Trendwende im Energiemarkt Goodbye, Öl

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Ölverbrauch könnte um 2030 weltweit sinken

Die Investition aber wird sich lohnen, erwarten die Manager des Logistikers. Über 90 Millionen Liter Diesel spart UPS mit 1000 Erdgas-Trucks pro Jahr und damit einen Batzen Geld. Denn Liquified Natural Gas (LNG), wie das auf eiskalte minus 160 Grad gekühlte Flüssiggas auf Englisch heißt, kostet bis zu zwei Drittel weniger als der klassische Treibstoff aus Erdöl.

Kein Wunder, dass sich nicht nur UPS vom Diesel verabschieden will. Überall in den USA rüsten derzeit Speditionen ihre Fahrzeugflotten um und installieren Tanks für den kalten Treibstoff hinter den Fahrerkabinen. An Highways, die von Trucks stark frequentiert werden, sind derzeit mehr als 250 LNG-Tankstellen im Bau. Die Auswirkungen der Erdgasrevolution auf der Straße sind enorm: Die LKW in den USA schlucken mehr als zwei Millionen Barrel Treibstoff – pro Tag. Das entspricht rund 80 Prozent des gesamten deutschen Ölverbrauchs.

Globaler Verbrauch in Millionen Barrel pro Tag.

Die Erklärung für den LNG-Boom auf Amerikas Straßen: Die Schiefergasförderung eilt in den USA von Rekord zu Rekord. Erdgas kostet dort mittlerweile halb so viel wie in Europa. Auch erste Zugunternehmen in den Vereinigten Staaten und Kanada testen deshalb neuartige Hybridmotoren, die Diesel oder alternativ Erdgas verbrennen.

Und auch Reeder denken inzwischen um. Weniger aus Kostengründen, sondern aufgrund strengerer Umweltauflagen. Bisher verbrennen Schiffe Schweröl, das hohe Konzentrationen an Schwefel enthält. Europa und die USA wollen den Umweltfrevel bis 2020 beenden. Da entschwefelter Treibstoff teuer ist, rüsten erste Eigner ihre Frachtschiffe jetzt auf Erdgasantrieb um. Bis 2020 könnte sich deren Zahl von derzeit rund 50 auf fast 2000 erhöhen.

Aber nicht nur auf den Highways und auf dem Meer bekommt das Erdöl Konkurrenz. Auch die Chemieunternehmen in den USA füttern ihre Cracker, die Grundstoffe für einen Großteil der Kunststoffproduktion herstellen, immer seltener mit Erdölprodukten, sondern mit sehr viel billigerem Ethan und Propan aus der Schiefergasförderung. Ähnliches, so glauben Experten, könnte auch in Nordafrika, Russland, China, Australien, Argentinien, Polen und England passieren, wo es große Schiefergas-Vorkommen gibt.

Asien: Die Metropolen explodieren

So unumstritten unter Experten der langsame Abschied vom Erdöl in den Industriestaaten ist, so ungewiss scheint die Entwicklung in den Entwicklungs- und Schwellenländern. Denn was bedeuten schon ein paar spritsparende Autos in Europa oder Erdgas-LKW in den Vereinigten Staaten, wenn zugleich mehrere Hundert Millionen Neuwagen in China und Indien auf die Straße kommen?

Die bisher wohl umfassendste Antwort auf diese Frage hat der Energieforscher Adam Brandt von der US-Eliteuniversität Stanford im vergangenen Jahr gegeben. Er fütterte seine Hochleistungsrechner mit Tausenden historischen Daten zur Entwicklung des Ölverbrauchs, Indizes zum Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum der Vereinten Nationen (Uno) und Weltbank, den Wachstumsraten von Städten, Siedlungsdichten verschiedener Länder und vielen weiteren Zahlen. Das Ergebnis: Auch wenn der ökonomische Aufstieg der Schwellenländer weitergeht, könnte der Ölverbrauch schon um das Jahr 2030 herum weltweit sinken.

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