Das Vergnügen allerdings war in den vergangenen Jahren schlagartig vorbei, wenn’s wieder auf die planierte Piste ging. Denn da wurden und werden reinrassige Gelände-Bretter zur Herausforderung. Bei höherer Geschwindigkeit leidet der Geradeauslauf, die Skier werden unruhig und beginnen zu schlackern. Und wegen der weichen Bauweise fehlt ihnen auf Eis und Harsch-Schnee der Griff. Da wird der Schwung schnell zum Himmelfahrtskommando. Und sogar auf griffigem, aber hartgefahrenem Schnee erinnert die Kehre eher an Kurvenfahrten mit einem Auto, bei dem die Lenkung ausgeschlagen ist.
Genuss-Skier oder harte Bretter
Keine guten Voraussetzungen also für die als Allmountain-Ski angepriesenen Cross-Over aus Pulver- und Pisten-Ski. Und dennoch haben die Entwicklungsteams von Atomic bis Stöckli offenbar geschafft, das zusammenwächst, was nicht zusammen passt. Andreas König, einer der Testleiter beim Skitest des Deutschen Skiverbandes, jedenfalls ist voll des Lobs: "Hier gibt es richtig schlüssige Konzepte. Somit gilt auch für die Piste: Die Rocker-Technologie mit dem richtigen Gesamt-Setup funktioniert."
Der Trick mit dem die Ski-Bauer die Welten vereinen ist, Design-Elemente beider Bauformen in einem Ski zusammenzuführen. Zum einen biegen sich Allmountain-Bretter, ähnlich wie Gelände-Skier, an der Spitze und am Ende leicht nach oben. Damit sind sie einerseits gutmütiger und weniger anstrengend zu fahren und machen auch im Pulver Spaß. Andererseits bringen die neuen Kombi-Ski im mittleren Bereich eine stärkere Vorspannung und Taillierung mit. Ordentlich aufgekantet geht’s so dann auch mit den Allroundern ab in die Kurve.
Ob einem dieses Fahrverhalten liegt, muss allerdings dann jeder Fahrer unbedingt selbst ausprobieren. Denn auch wenn Ski mit mehr oder weniger Rocker-Genen inzwischen schon die Kategorie der Genuss-Skier dominieren und auch bei den Allmountain-Brettern rasant Land gewinnen, wer Wert auf wirklich sportliches Fahrverhalten legt, sollte doch besser zur echten Ware greifen – soll heißen, zum Race- oder Slalom-Carver.
Der zirkelt dann in bewährter Manier seine Radien in die Schneeoberfläche und lässt die Oberschenkel nach einem forschen Skitag vernehmlich nach Sauna und Massage rufen. Aber für eingeschworene Fans forcierter Richtungswechsel (wie mich) sind auch die besten Allmountain-Wollmilch-Rocker-Carver nur zweite Wahl.
Erst testen, dann kaufen
Insofern gilt auch im Zeitalter der Cross-Over-Ski noch der alte Rat, keinen Ski zu kaufen, den man nicht vorher ausgiebig auf der Piste getestet hat. Denn so vielfältig wie die Bauformen moderner Skier sind eben auch die Anforderungen, die jeder Schneefan an sein Material stellt. Den Durchblick im Brettln-Wald aus Race- und Sportcarvern, Slalom- und Genus-Ski, Allroundern, Freeridern oder eben Allmountain-Ski gewinnt halt nur, wer sie ausprobiert.
Ich jedenfalls bleibe erst einmal meinen reinrassigen Carver treu, wenn ich in diesen Tagen wieder in den französischen Alpen Pisten- und Höhenkilometer sammle. Und wenn’s in den Tiefschnee geht, dann leihe ich mir ein Paar reinrassige Pulver-Rocker.
Wie das ausgeht, können Sie übrigens nach meiner Rückkehr online anschauen, denn der Gadget-Inspektor hat dieses Mal auch zwei aktuelle Outdoor-Kameras im Gepäck. Deren Test sehen Sie dann nach meiner Rückkehr. Wie schon gesagt: Mehr Winter war nie.