Trendwende im Energiemarkt Goodbye, Öl

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Ein strengerer Klimaschutz würde die Tendenz verstärken

Der Test in der Schweiz war auch eine Art Fanal für Deutschland und die hiesige Autoindustrie. Denn seit Mitte der Neunzigerjahre sinkt hierzulande der Ölverbrauch kontinuierlich. Ursache sind vor allem spritsparende Wagen. Was Greenpeace 1996 schon schaffte, wurde in den Folgejahren immer mehr zur Norm. Heute, 18 Jahre nach der Testfahrt, sind Drei-Liter-Autos nichts Ungewöhnliches mehr.

Zudem ist die durchschnittliche jährliche Fahrleistung der Deutschen nahezu konstant geblieben. Auch das Wirtschaftswachstum, das in der Vergangenheit den Ölkonsum anheizte, hat sich auf niedrigem Niveau eingependelt. Diese Entwicklungen lassen überall in den Industrienationen, ob in Japan oder den USA, seit Jahren den Verbrauch sinken.

Die Wirtschaftskrise in Teilen Europas hat ein Übriges getan. Doch der Ölexperte Matthew Parry von der Internationalen Energieagentur schätzt, dass sich mit der Krise nur rund die Hälfte des Rückgangs erklären lässt, der Rest durch effizientere Technik.

Setzt sich der Trend so fort, werden die Deutschen einer Studie des Mineralölwirtschaftsverbandes zufolge 2025 im Vergleich zu 2010 ein Drittel weniger Benzin tanken. Statt insgesamt 106 Millionen Tonnen an Mineralölprodukten pro Jahr nutzen sie dann nur noch 92 Millionen Tonnen. Bei den aktuellen Preisen würden die Bundesbürger demzufolge rund acht Milliarden Euro weniger für Öl ausgeben.

Ein strenger Klimaschutz würde die Tendenz sogar noch verstärken. Einigt sich die Staatengemeinschaft Ende kommenden Jahres auf dem Klimagipfel in Paris darauf, die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen, hätte das enorme Folgen für den Ölverbrauch. Allein der Kohlendioxidausstoß der Autos müsste bis 2025 laut den Beratern von Roland Berger auf 56 Gramm pro Kilometer sinken. Statt im Schnitt 5,6 Liter Sprit wie heute dürften Neuwagen nur noch 2,4 Liter pro 100 Kilometer schlucken. Technisch sind diese Werte längst möglich, wie die Autobauer BMW, Toyota und VW bereits heute mit ihren Hybridmodellen beweisen. Sie sind mit Strom und mit Benzin unterwegs und stoßen weniger als 50 Gramm CO2 pro Kilometer aus.

Zusätzlich heizen immer weniger Haushalte mit Öl. Vergangenes Jahr durchforsteten Experten im Auftrag des Öl- und Gasmultis Royal Dutch Shell die Statistiken zum deutschen Heizungsmarkt. Ihr Ergebnis: Hatte Heizöl 1995 noch einen Anteil von 36 Prozent an der Erzeugung von Warmwasser und Raumwärme, werden es 2030 voraussichtlich nur noch 17 Prozent sein. Weil Heizöl vergleichsweise teuer ist, setzen Häuslebauer zunehmend auf Erdgas, Sonnenkraft oder Erdwärme.

USA: Konkurenz für das Erdöl

Wenn die Bürger von Houston in Texas in den vergangenen Wochen ihre Pakete erhielten, haben sie von der Revolution höchstwahrscheinlich nichts bemerkt. Wie immer stoppten die braunen Lieferwagen von UPS, einem der größten Logistikkonzerne der Welt, vor ihrem Haus, der Fahrer sprang heraus und übergab die Sendung an die Kunden.

Das Neue: Die Trucks liefen nicht mehr wie seit Jahrzehnten mit Diesel, sondern mit verflüssigtem Erdgas. Seit Juni fahren 1000 UPS-Transporter in den USA mit dem neuen Treibstoff. Viele weitere der 16 000 Fahrzeuge des Konzerns sollen folgen. 50 Millionen Dollar lässt sich UPS den Umbau seiner Flotte kosten, inklusive neuer eigener Erdgas-Tankstellen.

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