Eigentlich ist der Thermomix bloß eine Küchenmaschine. Sie wiegt, wärmt, rührt und zerhäckselt. Doch das gut 1100 Euro teure Gerät wird von einer großen Zahl von Nutzern regelrecht verehrt. Selbst Kopien finden gewaltigen Anklang. Als Discounter eine günstige Maschine mit ähnlichen Eigenschaften anbot, kam es in einigen Filialen zu Tumulten.
Sicher, die Vorzüge des Thermomix klingen verlockend. In der Maschine lassen sich einzelne Zutaten zubereiten oder ganze Gerichte. Aber was genau macht eigentlich wer damit?
Der Sternekoch:
Sven Elverfeld gehört zu den besten Köchen der Welt. Nicht nur ist sein Restaurant mit Höchstnoten in allen Gourmetführern ausgezeichnet, in der Liste "The World's 50 best restaurants" rangiert das Aqua im Wolfsburger Ritz-Carlton auf Rang 33. Teil des Geheimnis seines Erfolgs ist der Wille, neue Methoden zu adaptieren und Technik dort zu nutzen, wo sie sinnvoll ist. In der Küche des Aqua stehen direkt neben dem Büro von Elverfeld gleich zwei Thermomix-Geräte. Zusätzlich sind mehrere Schüsseln und Aufsätze vorhanden.
"Wir setzen die Geräte in der Vorbereitung ein", sagt Elverfeld. Eingesetzt wird es zum Pürieren, für die Erstellung von Saucen, Eismassen oder auch Kräutersaucen.
"Früher haben wir Spinatblätter in einem normalen Rotormixer gemacht, da der nicht gut zu verschließen war, ist da auch schon mal der Spinat oben rausgeschossen", so Elverfeld. Das sei mit den verschließbaren Aufsätzen Vergangenheit. Eismassen, Saucen, Frucht- und Gemüse-Pürees - das seien die wichtigsten Anwendungsgebiete. Verwendet wird es vor allem von den Posten Poissoinnier (Fischküche), Entremetier (Beilagen) und Patissierie (Desserts).
Die sechs Sparten von Vorwerk
Die kultige Küchenmaschine ist seit 2014 der Hauptumsatzbringer von Vorwerk. Sie erwirtschaftete mit 920 Millionen Euro (+ 15 Prozent) genau ein Drittel des Umsatzes. Das Gerät wird seit 1961 produziert. Das neue digitale Modell TM5, das im September überraschend auf den Markt kam, hat eine unerwartet hohe Nachfrage. Die Wartezeit in Deutschland beträgt derzeit 13 Wochen. In zwei Jahren soll die Produktion auf zwei Millionen Stück im Jahr verdoppelt werden. Der Thermomix wird nur über weltweit 34.500 Beraterinnen vertrieben.
Der Kult-Staubsauger wurde 2014 erstmals vom Thermomix überholt, obwohl der Umsatz des Kobold um fast fünf Prozent auf 898 Millionen Euro deutlich stieg. Seit 2011 wird der Kobold in Deutschland nicht mehr nur über Vertreter, sondern auch über 34 Läden und einen Online-Shop vertrieben.
Seit 2004 gehört Jafra zur Vorwerk Gruppe. Der Stammsitz ist in Kalifornien. Die Kosmetika werden hauptsächlich in Mexiko, den USA und Brasilien vertrieben. Wegen schwacher Nachfrage in Mexiko sank der Umsatz 2014 um sieben Prozent auf 427 Millionen Euro.
Der Finanzierer für den Mittelstand bietet Leasing, Kredite und andere Finanzdienstleistungen für diverse Branchen wie Automobil, Yachten und Agrartechnik. Der Umsatz wuchs 2014 leicht auf 405 Millionen Euro. Das Neugeschäft zog deutlich an. Die Bilanzsumme stieg auf 1,6 Milliarden Euro.
Bodenbeläge sind die Keimzelle des Traditionsunternehmen, das 1883 unter dem Namen Barmer Teppichfabrik Vorwerk & Co in Wuppertal gegründet wurde. Die Teppichsparte machte zuletzt 88 Millionen Euro Umsatz. 2014 hatte Vorwerk die Werke der insolventen Marke „Nordpfeil“ übernommen.
In Südostasien vertreibt Vorwerk Wasserfilter, Luftreiniger und Staubsauger. Der Umsatz sank 2014 auf 28 Millionen Euro. Künftig will sich das Unternehmen stärker auf Filter- und Reinigungstechnik fokussieren.
"Wir machen unsere Gewürzmischungen, die wir für Lammlachse oder Taubenbrüste benötigen in der Maschine", sagt Elverfeld. So würden zum Beispiel erst die Trockenteile "im Rückwärtsgang" grob zerkleinert, herausgenommen, danach Ingwer bei hoher Drehzahl im Vorwärtsgang zerkleinert, dann beide Komponenten zusammengeführt und anschließend mit Olivenöl verbunden.
Die hohe Drehzahl des Geräts sei wichtig für Kräuterpürees. "Was lange gehäckselt wird, wird durch die Reibungsenergie warm, was warm wird, wird grau." So könne binnen Sekunden eine Kräutermasse zerkleinert und sofort auf Eis heruntergekühlt werden, um das Grün zu bewahren. "Je kürzer, desto besser."
Seit 15 Jahren begleiten die Geräte Elverfeld in seiner Küche. Sie haben einen festen Platz: "Ich bin da sehr akkurat". Abends, bevor die Gäste kommen, müssen die Mitarbeiter die Maschinen wieder sauber an ihren Platz im Rücken seines Büros hinstellen. "Es sind die einzigen Geräte für Haushaltsbedarf, die ich kenne, die im Alltag einer Profiküche stand halten", sagt der Profi-Koch. Die Geräte, die kaputt gegangen sein, wären entweder hingefallen oder Flüssigkeit sei drübergeschüttet worden, ins Gehäuse eingedrungen und hätten die Elektronik lahm gelegt.
Blogger und Hobbyköche
Die Foodbloggerin:
Maja Nett ist Autorin des Foodblogs moeyskitchen.com und Verfasserin des Buchs "What's for Breakfast? Müsli!". Die Kölnerin kocht nicht für Gäste, teilt aber über ihren Blog die Leidenschaft fürs Essen mit vielen Menschen. Ihr Rezept-Register beginnt bei A wie Ahornsirup-Kuchen mit Ahornsirup-Icing geht über L wie Lamm-Bohnen-Eintopf mit Kartoffeln und endet bei Z wie Zimtparfait. Nett nutzt dabei für viele Schritte, ähnlich wie Elverfeld den Thermomix, um einzelne Bestandteile der Gerichte zuzubereiten.
"Ich koche damit nicht wie der typische Nutzer eines Thermomix. Ich nutze ihn vor allem für Emulsionen und Eismassen", sagt die Foodbloggerin. Emulsionen - das sind Klassiker der französischen Küche wie eine Hollandaise. Eine Hollandaise ist wie ein Espresso eine Verbindung von zwei Flüssigkeiten, die sich eigentlich nicht vermengen lassen und dies nur tun, wenn sie als ganz feine Tropfen miteinander vereint werden.
"Zusätzlich zu diesen Aufgaben setze ich das Gerät als Mühle ein", sagt Nett. Reis verarbeitet sie mit den Klingen zu Reismehl. Auch die immer beliebteren Smoothies macht Nett im Thermomix. Mit Hilfe der Temperatursteuerung erstellt sie auch Nussbutter, die in einem normalen Topf schnell misslingt. Für Nussbutter muss zuvor geklärte Butter nämlich sachte gebräunt werden.
Die Hobbyköchin:
Biggy Krämer-Deysson ist eine begeisterte Hobbyköchin aus Horrenberg bei Walldorf. Krämer ist nicht nur Thermomix-Nutzerin, sie ist Heavy-Userin. Wer sie fragt, was sie damit zubereitet, bricht irgendwann ab, die Liste weiter fortzuführen und fragt andersrum: Was geht nicht damit?
"Ich nutze ihn jeden Tag und manchmal bis zu vier Mal täglich", sagt die Hobbyköchin. Derzeit entstehen ihre Marmeladen und Konfitüren neben Kompott oder Apfelmus im Thermomix. Wie auch Sternekoch Elverfeld und Foodbloggerin Nett bereitet sie Cremesuppen darin zu. Krämer nutzt die 12 Funktionen der Maschine vom Wiegen über das Vermischen und Rühren bis zum kontrollierten Erhitzen aus.
Hollandaise während der Spargel kocht? Kein Problem. Spaghetti mit Sauce? Erst die Sauce, dann die Nudeln - kein Problem. Risotto? Alle Zutaten gemeinsam hinein und anschalten, statt am Herd stehen und heiße Brühe Kelle für Kelle nachschütten, während man rührt.
Doch Krämer geht es nicht darum, dass ihr Arbeit abgenommen wird, auch wenn Speck, der angebraten werden soll, in kurzer Zeit zwar nicht gewürfelt aber zerkleinert sei. "Ich habe so den Speiseplan bereichert. Ich koche vielseitiger, weil vieles einfacher und schneller geht", sagt Krämer.