Herr König, das Frühjahr lockt viele Menschen vom Sofa in die Natur zum Sport. Müssen die Hobbysportler jetzt mehr essen, anders essen, besser essen?
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung spricht davon, dass jeder Mensch eine ausreichende Zufuhr von Vitaminen, Mineralien oder Aminosäuren zu sich nehmen sollte. Das soll und kann in der Regel ganz normal mit der Ernährung passieren. Weiter aber führt die DGE aus, dass es Ausnahmen gibt: Jugendliche, chronisch Kranke, alte Menschen, Schwangeren, Leistungssportler. Da bleiben dann nur noch ganz wenige übrig, die nichts zusätzlich brauchen. Das sind die jungen Gesunden, die nicht übermäßig Sport betreiben. Alle anderen, und damit eben auch Hobbysportler, sollten bestimmte Stoffe zuführen. Alles, was über eine normale Belastung hinausgeht, erzeugt unter Umständen einen Mangel.
Was ist denn für Sie eine normale Belastung?
Durchschnittlich zwei Stunden pro Woche Sport ist im Rahmen. Bei allem, was darüber hinaus geht, verlieren sie Mineralien. Dann brauchen Sie mehr spezifische Aminosäuren, komplexe Eiweißstrukturen und bis hin zu den sogenannten Antioxidantien, hinter denen sich unter anderem bestimmte Vitamine verbergen.
Das ist nicht mit einem Teller voll Gemüse, Seefisch und etwas Obst abzudecken?
Das ist sicher nicht mit Ernährung abzudecken. Es gibt zwei Probleme, die den durchschnittlichen Mitteleuropäer betreffen: Vitamin D und Jod. Vitamin D wird vom Körper nur durch Sonneneinstrahlung produziert, von der es im Winter schlicht zu wenig gibt. Es ist noch in bestimmten Fischölen enthalten, aber letztlich wird es über die Haut synthetisiert und dafür fehlen uns Sonnenstunden.
Aber gerade Sportler sind oft an der frischen Luft im Winter.
Aber es nützt nichts, wenn die Sportler ihren Körper verhüllen. Für eine ausreichende Vitamin D-Produktion benötigt der Körper eine Ganzkörperbestrahlung von etwa 20 Minuten am Tag. Bei der geringeren Intensität der UV-Strahlung im Winter, sind es eher 40 Minuten. Im Winter nützt es also nichts, sich viel draußen zu bewegen.
Was ist beim Jod das Problem?
Der zweite wichtige Mangel. Sie erkennen das auch an den Nahrungsmitteln: Jodiertes Brot, jodierte Speisen, jodiertes Salz und so weiter. Jod sollte man in moderaten Mengen zuführen. Der Arbeitskreis Jod-Mangel empfiehlt sogar 200 Mikrogramm, also etwa 0,2 Milligramm pro Tag.
Und das kann ich nicht einfach mit einer Scheibe Brot mit Butter und jodiertem Salz hinbekommen?
Da sind Sie dann bei Salzmengen, die Sie besser nicht verzehren.
Diese Dinge betreffen doch aber alle Menschen. Hobbysportler im Besonderen?
Nein. Was der Sportler deutlich mehr braucht, ist Eisen. Und verschiedene B-Vitamine und Folsäuren. Grundsätzlich benötigt ein Mensch, der seinen Körper im Sport belastet mehr sogenannte Antioxidantien. Dahinter verbergen sich zum Beispiel Vitamin C und Vitamin E als die bekanntesten. Wichtig ist es meiner Ansicht nach, wenn man diese Stoffe zuführt, dass sie auf natürlichen Zutaten beruhen und nicht synthetisch hergestellt sind.
Also die gute alte Vitamintablette.
Ein Weg ist natürlich mit viel Obst und Gemüse das zuzuführen. Wem das zu aufwändig ist, der sollte ein komplexes Präparat aus natürlichen Ressourcen wählen und diejenigen, die sich im Bereich der normalen Tagesdosierung bewegen.
Wozu dienen die Antioxidantien?
Der Körper hat einen höheren oxidativen Stress, das sind Sauerstoff-Prozesse im Körper, die die Zellen belasten. Wenn Sie eine Avocado anschneiden, nehmen Sie Vitamin C aus der Zitrone, um die Verfärbung ins Braune zu verhindern, gleiches gilt für den Apfel. Das ist ein Phänomen, das grob so auch für den menschlichen Körper gilt.
Durch Sport rostet man?
Sie brauchen sich nur Profisportler anzusehen, um festzustellen, dass die alle ein wenig älter wirken als sie sind. Nehmen sie die Skilangläufer - sie wirken älter und das gilt auch für Profifußballer. Wenn sie einen 25-jährigen Spieler anschauen, sieht er nicht aus wie ein durchschnittlicher Milchbubi, sondern vorzeitig gealtert.
"Cristiano Ronaldo sieht glänzend aus!"
Cristiano Ronaldo sieht glänzend aus!
Der sieht aber sowieso glänzend aus. Das ist eine der rühmlichen Ausnahmen. Nehmen wir einen Spieler wie Bastian Schweinsteiger, der ist mit seinen 31 Jahren grau, kantig. Der geht locker als 38 bis 40 Jahre durch. Das gilt für viele Sportler. Nur sind die heute viel besser gepflegt als früher. Nicht kosmetisch, sondern von der Betreuung der Gesundheit. Die sind viel besser untersucht, werden besser mit nötigen Stoffen versorgt. Deswegen ist es nicht so eklatant wie früher.
Sport macht also alt?
Wenn man Leistungssport betreibt, dann altert der Körper in bestimmten Aspekten tatsächlich schneller. Das betrifft vor allem die Gelenke aber auch die oxidativen Prozesse.
Das ist kein Widerspruch zu der Aussage, dass Sport gesund ist und für ein längeres Leben gut ist?
Das ist auch so. Eine Studie aus Harvard belegt, dass Sport im moderaten Leistungsbereich - das betone ich noch mal -, gesünder macht und Sie länger leben lässt.
Was messen die Gadgets?
Die Herzfrequenz, oder auch Puls, sagt viel über den Zustand des Körpers aus. Ein Ruhepuls, der früh am morgen sehr niedrig ist, wird meist als Hinweis auf eine gute Kondition genommen. Liegt diese unter 40 gehört der Mensch vermutlich zur Gruppe der sehr sportlichen Menschen. Einzelne Sportuhren messen aus der Herzfrequenz und der der Herzfrequenzvariabilität den Fitnesszustand. Dieser Test wird zum Beispiel im Ruhen ausgeführt. Wichtig ist, dass der Nutzer die eigene maximale Herzfrequenz kennt. Als Faustregel gilt 220 minus Alter. Das ist jedoch recht ungenau. Am leichtesten lässt sie sich mit einer Sportuhr bei einem Dauerlauf ermitteln. Dazu einen Dauerlauf von mindestens 30 Minuten, gerne länger, mit einem Sprint, wenn möglich sogar leicht bergauf abschließen.
Der Mensch schläft in verschiedenen Phasen. Zu den wichtigsten zählen die Tiefschlafphasen. In denen bewegt sich der Mensch vergleichsweise wenig. Diesen Umstand nutzen die Activity Tracker. Ihr integrierter Sensor verzeichnet keine oder wenig Bewegung. Auch unruhiger Schlaf wird somit aufgezeichnet. Einzelne Modell geben an, zu wie viel Prozent der Schlaf erholsam war.
Der Körper bewegt sich mit jedem Schritt nach vorne - und nach oben und zur Seite. Die Activity Tracker sind mit Sensoren ausgestattet, die Bewegung in jede Richtung messen. 10.000 Schritte werden oft als erstrebenswerte Zahl pro Tag angesehen. Wer viel Fahrrad fährt, macht für einen Activity Tracker im Prinzip keinen Schritt und es zählt so viel wie Auto fahren. Deswegen ist es sinnvoll, einen Tracker zu nutzen, der es erlaubt, Sporteinheiten zu aufzuzeichnen.
Neben der Frage, wie viel Kalorien der Nutzer verliert, ist für den Wunsch nach Gewichtsverlust entscheidend, wie viel er zu sich nimmt. So verbrauchen viele Sportarten weit weniger Kalorien als man sich erhofft. 1 Stunde Laufen sind unter Umständen rund 700 Kalorien - das ist gerade mal etwas mehr als eine Tafel Schokolade mit sich bringt. Wer ein Kalorientagebuch führen möchte, kommt leider nicht drum herum, dies in einer App im Smartphone einzutragen. Ein System, das erkennt, was man isst, ist bei den hier vor gestellten Modellen nicht dabei.
Was für die Ernährung gilt, gilt auch für den Wasserhaushalt. Apps wie Lifesum für Apples iOS erlauben es, die Zahl der getrunkenen Gläser Wasser einzugeben. Ein Gerät, dass dies von allein erkennt, gibt es leider nicht.
Das klingt schon besser.
Ja, aber das gilt nur solange der Sport ausgeübt wird!
Kein Ruhestand?
Nein. Sobald Sie die sportliche Tätigkeit einstellen, verlieren Sie diese Wirkung nach wenigen Wochen.
Ich muss also bis ins Grab trainieren.
Sie müssen bis ins Grab Sport treiben, um diesen Effekt mitzunehmen. Wenn Sie 20 Jahre Sport gemacht haben und dann aufhören, hält das nicht für den Rest des Lebens. Und Leistungssport ist definitiv nicht gesundheitsfördernd.
Wo beginnt denn der Leistungssport?
Die Grenze liegt etwas bei einer regelmäßigen täglichen Belastung von mehr als einer Stunde.
Ist es problematisch, dass es täglich ist, oder dass es eine Stunde ist?
Es kommt auf die Intensität auf des Trainings an. Wenn Sie alles optimal einhalten mit Belastung und eben auch Regenerationszeiten und nicht in die absolute Leistungsspitze trainieren, ist es weniger dramatisch. Leistungssport bringt Sie an die maximale Grenze dessen, was Ihr Körper bewältigen kann. Dann nehmen Sie billigend Nachteile in Kauf nehmen. Wenn sie einen Marathon laufen und das nicht richtig vorbereiten, ist das nicht gesundheitsfördernd.
Wieviel Zucker steckt in...
In dem Schokoriegel (18 Gramm) stecken rund sechs Gramm Zucker.
In einem Riegel (58 Gramm) stecken rund 39 Gramm Zucker.
20 Gramm der Schokocreme enthalten rund 12 Gramm Zucker.
200 Milliliter Apfelsaft enthalten 20 Gramm Zucker.
200 Milliliter Cola enthalten etwa 18 Gramm Zucker.
200 Milliliter Milch enthalten 10 Gramm Zucker.
Eine Portion (50 Gramm) dieses Kinderprodukts enthält 7,6 Gramm Zucker.
Zwiebelsuppe aus der Tüte von Maggi enthält laut Hersteller 24 Gramm Zucker auf 100 Gramm der trockenen Zubereitung. Fertig gekocht entspricht das bei einer Portion von 250 Millilitern 3,3 Gramm Zucker.
Das gilt für alle Sportarten?
Nein, Schwimmen belastet Gelenke zum Beispiel viel weniger als Handball. Jeder muss sich fragen, ob er den richtigen Sport für sich betreibt. 80 Prozent der Freizeitsportler überlasten sich dabei, weil sie ihre Ambitionen und ihren Stress in den Sportbereich übertragen.
Lassen Sie uns lieber wieder über Essen reden. Was kann ich mir als Hobbysportler Gutes tun?
An die Knochen denken. Je intensiver ihr Sport die Gelenke belastet, desto sinnvoller ist es, für die Knochen nötige Substanzen zuzuführen. Das sind Chondroitin und Glukosamin, die als Knorpelnahrung wichtig und die so auch als Präparat zu kaufen sind.
Das steckt in keinem Obst, Gemüse, Fisch oder Gewürz?
Nein. Außer Sie kochen Knochen für eine Brühe aus oder einen Ochsenschwanz. Dann haben Sie davon genug. Aber wer macht das noch?
Sie sind ein Verfechter der Nahrungsergänzungsmittel für Hobbysportler. Die sind umstritten.
Wenn Sie viele verschiedene teils sehr fragwürdige Quellen lesen, finden Sie natürlich auch Warnungen, dass zugeführte Vitamine schädlich sind, gar krebserregend. Die wissenschaftliche Studienlage zeigt aber, dass diese Zusatzstoffe helfen, gesünder zu bleiben. Es ist so, als würden Sie sagen, dass eine Gabel schädlich ist. Eine Gabel ist schädlich, wenn Sie sich beim Essen damit ins Auge stechen. Dann hat sie mehr Schaden angerichtet als Nutzen gebracht. Richtig eingesetzt, ist sie aber ein sinnvolles Instrument, um Nahrung zu sich zu nehmen. Wie viel sie von was zu sich nehmen, sollten ambitionierte Sportle mit einem Sportmediziner klären und zum Beispiel ein Eisenprofil ihres Körpers erstellen lassen.
Ambitionierte Hobbysportler achten auf die Ernährung. Viele wählen eine eigene Diät von Low Carb über Paleo bis zu Vegan. Ersparen die sich die Einnahme von Zusatzstoffen?
Vegan ist mutig. Da fehlen Eisen und bestimmte Vitamine. Bei einer veganen Lebensweise ist es für den Menschen aufwendiger, alle nötigen Stoffe zu sich zu nehmen. Sie vermeiden mit einer veganen Ernährung einige Risiken und gehen andere dafür ein. Fleisch ist sicher nicht die einzige Eiweißquelle, die wir haben. Aber eine klassische vegane Ernährung verzichtet ja auch auf Ei und Fisch und und und.
"Wenn Sie einen Apfel essen wollen, essen Sie ihn morgens"
Was ist mit dem Verzicht auf Kohlehydrate?
In unserer Praxis empfehlen wir das. Ein normaler Körper hat etwa 400 Gramm Speicherzucker, 30 Kilogramm Muskulatur und 20 Kilogramm Fett. Der Speicherzucker ist die Notfallreserve. Wir können uns eigentlich gut aus dem Zucker nähren, der im Fett gespeichert ist. Wenn Sie sich eine der wichtigsten Belastungen für den heutigen Menschen anschauen, dann ist das metabolische Syndrom, das auch als »tödliches Quartett« bezeichnet wird und neben Bluthochdruck, Fettleibigkeit auch eine erhöhte Glukosekonzentration im Blut beinhaltet. Das metabolische Syndrom gilt neben Rauchen als einer der entscheidenden Risikofaktoren für Erkrankungen der Blutgefäße. Zu viel Kohlehydrate ist die Ursache. Also kann die einzige Folge nur sein: Low Carb. Low Carb. Low Carb.
Macht nur keinen Spaß.
Finden Sie?
Die sieben Erfolgsfaktoren gesunder Ernährung
“Buy fresh, eat fresh”: Frisches kaufen, Frisches essen”
Zucker vermeiden
Weizenmehl vermeiden
“Frankenfoods” (Frankenstein Food), also Nahrungsmittel aus genetisch veränderten Pflanzen oder Tieren vermeiden
Gute Proteine wie (Hühner-)Fleisch, Nüsse und Körner essen
Gute Fette verwenden; sie machen nicht fett, denn die Übeltäter sind Zucker und Weißmehl
Phytonutrients, also Phytonährstoffe, sind Nährstoffe in pflanzlichen Lebensmitteln. Sie sind, anders als Vitamine, nicht lebensnotwendig. Aber sie halten gesund und fit und sollen die Lebenserwartung verlängern.
Wer mag keine Nudeln? Gerade Sportler!
Es gibt ja einen Anteil an Kohlehydrate, die Sie zuführen können. Zwei mal am Tag eine Handvoll Kohlehydrate ist unproblematisch. Möglichst nicht das raffinierte Weißmehl. Aber selbst Ravioli sind keine Riesenmenge. Wenn sie 300 Gramm Pasta essen, haben Sie 300 Gramm Zucker zugeführt. Wenn sie das für ihren Zuckerhaushalt hochrechnen…
Gerade die Ausdauersportler setzen vor Wettbewerben aber auf Kohlehydrate. Die Pasta Party gehört zu jedem Wettbewerb.
Ja, am Tag vor der Maximalleistung davor. Aber nicht Jahre davor. Sie haben die Zahl gehört: Aus dem Zuckerspeicher von 400 Gramm können Sie vielleicht 430 Gramm machen statt 380, aber mehr auch nicht. Die Differenz wären dann vielleicht etwas über 100 Kalorien. Na, wem das hilft. Die Tour de France-Fahrer führen täglich 6000 bis 7000 Kalorien zu und verlieren dennoch netto zwei Kilo auf der Strecke. Die achten darauf, genug Eiweiß zuzuführen.
Wie berechne ich die ideale Menge?
Für den Durchschnittsmenschen rechnet man 0,8 Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht. Wir berechnen es lieber anhand der Muskelmasse mit dem Faktor 2,5. Das hieße bei etwa 30 Kilogramm Muskelmasse 75 Gramm reines Eiweiß am Tag, um genug Baumaterial zu haben, um zu halten, was Sie haben. Die nötigen Kohlehydratmengen sind gering. Wenn Sie morgens 100 Gramm Kohlehydrate essen, dann haben Sie alles aufgefüllt. Deswegen auch besser nur morgens Obst essen. Da ist der hohe Zuckeranteil drin, den Sie schlecht abbauen.
»An apple a day, keeps the doctor away.« Der Apfel, den ich mittags esse, schadet mir?
Unsere Empfehlung ist, dass Sie die Fruchtzucker möglichst morgens zuführen sollten. Sportler sind natürlich Fast-Burner, Schnellverbrenner durch die Muskelanstrengung, da ist das nicht so essentiell.
Das klingt beruhigend.
Aber wenn Sie unbedingt einen Apfel essen wollen, dann essen Sie ihn besser morgens.
Nun gibt es so viele Tipps zur Ernährung sowieso, für Sportler noch mal extra. Ist nicht die größte Gefahr eigentlich, dass sich der Mensch unnötig nervös macht?
Absolut. Das liegt an diesem Anspruch, sich optimieren zu wollen. Und viele fragen nicht, was speziell für sie wichtig ist. Es ist viel wichtiger, sich mit einem Sportmediziner zusammenzusetzen und offen und transparent über ihre Zielsetzung zu sprechen, statt jeder neuen Mode zu folgen.