Was Supplemente wirklich bringen Leere Versprechen um Vitaminpillen

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Ungewollte Überdosierung

Die größten Ernährungsmythen
Verlängern Chili-Schoten das Leben? Quelle: REUTERS
Schokolade Quelle: dpa
Je mehr Vitamine desto besser Quelle: dpa
Brot macht dick und ist ungesundGerade für die Verfechter kohlehydratarmer Nahrung steckt der Teufel im Brot: Es mache dick und trage sogar Mitschuld an Diabetes. Das ist so allerdings nicht richtig: Gerade Vollkornbrot (echtes Vollkornbrot, kein mit Malz eingefärbtes Weißbrot) hat sehr viel Ballaststoffe. Die sind gesund und machen satt. Außerdem liefert es verschiedene Vitamine sowie Iod, Flur, Magnesium und Zink. Quelle: dpa
"Light", "Leicht" oder "Fettarm" - das ist gut für die schlanke LinieDie Lebensmittelindustrie hat den Trend zu bewusster Ernährung entdeckt und nutzt ihn mit Fitness- und Wellness-Begriffen gezielt aus. Doch die Verbraucherorganisation Foodwatch warnt: Oft werden so Lebensmittel beworben, die alles andere als kalorienarm sind. Der Verein hat das Nährwertprofil von sogenannten Fitness-Müslis, Wellness-Wasser oder Joghurt-Drinks überprüft und kam zu dem Ergebnis, dass die scheinbar "gesunden" Lebensmittel Softdrinks oder Fast-Food-Snacks beim Zucker-, Salz- oder Fettgehalt oftmals in nichts nachstehen. Bei fettarmen Produkten wird der Geschmacksmangel häufig durch zahlreiche andere Inhaltsstoffe, etwa Stärke und Zucker, ausgeglichen - der Kaloriengehalt unterscheidet sich kaum, ist manchmal durch den hohen Zuckergehalt sogar höher - und gesund ist das Light-Produkt noch lange nicht. Quelle: dpa
Kartoffeln machen dick Quelle: dpa
Öko-Lebensmittel sind gesünder Quelle: dpa

Außerdem sind die Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten bisher nur unzureichend untersucht. Und je mehr Medikamente eingenommen werden, umso wahrscheinlicher ist es, dass es unerwünschte Effekte gibt, ist sich die Gesundheitswissenschaftlerin sicher. Weil die Beschwerden und Komplikationen im Fall einer negativen Wechselwirkung jedoch so individuell und unterschiedlich sind, ließen sich diese kaum feststellen. Ein Beispiel: Bei der Behandlung gegen Osteoporose wirken die Vitamin-D-Supplemente besonders gut in der Kombination mit Kalzium. Zu viel Kalzium hingegen erhöht das Risiko für Nierensteine und Herzinfarkte. Weniger tragisch, aber dennoch unangenehm, sind Nebenwirkungen wie Übelkeit und Erbrechen.

Das Problematische: In vielen Nahrungsmitteln befinden sich heutzutage Vitamin-, Kalzium- oder andere Zusätze. Daher ist es durchaus denkbar, dass es auch ungewollt zu einer Überdosierung kommen kann. Ein gutes Beispiel sind hier Folate. Die lebenswichtigen Vitamine befinden sich in grünen Salaten, Spinat, Brokkoli oder Spargel. In vielen Multivitaminsäften oder auch Fruchtbonbons wird synthetisch hergestellte Folsäure zugesetzt. Und auch wenn dieser Zusatz auf der Verpackung angegeben werden muss, achten wohl nur die wenigsten Verbraucher wirklich auf dieses Detail. Außerdem schwankt die Menge in den angereicherten Säften erheblich, wie das Max-Rubner-Institut (MRI) im Rahmen eines Forschungsprojektes herausgefunden hat. Bei vielen Verpackungen lag die Abfüllung des Saftes im Mittel um 80 Prozent über dem auf der Verpackung angegeben Gehalt. Schon ab drei Gläsern am Tag des frisch angefüllten Saftes, kann die Tageshöchstmenge von 1000 Mikrogramm überschritten werden.

Bisher war vor allem eine Unterversorgung mit Folsäure vor allem für Frauen mit Kinderwunsch im Fokus, da diese für einen Defekt im Neuralrohr des Embryos sorgen kann. Doch auch eine Überversorgung kann negative Auswirkungen haben. So kann zu viel Folsäure einen Vitamin-B-12-Mangel verdecken, was wiederum für eine Schädigung des Nervenbereichs folgen kann.

Die richtige Dosierung von zusätzlichen Vitaminen ist also nicht nur im Fall des Sonnenvitamins D wichtig. „Es ist gesichert, dass viele Vitaminzusätze mehr schaden als nutzen“, beschreibt Mühlhauser die aktuelle Studienlage. „Das gilt für Vitamin A beziehungsweise Beta-Carotin, Vitamin E, aber auch für die B-Vitamine. Vor allem wenn sie über Monate und Jahre in höherer Dosierung eingenommen werden.“ Vor allem Menschen mit chronischen Krankheiten seien vor unerwünschten Wirkungen nicht geschützt. Es sei durchaus denkbar, dass schon in wenigen Jahren auch die Forschung zu einem ähnlichen Urteil in Sachen Vitamin D kommt. Doch dazu seien noch weitere Studien nötig.

Wer also nicht gerade unter einen chronischen Krankheit leidet oder monatelang nicht mehr vor die Tür kommt, sollte möglichst von Supplementen absehen. Allgemein gilt: Raus an die frische Luft und ein- bis zweimal in der Woche fetten Seefisch wie Hering oder Makrele essen. 

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