Vor 2000 Jahren starb Kaiser Augustus Der Veränderer, den sie Blutsäufer nannten

Kaiser Augustus hat der Römischen Republik endgültig den Todesstoß verpasst. In den vier Jahrzehnten seiner Macht hat er das Reich grundlegend verändert. Auch sein Tod ist eine Inszenierung.

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Projektionen im Augustus-Forum in Rom erinnern an Kaiser Augustus, dessen 2000. Todestag Rom in diesem Sommer begeht. Der Adoptivsohn des Julius Cäsar gilt als erster römischer Kaiser, seine Amtszeit währte rund 50 Jahre. Quelle: epd

Rom „Ich habe eine Stadt aus Backstein vorgefunden, und ich habe Euch eine Stadt aus Marmor hinterlassen.“ Diesen Satz soll der erste römische Kaiser über Rom gesagt haben, als er vor genau 2000 Jahren in der süditalienischen Hafenstadt Nola im Sterben liegt. Der 75-jährige Augustus meint damit aber nicht etwa die Architektur Roms, sondern die Wandlung eines von Bürgerkrieg und Machtgelüsten geteilten römischen Staatswesens in ein stabiles und befriedetes Reich.

Als der Herrscher im Jahr 14 nach Christus am 19. Tag des nach ihm benannten Monats August stirbt, hat er mehr als vier Jahrzehnte die Geschicke Roms gelenkt. Seine historische Leistung sei die Errichtung eines vollkommen neuen Herrschaftssystems, sagt der Althistoriker Martin Zimmermann der Nachrichtenagentur dpa. Unter ihm ist die alte Republik untergegangen, das Kaisertum hat sich manifestiert.

Augustus - 63 vor Christus als Gaius Octavius in Rom geboren - ist noch keine 18 Jahre alt, als sich sein Großonkel Iulius Caesar nach jahrelangem Bürgerkrieg zum Diktator auf Lebenszeit ausrufen lässt. Teile des römischen Senats sehen die Republik damit endgültig vor dem Aus und lassen Caesar im März 44 vor Christus ermorden.

Octavius wartet zu dieser Zeit an der griechischen Adriaküste darauf, an Caesars Seite in den Krieg gegen die Parther zu ziehen. Soweit kommt es durch den Mord in Rom aber nicht. In seinem Testament adoptiert der Diktator seinen Großneffen postum - ein damals nicht unüblicher Vorgang. Diese Unterstützung ist das einzige Pfund, mit dem der junge Octavius anfangs aufwarten kann.

Danach beginnt er als politischer Erbe Caesars seinen Aufstieg: Mit knapp 20 Jahren tritt Octavius sein erstes Konsulat an. Nie zuvor hat jemand so jung das höchste römische Amt erlangt. In der Schlacht von Philippi besiegt er die Caesar-Mörder Cassius und Brutus, später kämpft er gegen Antonius um die Alleinherrschaft.

Das Reich versinkt wieder im Bürgerkrieg. Durch den Sieg über seinen Widersacher in der entscheidenden Schlacht bei Actium erlangt Octavius endgültig die Vorherrschaft im Römischen Reich.

„Blutsäufer“ habe man ihn einmal genannt, sagt Althistoriker Zimmermann - und meint damit die brutale Bürgerkriegszeit. „Er hat sehr viele Menschen hinrichten lassen.“ Auch Caesars einziger leiblicher Nachkomme Caesarion, der Sohn Kleopatras, soll als potenzielle politische Bedrohung zu den Opfern gehören.

Mit Mitte 30 bekommt Octavius vom Senat die Alleinherrschaft verliehen: das sogenannte „Prinzipat“. Er wird mit dem Ehrentitel Augustus, „der Erhabene“, ausgestattet. Offiziell stellt er nach den Wirren des Bürgerkrieges die öffentliche Rechtsordnung der Republik wieder her. De facto aber richtet Augustus eine Monarchie ein, wie es sie die 500 Jahre davor in Rom nicht mehr gegeben hatte.

Als Oberbefehlshaber der römischen Legionen expandiert er in einem Maße wie kein anderer römischer Kaiser nach ihm. Jedoch muss sein Heer im Jahr 9 nach Christus gegen den Cheruskerfürsten Arminius eine herbe Niederlage einstecken. Die Schuld am Desaster im Teutoburger Wald lädt Augustus allein auf seinen Kommandanten Varus.


Pompöser Leichenzug durch halb Italien

Die Befriedung des Reiches nach innen führt jedoch dazu, dass Literatur, Architektur und Kunst gedeihen. Wegen Männern wie Vergil, Ovid, Horaz oder Vitruv spricht man vom „Goldenen Zeitalter“ unter Augustus.

Aber der Herrscher will auch die römische Gesellschaft verändern: Er verordnet der Oberschicht mit seinen Sittengesetzen eine Ehepflicht.

Wer nicht verheiratet ist, wird bestraft und bei der Vergabe von Ämtern und Posten benachteiligt. Das Vorhaben, Moralvorstellungen per Gesetz umzusetzen, scheitert jedoch grandios. Kontrollen sind schwierig, gerade wenn sich die Menschen in Scheinehen flüchten. Und auch über Augustus selbst ist in der Gerüchteküche so einiges zu hören: Zwar ist er mit seiner Frau Livia in der dritten Ehe durchaus glücklich, aber wohl auch anderen Vergnügungen nicht abgeneigt.

Historiker sagen, Augustus habe sein ganzes Leben inszeniert. Und so auch seinen Tod: Um sein Sterbebett in Nola versammelt er fast seine ganze Familie. Und auch dann noch ist er um das Wohl des Staates bemüht. Es geht am Ende darum, welches Bild von ihm überdauern wird.

Nach dem pompösen Leichenzug durch halb Italien wird Augustus' Leichnam prachtvoll in seinem - bereits im Alter von 34 Jahren erbauten - kolossalen Mausoleum auf dem Marsfeld in Rom bestattet. Wenige Wochen später beschließt der römische Senat, dass der Herrscher als „Divus Augustus“ unter die Götter aufgenommen wird - wie schon sein Adoptivvater Caesar.

Seine Witwe Livia soll nachgeholfen und einem Senator eine Million Sesterze gezahlt haben, damit er bezeuge, der Imperator sei in den Himmel aufgefahren - eine Voraussetzung für die sogenannte „consecratio“ durch den Senat.

Augustus' Nachfolger Tiberius - eine Art Prinz Charles der Antike - hatte viele Jahre als adoptierter Kronprinz auf diesen Moment vor 2000 Jahren warten müssen. Er hat in seiner Regierungszeit aber kein so glückliches Händchen wie sein Vorgänger. Und anschließende Herrscher wie Caligula oder Nero bleiben nur als Tyrannen in Erinnerung.

Die von Augustus begründete Dynastie geht 90 Jahre nach ihrer Gründung mit dem Tod Neros zugrunde, das von ihm errichtete Prinzipat aber bleibt mehr als zweieinhalb Jahrhunderte bestehen.

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