Ganz weit vorn ist das britisch-schwedische Unternehmen Astra Zeneca. 2012 brachte es mit Ceftarolin einen ersten Resistenzbrecher auf den europäischen Markt, der auch den MRSA-Keim in den Griff bekommt. Astra Zenaca hat als eines von wenigen Pharmaunternehmen die Antibiotikaforschung nie aufgegeben. „Wir haben uns die langjährige Expertise unserer Forscher und Entwickler auf diesem Gebiet erhalten“, freut sich Christian Kreher, der in Deutschland für die Medikamentengruppe zuständig ist.
Konkurrenten dagegen geben unumwunden zu, wie mühsam es ist, überhaupt noch gute Mikrobiologen an Bord zu bekommen. Astra Zeneca dagegen hat 2009 seine Abteilung sogar aufgestockt. Für 400 Millionen Dollar kaufte der Konzern die französische Novexel. Dorthin hatte einst Sanofi seine Antibiotikaforschung ausgegliedert. So landete mit Novexel auch die Medikamenten-Pipeline der Forscher aus Höchst beim Konkurrenten Astra Zeneca.
Darunter ein weiterer hochinteressanter Resistenz-Brecher der neuesten Machart, genannt Avibactam. Den kombinierten Astra-Zeneca-Entwickler mit einem klassischen Breitbandwirkstoff aus der Gruppe der Cephalosporine, die Zellwände durchlöchern. Das Kombipräparat durchläuft gerade die letzten beiden Phasen der Zulassung mit Tests am Menschen.
Der Clou am „Avi“, wie Experte Kreher seine biologische Brechstange liebevoll nennt: Es trickst hartnäckigste multiresistente Bakterien aus, indem es deren Abwehr gegen Cephalosporin außer Kraft setzt. Das gelingt bei fast allen Bakterien, die unseren Körper befallen. Klappt alles, will Astra Zeneca das Kombipräparat 2016 für Harnwegsinfekte und Lungenentzündungen zur Zulassung einreichen.
Dieser Erfolg dürfte die Sanofi-Forscher ebenso betrüben wie die Kollegen bei der schweizerischen Roche, dem eidgenössischen Rivalen Novartis oder bei Bayer in Leverkusen: Denn sie alle haben vor Jahren zahlreiche vielversprechende Ideen aufgegeben. Die damals ausgegründeten Unternehmen Basilea in Basel, Nabriva in Wien und Aicuris in Wuppertal entwickeln die Konzepte nun munter eigenständig weiter.
So besitzt Basilea seit Oktober 2013 die Zulassung für Ceftobiprol, einem Cephalosporin der fünften Generation. Das Besondere daran: Das Mittel wurde so lange im Labor optimiert, bis es mit einer Vielzahl von Killerkeimen zugleich fertig wird. Ceftobiprol soll sie alle schaffen, versichert Basileas Entwicklungschef Achim Kaufhold.
Bisher ist das innovative Präparat zugelassen, um Menschen mit schweren Lungenentzündungen zu helfen. Da für diese Fälle Ausnahmeregeln bei der Abrechnung der Behandlung gelten, konnte Kaufhold mit den Kassen einen für sein Unternehmen sehr attraktiven – sprich hohen – Preis aushandeln. Er will keine Zahlen nennen, Analysten aber schätzen, dass das neue Antibiotikum auf mehr als eine Milliarde Dollar Umsatz kommen wird. „Mit modernen Antibiotika lässt sich schon Geld verdienen“, ist Kaufhold jedenfalls überzeugt.