4 Autoren im Interview Was Schriftsteller von E-Books halten

Das digitale Buch eröffnet auch den Autoren neue Möglichkeiten. Wiwo.de hat vier Autoren befragt, wo sie die Vor- und Nachteile des Mediums sehen – und ob sie aufs gedruckte Buch verzichten könnten.

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Andreas Winterer ist als Hightech-Journalist, IT-Experte, Blogger und Schriftsteller tätig. Daneben gibt er das Online-Literaturmagazin

WirtschaftsWoche: Hat das klassische Buch auf Dauer noch eine Existenzberechtigung?
Andreas Winterer: Die Existenzberechtigung erteilt allein der Leser als Kunde. Die Frage lautet also: Wie lange wird es Menschen geben, die bereit sind, die höheren Preise für gedruckte Bücher zu bezahlen? Ich glaube: die wird es immer geben. Das gedruckte Buch hat Vorteile: Man kann es überall und ohne Hilfsmittel lesen. Es ist schwer raubzukopieren (gut für den Verlag), aber leicht wieder zu verkaufen (gut für den Leser).

Wenn es nur ein Medium gäbe, für welches würden Sie sich entscheiden, E-Book oder Buch?
Am Buch stört mich das Gewicht, am E-Reader die Abhängigkeit von Strom und Distributionsnetzen. Im letzten, zweiwöchigen Urlaub hatte ich trotzdem nur einen Reader dabei und habe Papier nicht vermisst.

Ist es schwierig, ein E-Book selbst zu produzieren?
Mit geeigneten Tools ist es nur unerheblich schwerer als das Erzeugen eines formatierten Textdokuments. Das mag sich in Zukunft ändern, denn gerade im Sachbuchbereich verlangen interaktive Werke nach komplexer Authoring-Software. Aufwendig ist derzeit, ein gutes E-Book zu produzieren, das auf allen Lesegeräten optimal aussieht und einfach navigierbar ist. Aufwendig ist auch, den Produktionsablauf effizient zu gestalten und mit Print zu verbinden.

Jeder Hobby-Autor kann heute ein Buch veröffentlichen. Führt das nicht zu einer Abwertung des Mediums Buch?
Wird das eine Buch schlechter, nur weil andere auch welche schreiben? Früher adelte der verlegerische Akt ausgesuchte Autoren (oder investierte in Absatzhoffnungen), zunehmend wird der Autor zum Verleger und investiert in sich selbst. Früher halft die prominente Platzierung im Verlagsprogramm dem Buchhandel, Bestellungen und Verkaufsflächen zu planen – immer öfter optimiert eine betriebswirtschaftliche Business Intelligence diesen Vorgang in Richtung Verkaufserfolg. Und das Feuilleton kann es die schiere Masse der Neuerscheinungen nüchtern betrachtet schwerlich sichten.
Der Begriff der „Abwertung“ beweint doch eigentlich nur den Wegfall all dieser Deutungshoheiten: Es ist (irgendwann) keine Instanz mehr da, die uns sagt, was es sich zu lesen, ergo zu kaufen lohnt. Nur die Bestsellerliste gibt noch Rat, und der ist so fragwürdig wie eh und je.

Letztlich hat schon Gutenberg dafür gesorgt, dass jeder sein eigenes Buch veröffentlichen kann: Das hat die Vielfalt bereichert, aber zwangsläufig einzelnen Titeln ihre Einmaligkeit genommen. Ähnlich hat später der Durchbruch des Taschenbuchs die Buchlandschaft demokratisiert und die Trivialliteratur gegenüber literarischen Werken aufgewertet. Jetzt haben wir E-Books, die jeder verbreiten kann, und es wird unübersichtlicher denn je.
Ich sehe genau das als notwendige literarische Aufklärung, dank der sich bald jeder seines Verstandes bedienen muss. Sie bringt neue Instanzen hervor, die bei der Orientierung helfen. Amazon hat sich mit gutem Grund das soziale Netz goodreads.com einverleibt, und lovelybooks.de oder neu flipintu.com zeigen, das auch hierzulande nicht jeder schläft. Eine Plattform wie lovelybooks.de bringt dabei aktive Leser und aktive Autoren zusammen, statt sie zu trennen.

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