CE-Kennzeichnung zu achten. Durch die vierstellige Nummer können Verbraucher und Händler nachvollziehen, welche Behörde die Körper überprüft hat. Das ist meistens die Bundesanstalt für Materialforschung und –prüfung (BAM). Somit ist der Feuerwerkskörper in der EU zugelassen. Lauter als 125 Dezibel dürfen Raketen übrigens nicht sein.
Wie vermeiden Sie Verletzungen beim Anzünden?
Die Rakete darf nicht einfach in eine leere Flasche gestellt werden – damit die Vorrichtung standfest ist, raten die Experten dringend, die Flasche zusätzlich in einen alten Getränkekasten zu stellen. Bei den Raketenbatterien ist es wichtig, die Standfüße auszuklappen.
Die häufigsten Verletzungen mit Feuerwerkskörpern
Pyrotechnik, die noch in der Hand explodiert, ruft mit die schlimmsten Verletzungen hervor. Abgerissene Finger samt durchtrennter Knochen, Nerven und Blutgefäße gehören noch zu den harmloseren Fällen, sagt der Chefarzt der Klinik für Hand-, Replantations- und Mikrochirurgie des Unfallkrankenhauses Berlin (ukb), Andreas Eisenschenk: „Im schlimmsten Fall verlieren Patienten die ganze Hand.“ Bei schweren Handverletzungen müssen sie bis zu fünf Wochen im Krankenhaus bleiben. „Um die Hand so weit wie möglich wieder zu rekonstruieren, braucht es meist weitere Operationen.“
Knalltrauma nennen Experten Verletzungen des Gehörs, die von Explosionen in nächster Nähe verursacht werden. Durch den Druck des Schalls kann das Innenohr geschädigt werden. Patienten hören dann vorübergehend schlecht und haben ein Fiepen im Ohr, sagt der Notfallmediziner Tobias Lindner von der Berliner Charité. Manchmal seien Hörstörungen auch dauerhaft.
Neben Gehörschäden zählen Augenverletzungen zu den häufigsten Gründen, warum Menschen an Silvester in die Notaufnahme kommen: Durch den Funkenflug oder Hitze kommt es zu Sehschwächen, die teilweise irreparabel sind, sagt der Berliner Mediziner Eisenschenk. Eine Empfehlung zum Tragen einer Schutzbrille fordern Augenärzte auch hierzulande, wie die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG) mitteilte. In anderen Ländern gebe es die Brillen beim Kauf von Feuerwerk gratis.
Sie entstehen nicht nur durch den direkten Kontakt mit Feuerwerkskörpern. „Funkenflug oder die Nähe zu einem explodierenden Knaller kann ausreichen“, sagt Lindner von der Charité. Typisch seien lokale, aber sehr heftige und tief reichende Verbrennungen, erläutert der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Verbrennungsmedizin, Bert Reichert. Meist sei eine OP unausweichlich. Bei Patienten mit kleineren Verbrennungen kann es nach Angaben Lindners dauern, bevor ein Arzt aufgesucht wird: „Manche unterschätzen die Schwere der Verletzung in der Nacht.“
Selten, aber umso gefährlicher sind Fälle explodierender Knaller in der Hosentasche. Am Unfallkrankenhaus in Berlin komme es ein bis zweimal pro Jahr vor, dass Patienten mit Verletzungen bis hin zu den Genitalien eingeliefert würden, sagt Eisenschenk. Knaller explodierten, weil sie aneinander oder an ebenfalls in der Tasche aufbewahrten Streichhölzern reiben, sagt der Mediziner.
Beim Anzünden empfiehlt es sich, ein Zündlicht zu benutzen, das es für kleines Geld im Fachhandel gibt. „Es sieht aus wie eine Wunderkerze und zündet schnell und zuverlässig – auch bei Wind“, sagt Katterle. Dann ist Sicherheitsabstand angesagt: „Gesetzlich vorgeschrieben sind zehn Meter, ich empfehle aber zwanzig. Aus Sicherheitsgründen, aber auch, weil man dann mehr vom Höhenfeuerwerk sieht“, sagt Katterle.
Und wenn es regnet?
Was, wenn es regnet oder nebelig ist?
Eine verregnete Silvesternacht kann das schönste Feuerwerk verderben. Deshalb auf das Anzünden verzichten und aufs nächste Jahr verschieben? Geht nicht – schließlich dürfen Feuerwerkskörper nicht gelagert und müssen bis Anfang des neuen Jahres vernichtet werden. Aus diesem Grund gibt Katterle den Tipp, die Feuerwerkskörper in jedem Fall zu zünden – egal, wie die Witterung ist. „Es muss schon extrem nebelig sein, dass man gar nichts erkennt.“
Silvesterplanung der Deutschen
Nach Angaben des Marktforschungsinstituts Innofact wollen 40 Prozent der Deutschen den Silvesterabend mit Freunden zu Hause verbringen. Die meisten von ihnen planen einen traditionellen Jahreswechsel mit Raclette und dem TV-Klassiker "Dinner for one".
13 Prozent der Deutschen verbringen den Silvesterabend allein zu Hause. Genauso viele planen ein Kontrastprogramm: Sie besuchen eine Silvesterparty.
12 Prozent der Deutschen verreisen über Silvester.
Laut Befragung geht mehr als jeder Zehnte (11 Prozent) am Silvesterabend in einem Restaurant essen.
Fünf Prozent der Deutschen besuchen eine Silvester-Gala oder gehen in einen Club.
Wann kann man Feuerwerkskörper kaufen?
Einzel- und Fachhandel dürfen Feuerwerkskörper drei Tage vor Silvester verkaufen. Sie können keine Raketen nachbestellen – die Händler verkaufen direkt die gesamte Jahresproduktion. Wer Wert auf bestimmte Feuerwerkskörper legt, sollte deshalb am 29. Dezember ins Geschäft gehen. „Im Fachhandel haben Kunden auch die Möglichkeit, Feuerwerkskörper vorzubestellen“, sagt Katterle. Die Händler dürfen die Feuerwerkskörper vom 29. bis 31. Dezember verkaufen.
Wie viel Geld geben die Deutschen für Raketen und Böller aus?
Das Geschäft mit den Feuerwerkskörpern nimmt jedes Jahr zu. Während die Branche 2004 noch einen deutschlandweiten Umsatz von 87 Millionen machte, sind es zehn Jahre später 124 Millionen Euro. Für dieses Jahr erwartet das wissenschaftliche Institut des Handels EHI einen Erlös von 125 Millionen Euro. In der Silvesternacht zünden die Deutschen etwa 10.000 Tonnen Feuerwerkskörper.