Dass Kühlschränke dereinst selbst Milch bestellen, erzählen Zukunftsforscher schon so lange, dass die intelligente Kühlbox mittlerweile mehr als Beispiel für unerfüllte Weissagungen der Futurologen herhalten muss. Sehr zu Unrecht allerdings. Nicht nur, weil vernetzte Kühlschränke längst zu kaufen sind.
Weitgehend unbemerkt hat die Vernetzung mehr Lebensbereiche erfasst, als vielen bewusst ist: Mobilfunkmodule in Serienautos sorgen dafür, dass der Wagen selbsttätig Polizei und Rettungsdienste alarmiert, wenn der Fahrer nach dem Crash ohnmächtig ist. Smarte Steckdosen melden via Internet, wenn sich im Wohnzimmer etwas regt, obwohl der Wohnungsinhaber auf der Arbeit ist. Die Heizung regelt sich autonom, weil der Brenner die Wettervorhersage aus dem Netz abfragt. Und digitale Kameras und Sensoren – in Dragees verpackt – diagnostizieren beim Weg durch den Körper Erkrankungen.
All das ist erst der Anfang eines noch weit radikaleren Wandels, für den Zukunftsforscher wie Dave Evans, Chef-Futurologe beim Netzwerkgiganten Cisco, den Begriff "Internet of Everything" geprägt haben – das Internet aller Dinge. Genau das entsteht jetzt. Noch sind mehr als 99 Prozent aller Alltagsgegenstände nicht mit dem Internet verbunden. Doch glaubt man den Prognosen von Forschern, werden bereits 2020 rund 37 Milliarden digitale Geräte, Sensoren und Motoren online sein.
Und nicht nur das. Sie werden zum allergrößten Teil nicht mit uns Menschen kommunizieren, sondern untereinander. Der Trend, der die digitale Welt elektrisiert, heißt Machine-to-Machine-Communication – kurz M2M.
Was der Technik zum Durchbruch verhilft, ist, dass schnelle Mobilfunkmodule heute nur noch ein paar Euro kosten und in drei bis fünf Jahren für bessere Cent-Beträge verschleudert werden. Dazu kommt, dass eine der wichtigsten Grundlagen für den Siegeszug der kommunikativen Maschinen derzeit geschaffen wird: Das Internet Protokoll Version 6 – im Online-Jargon IPv6 genannt – wird mehr als ein Jahrzehnt nach seiner Verabschiedung nun tatsächlich von den Netzbetreibern eingeführt.
Es definiert so etwas wie das Hausnummernsystem im Internet und erweitert die Zahl vernetzbarer Systeme – von Smartphones über Steckdosen und Autos bis zu Gewächshauspflanzen, die die Beregnung steuern – von bisher rund 4,3 Milliarden auf unvorstellbare 340 Sextillionen Adressen. IPv6 mache es möglich, jedem Bakterium auf der Erde eigene Internet-Adressen zuzuweisen, so die Entwickler.
So weit wird es nicht kommen. Andere Szenarien aber werden dank der neuen Technik nicht nur denkbar, sondern spätestens in einem Jahrzehnt Realität sein: "Wenn Alltagsgegenstände miteinander reden, verrät der Wecker dem Navigationssystem im Auto, dass sein Besitzer verschlafen hat, damit der Wagen heute nicht die sparsame, sondern die schnelle Route wählt", skizziert Cisco-Vordenker Evans.
Sensoren in Turbinenschaufeln werten den Verschleiß von Flugzeugtriebwerken automatisch aus und melden die Maschinen autonom zur Wartung an, ohne dass noch ein Techniker einen Kontrollblick auf die Motoren werfen müsste. Und der Einkaufswagen im Supermarkt schlägt eine Beilage fürs Abendessen vor, passend zu den Zutaten, die daheim im – dann natürlich vernetzten – Kühlschrank liegen.