Rhinehart preist nicht nur den Zeitgewinn. Er sieht in seinem Pulver einen Gewinn für die Menschheit – etwa als Beitrag gegen Fettleibigkeit. Tatsächlich dürfte es schwerfallen, sich an Soylent derartig zu überfressen, wie das mit fettigen Chips möglich ist.
Ganz unbescheiden meint Rhinehart, sein Pulver könne sogar die Welternährung sichern. Schließlich werfen wir ein Drittel bis die Hälfte aller Lebensmittel weg: Ihr Haltbarkeitsdatum ist abgelaufen, sie werden falsch gelagert, oder niemand will sie mehr essen. Diese Probleme würde Soylent lösen: „Es verdirbt nicht und muss nicht gekühlt werden“, so der Erfinder.
Zudem sei, findet der Ingenieur, das Pulver aus der Fabrik viel sicherer als natürlich erzeugte Lebensmittel. Denn die könnten mit Krankheitserregern verseucht sein. Ganz ohne natürliche Rohstoffe wie Reis oder Hafer kommt aber auch er nicht aus.
Ein makaberer Marketinggag ist der Name. Das Produkt ist benannt nach dem apokalyptischen Siebzigerjahre-Film „Soylent Green – Jahr 2022... die überleben wollen“. Da entdeckt Hauptdarsteller Charlton Heston als Polizist Schreckliches: Die grünen Soylent-Kekse, welche die Behörden im überbevölkerten New York verteilen, bestehen aus Menschenfleisch. Denn die Nahrungsreserven der Erde sind durch Umweltverschmutzung zerstört. Rhinehart sieht seine Erfindung offensichtlich als ein Mittel, das zu verhindern.
Überleben könnten Menschen mit dem Pulver wohl. Doch ob es gesund ist, bezweifelt Helmut Heseker stark. Der Paderborner Ernährungswissenschaftler und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Ernährung findet Rhineharts Idee, Nahrung auf ihre Bestandteile zu reduzieren, extrem altmodisch: „Das könnte eine Idee aus den Siebzigerjahren sein, als Futurologen solche Szenarien entwickelten.“ Die moderne Forschung habe längst erkannt: Milch, Gemüse oder Obst mit ihrer Struktur und ihren Abertausenden von Substanzen sind viel mehr als ihre Einzelteile.
Und eins scheint der Amerikaner auch zu übersehen: „Der Körper baut Muskeln und Knochen sehr schnell ab, wenn wir sie nicht nutzen“, sagt Heseker. Das gilt auch für Magen, Darm und Kauapparat.
Rhinehart will mit seinem Pulver die Welt retten. Doch wer weiß: Vielleicht quälen ihn und seine Kunden bald Bauchschmerzen und wackelige Zähne.