Sternstunde

Astronauten: Das härteste Casting der Welt

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80 Auswahlkriterien in nur einem Fragebogen

Ein Blick in das Europäische Astronautenzentrum in Köln.Foto: ESA - D. Baumbach Quelle: Presse

Zwischen “Ingenieur gesucht” und “Ausgeschrieben: Assistenzstelle des Geschäftführers” stand also eines Tages auch: “Astronauten gesucht”. Und dieses Inserat las Alexander Gerst: 36 Jahre alt, aufgewachsen im Städtchen Künzelsau bei Heilbronn, von Berufs wegen weder Leistungssportler noch Kampfpilot - sondern Wissenschaftler. Nach Abitur und Zivildienst studierte er Geophysik am renommierten Karlsruher Institut für Technologie. 

Vier Mal reiste er für jeweils zwei bis drei Monate zu Expeditionen in die Antarktis. Für seine Doktorarbeit erforschte er dort den südlichsten aktiven Vulkan der Erde - den 3794 Meter hohen Mount Erebus. “Ich bin es gewohnt, an einen lebensfeindlichen Ort zu gehen”, sagt er, “um Dinge zu erforschen, die auch vor unserer Haustür noch Bedeutung haben können.” 

Gersts Karriere als Raumfahrer begann wie die eines LKW-Fahrers: Mit einer schriftlichen Bewerbung. Aber da enden schon die Parallelen. Zunächst nämlich musste Gerst beim Arzt eine Flugtauglichkeitsuntersuchung absolvieren - dazu später mehr. Er bestand, scannte den Nachweis ein und schickte ihn an die Esa. Die antwortete, indem sie Gerst einen Zugangscode zu einem elektronischen Fragebogen im Internet schickte. 

50 Jahre Weltraumforschung
La Silla ObservatoriumDie Sterne rotieren während einer Nacht um den südlichen Himmelspol am La Silla-Observatorium der ESO im Norden Chiles. Die diffusen Bereiche auf der rechten Seite des Bildes sind die Magellanschen Wolken, zwei kleinen Begleitgalaxien unserer Milchstraße. Die im Vordergrund sichtbare Kuppel beherbergt das 3,6-Meter-Teleskop mit dem HARPS-Instrument, dass dem zur Zeit erfolgreichsten Exoplanetenjäger der Welt. Das kastenförmige Gebäude unten rechts beherbergt das 0,25-Meter-TAROT-Teleskop, das so konstruiert ist, dass es besonders schnell auf Gammastrahlenausbrüche reagieren kann. Weitere Teleskope auf La Silla sind das 2,2-Meter-MPG/ESO Teleskop und das 3,6-Meter-New Technology Telescope, das erste Teleskop an dem aktive Optik zum Einsatz kam und somit Vorläufer aller modernen Großteleskope. La Silla war das erste Observatorium der ESO und ist nach wie vor eines der führenden Observatorien auf der Südhalbkugel. Quelle: Pressebild
ALMADer ESO-Fotobotschafter Babak Tafreshi hat dieses bemerkenswerte Bild der Antennen des Atacama Large Millimeter/submillimeter Arrays (ALMA) vor der Kulisse der prächtigen Milchstraße aufgenommen. ALMA ist eine internationale Einrichtung, die gemeinsam von Europa, Nordamerika und Ostasien in Zusammenarbeit mit der Republik Chile getragen wird. Bei Entwicklung, Aufbau und Betrieb des Observatoriums ist die ESO zuständig für den europäischen Beitrag, das National Astronomical Observatory of Japan für Ostasien und das National Radio Astronomy Observatory für den nordamerikanischen Beitrag. Das Joint ALMA Observatory übernimmt die übergreifende Projektleitung für den Aufbau, die Inbetriebnahme und den Beobachtungsbetrieb von ALMA. Die Detailfülle in diesem Foto bestätigt die unübertroffenen Beobachtungsbedingungen für die Astronomie auf dem 5000 Meter hohen Chajnantor-Plateau in Chiles Atacama-Region. Die Aufnahme zeigt die Sternbilder Carina (der Schiffskiel) und Vela (das Segel). Die dunklen, schmalen Staubwolken der Milchstraße erstrecken sich von der Mitte links oben zur Mitte rechts unten. Der helle, orangefarbene Stern links oben ist Suhail im Sternbild Vela, der ähnlich orange gefärbte Stern in der oberen Bildmitte ist Avior im Sternbild Carina. Nahe dieser Sterne formen drei blaue Sterne ein „L“: die zwei linken davon gehören zum Segel, der rechte zum Schiffskiel. Genau in der Bildmitte zwischen diesen Sternen leuchtet der rosafarbene Carinanebel (eso1208). Quelle: Pressebild
Die MilchstraßeDie zentralen Bereiche unserer Heimatgalaxie, der Milchstraße, beobachtet im nahen Infrarot mit dem NACO-Instrument am Very Large Telescope der ESO. Da sie seit mehr als 16 Jahren die Bewegungen der Sterne in unmittelbarer Umgebung verfolgen, konnten Astronomen die Masse des Schwarzen Lochs bestimmen, das sich dort verbirgt. Quelle: Pressebild
 Das Handout der Zeitschrift «NATURE» zeigt eine Illustration eines schwarzen Loches in einem Kugelsternhaufen. Quelle: dpa
PferdekopfnebelDieses Gebilde nennen die Astronomen den Pferdekopfnebel. Die Farbkomposition des Nebels und seiner unmittelbaren Umgebung basiert auf drei Einzelbelichtungen im sichtbaren Licht, die am 1. Februar 2000 mit dem FORS2-Instrument am 8,2-Meter Kueyen-Teleskop auf dem Paranal aufgenommen und dem wissenschaftlichen Archiv des VLTs entnommen wurden. Quelle: Pressebild
WeihnachtsbaumhaufenDiese Farbaufnahme zeigt eine Himmelsregion namens NGC 2264, die die leuchtend blauen Sterne des Weihnachtsbaumhaufens und den Konusnebel enthält. Aufgenommen wurde das Bild durch vier verschiedene Filter (B, V, R und H-alpha) mit dem Wide Field Imager am La Silla Observatorium der ESO in 2400 Metern Höhe. Der abgebildete Nebel hat einen Durchmesser von etwa 30 Lichtjahren. Quelle: Pressebild
OrionnebelAuch diese Großfeldansicht des Orionnebels (Messier 42) entstand in Chile. Das VISTA-Infrarotdurchmusterungsteleskop am Paranal-Observatorium der ESO zeichnete den Nebel auf, der sich in einer Entfernung von 1350 Lichtjahren von der Erde befindet. Mit dem riesigen Gesichtsfeld des neuen Teleskops lässt sich der gesamte Nebel zusammen mit seiner Umgebung in einer einzigen Aufnahme abbilden. Beobachtungen im Infraroten ermöglichen es, auch in die Bereiche des Nebels vorzudringen, die sonst von Staubwolken verdeckt sind, und machen die aktiven, jungen Sterne sichtbar, die sich darin verbergen. Quelle: Pressebild

Und das war dann schon Prüfung Nummer zwei. Dutzende Fragen musste Gerst beantworten: Welche Ausbildung er abgeschlossen (Diplom), welche wissenschaftliche Expeditionen er durchgeführt (Antarktisvulkan) und welche Erfahrungen er mit dem Steuern von Flugzeugen hatte (keine). 80 Auswahlkriterien hatte das Team von Esoc-Personalchef Danesy in dem Fragebogen versteckt. 

Als die Bewerbungsfrist einen Monat später auslief, im Mai 2008, waren 8413 elektronische Bewerbungen bei Danesy eingegangen. Das hieß Arbeit: Der Personalchef wählte aus dem Wust an Lebensläufen, Anschreiben und Fragebögen nun alle versierten Naturwissenschaftler, Techniker und Piloten heraus. Geisteswissenschaftler fielen gleich durchs Raster. 918 Bewerber - nur einer von zehn - rutschten es in die nächste Runde. 

Sollten Sie es eines Tages so weit schaffen - weil sie Testpilot, umjubelter Nachwuchsforscher oder ein Genie sind oder weil sie Ihre Bewerbung nur einfach sehr, sehr gut gefälscht haben - dann können Sie sich auf etwas gefasst machen. Denn der Bewerbungsmarathon war noch lange nicht vorbei - in Folge zwei von “Europa sucht den Super-Astronauten” mussten die Kandidaten erst einmal nach Köln kommen. 

Dort standen Computer bereit, an denen sie die merkwürdigsten Bilder gezeigt bekamen und darin bestimmte logische Zusammenhänge erkennen mussten. “Wir testen damit unter anderem, wie gut Ihr räumliches Vorstellungsvermögen ist”, sagte mir Recruiting-Chef Danesy. In die Schwerelosigkeit, wo einem nichts auf Anhieb sagt, wo oben und unten ist, sollte man besser nicht fliegen, wenn man schon Probleme hat, die linke von der rechten Socke zu unterscheiden. 

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