Das Teaservideo auf der Memoto-Website zeigt verschiedene Personen, die sich zu der Frage äußern, welche Augenblicke aus der Vergangenheit sie gerne nochmals erleben möchten. Tatsächlich dürften jedem Menschen einige besonders schöne Momente des Lebens einfallen, die aufgrund ihres unerwarteten Eintreffens nicht visuell festgehalten wurden. Anbieter wie OMG und Memoto wollen uns die Chance geben, künftig auch das in Bildern dokumentiert zu haben, worauf wir uns nicht im Vorfeld durch das Bereithalten von Smartphone oder Fotoapparat einstellen können.
Die "Little-Brother-Gesellschaft"
Doch gleichzeitig erinnern sich viele unter Garantie auch an Vorfälle, bei denen sie froh waren, dass keine Linse in der Nähe war, die selbige für alle Ewigkeit festhalten konnte. Ein Zeitalter, in der Personen rund um die Uhr automatisch ihre Umgebung fotografieren, während sie sich durch die Straßen bewegen, kommt einer von der gegenseitigen Überwachung geprägten “Little-Brother-Gesellschaft” sehr nahe – besonders in Kombination mit Technologien zur Gesichtserkennung und -identifizierung.
Wie vor zehn Jahren, als sich die Allgegenwärtigkeit von Handykameras abzeichnete, lässt sich auch dieses Mal schwer vorhersagen, welche Auswirkungen dies auf unser Verhalten in der Öffentlichkeit haben könnte. Bei einem kritischen Blick ließe sich ein dramatisch zunehmender Konformitätsdruck vermuten, weil jeder permanent darauf bedacht ist, nur nicht in unvorteilhafter Weise fotografiert zu werden. Eine optimistischere Prognose wäre, dass wir uns schlicht an die allgegenwärtigen Aufnahmen gewöhnen und dass eine Inflation an im Netz abrufbarem Bildmaterial dazu führt, dass lediglich die wirklich speziellen, emotional berührenden Ereignisse überhaupt noch Aufmerksamkeit erhalten.
Es ist anzunehmen, dass automatisch fotografierende, intelligente Mini-Kameras für Empörung und Boykottaufrufe sorgen werden – speziell in Ländern wie Deutschland, wo der Schutz der Privatsphäre einen überaus hohen Stellenwert hat. Doch sollten derartige Geräte eine echte Nachfrage bedienen – was heute niemand weiß – wird ihre Verbreitung in einer globalisierten Welt nur schwer aufzuhalten sein.