Führen diese Do-it-yourself-Anwendungen nicht zum Erfolg, helfen die Experten der 131 Kinderwunschzentren in Deutschland. Rein statistisch liegen die Gründe für die Unfruchtbarkeit zu jeweils 30 Prozent entweder bei der Frau, beim Mann oder bei beiden zusammen. In jedem zehnten Fall tappen die Mediziner allerdings im Dunkeln.
Um den Paaren zu helfen, verordnen sie häufig im ersten Schritt der Frau eine Hormonbehandlung, um die Reifung von Eizellen anzuregen. Sind die Spermien des Mannes nicht beweglich genug, kann der Arzt diese durch einen Katheter in die Gebärmutter einführen. Meist übernehmen die Krankenkassen die Hälfte der Kosten von maximal drei Versuchen.
Teurer Kinderwunsch | ||
Was Therapien gegen Fruchtbarkeitsprobleme kosten | ||
Behandlung | Geschätzte Kosten | Kostenübernahme? |
Fertilitätsmonitore | Apps teilweise kostenlos, sensorgestützt ab 100 Euro oder monatlich ab 40 Euro | Nein |
Künstliche Befruchtung | 2000 bis 4000 Euro je Zyklus und Variante | Ja, anteilig durch Kassen, Länder und Bund |
Künstliche Befruchtung nach Eizellspende | ab 4500 Euro | Nein, in Deutschland nicht erlaubt |
Transplantation von Eierstockgewebe | 1000 Euro (Entnahme, Einfrieren) plus 300 Euro (Lagerung pro Jahr) | Nein |
Gebärmuttertransplantation | ca. 100.000 Euro (inklusive künstliche Befruchtung) | Nein, in Deutschland noch nicht erprobt |
Quelle: eigene Recherchen |
Bleiben diese Maßnahmen erfolglos, ist die künstliche Befruchtung eine Möglichkeit, doch den Kinderwunsch zu erfüllen. Aber eine, die belastet und deren Erfolgsaussichten gering sind. 2014 gab es in Deutschland laut Deutschem In-Vitro-Fertilisations-Register rund 87.900 dokumentierte Behandlungen, knapp 11.800 Babys sind anschließend auf die Welt gekommen.
Um die Chance zu erhöhen, haben die Ärzte neue Ansätze entwickelt, die vielversprechendsten befruchteten Eizellen auszuwählen. Allerdings setzen ihnen die strengen deutschen Gesetze enge Grenzen, weil sie verbieten, dass im großen Stil überzählige befruchtete Eizellen produziert werden, die irgendwann vernichtet werden müssen.
Die Entwicklung der Gentherapie
Es ist der erste offiziell genehmigte Gentherapieversuch: French Anderson behandelt am Nationalen Gesundheitsinstitut der USA die vierjährige Ashanti DeSilva. Sie leidet an einem angeborenen Immundefekt (SCID) und muss in einem Isolierzelt leben, um sich vor Erregern zu schützen. Die von Viren in Ashantis Zellen transportierten Gene helfen. Zugleich bricht eine Debatte los, ob Genreparaturen an Embryonen verboten werden sollen.
In Europa behandelt Claudio Bordignon am Mailänder San Raffaele Telethon Institute for Gene Therapy SCID-Kinder erfolgreich per Gentherapie. Der Erwartungsdruck wächst.
Der 18-jährige Jesse Gelsinger stirbt bei einem Gentherapieversuch am Humangenetischen Institut der University of Pennsylvania. Er litt an einer milden Form einer erblichen Stoffwechselkrankheit und hatte sich als Freiwilliger gemeldet. Das Immunsystems seines Körper reagierte so heftig auf die Genfähre, dass er an Multiorganversagen starb. Im Nachhinein wurde klar, dass die Reaktion absehbar gewesen war, Studienleiter James Wilson ihn aber trotzdem behandelte. Der verlor seinen Job als Institutsdirektor, die Universität bezahlte 500.000 Dollar Strafe.
Alain Fischer und Kollegen behandeln am Necker Hospital in Paris SCID-Kinder. Der Immundefekt ist damit behoben, aber bei einigen der jungen Patienten aktiviert die Genfähre ein Krebsgen, sie erkranken an Leukämie. Ein Kind stirbt daran. Die Ärzte können die anderen Betroffenen retten, diese sind auf Dauer von ihrem Immundefekt geheilt.
China lässt die Therapie der Sibiono GeneTech, Shenzhen, zu. Sie bringt das Wächtergen p53 in Krebszellen, was diese in den Selbstmord treibt.
Die texanische Biotech-Firma Introgen zieht ihren Antrag für eine p53-Therapie bei der europäischen Zulassungsbehörde (EMA) zurück, weil ihr die Insolvenz droht. Der britische Anbieter Ark Therapeutics zieht den Antrag für eine andere Krebstherapie zurück. Die EMA war nicht zu überzeugen, dass die Vorteile der Behandlung deren Risiken überwiegen.
Die EMA lässt mit Glybera die Gentherapie der niederländischen Uniqure gegen eine seltene Stoffwechselkrankheit zu.
Glybera kommt in Deutschland auf den Markt. Preis: eine Million Euro.
Auf der Suche nach Zellen mit Potenzial
Reproduktionsmediziner wie Jan-Steffen Krüssel vom Universitätsklinikum Düsseldorf bewegen sich daher auf einem schmalen Grat, wenn sie dennoch bis zu sechs Eizellen im Labor befruchten. Denn es ist keineswegs sicher, dass sich alle optimal entwickeln. Maximal drei der am besten entwickelten Embryonen setzen sie in die Gebärmutter der Frau ein. Der Rest wird eingefroren, für spätere Behandlungen. Oder das Paar spendet sie, eine Alternative, für dessen klare Regelung sich der Deutsche Ethikrat gerade ausgesprochen hat, was der Gesetzgeber aber noch umsetzen muss.
Um Zellen mit hohem Potenzial zu finden, rüsten die Labore auf: In Hightechbrutschränken werden die Embryonen gepäppelt, Roboter fotografieren sie alle 20 Minuten. Die Ärzte erkennen so Fehler bei der Zellteilung, die ihnen sonst entgangen wären. „Früher mussten wir die Embryonen aus den Brutschränken holen und konnten sie uns nur kurz unter dem Mikroskop anschauen“, erklärt Krüssel.