Fahrradbekleidung Biken im Winter - ein eiskaltes Vergnügen

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Fahrradkleidung anno 1900

Beim Aufbau der Sportkleidung hat sich das Schichtenprinzip bewährt. Die unterste, körpernahe Schicht ist in der Regel aus hautfreundlichem, leicht angerautem Stoff, der die Feuchtigkeit schnell nach außen leitet. Eine dicke mittlere Schicht dient der Wärmeisolation und eine äußere Schicht schützt vor Wind und Nässe.

So brandneu wie die Hersteller gerne suggerieren, ist der Aufbau der Hightech-Klamotten gar nicht. Die Grundprinzipien waren schon vor mehr als 100 Jahren bekannt. Nachzulesen ist das beispielsweise in "Das Radfahren und seine Hygiene" von Dr. med. Schiefferdecker, erschienen um 1900. In dem mehrere Hundert Seiten dicken Wälzer schreibt Schiefferdecker auch über die Radbekleidung. Genauestens setzte sich damit auseinander, welcher Stoff die höchste "Luftdurchgängigkeit" hat, welcher am weichsten auf der Haut liegt und welcher am besten vor Regen schützt.

Auch auf die Unterwäsche kommt es an

Seine Erkenntnisse gelten im Prinzip heute noch, auch wenn der Zweirad-Gelehrte keine synthetischen Materialien, sondern die Eigenschaften von Wolle, Leder, Leinen oder Seide bespricht. Dem Rad fahrenden Herren empfiehlt Schiefferdecker als Regenschutz den Mantel "Wetterfreund" aus einem "dünnen, ziemlich festen Stoff, der aber doch hinreichend porös" ist. Auch für die Damenwelt hält Dr. Schiefferdecker Ratschläge parat. Er empfiehlt unter anderem als Unterwäsche für "gesundheitsgemäßes Radfahren" ein Reformkorsett, das nur ganz "wenige Fischbeinstangen" enthält. Darüber solle die Damen am besten ein Hosenkostüm tragen.

Wenn die Textilindustrie also die Kombination von isolierenden und atmungsaktiven Schichten als grandiosen Fortschritt präsentiert, kann man nur sagen, alles schon dagewesen. Auch wenn Frauen beim Radfahren heute kein Korsett mehr tragen und Männer keine Jägerweste aus Lodenstoff.

Luxuriöse Rennräder der großen Automarken
Aston Martin-Fahrrad Quelle: PR
Peugeot Quelle: Peugeot
Mercedes Trekkingrad Quelle: Daimler
Rotwild-Fahrrad Quelle: Daimler
BMW E-Bike Quelle: BMW
Volkswagen Quelle: Volkswagen
McLaren S-Works Venge Quelle: McLaren

Moderne Sportkleidung besteht heute weitgehend aus synthetischen Materialien. Die Hersteller überbieten sich gegenseitig mit Schlagworten wie Polypropylengarn, Sympatex, Super-Mesh, Primaloft, Clarino, Super-Thermo-Mesh, Polartec Power Grid oder Hightex-Thermo. Sie alle haben eines gemeinsam, sie werden aus synthetischem Material, wie Polyester oder Polypropylen hergestellt. Hauptvorteil der synthetischen Stoffe ist, dass sie sehr leicht sind, schnell trocknen und atmungsaktiv sind.

Synthetische Fasern aus Recycling

Allerdings kann man die synthetischen Stoffe bei Schäden oder Rissen nicht so leicht reparieren. Zu Nadel und Faden greifen und flicken geht hier nicht. Zudem sind die Materialien nicht biologisch abbaubar und deshalb auch nicht wirklich umweltfreundlich. Allerdings lassen sie sich in der Regel recyceln. Ähnlich wie die Plastikflasche kann also auch die abgetragene Bikerjacke wieder im Wertstoff-Kreislauf landen.

Viele Hersteller setzen bereits auf Recycling-Ware. Das deutsche Familienunternehmen Vaude, bekannt bei allen Bergsportlern und Outdoor-Fans, wirbt beispielsweise mit nachhaltiger und sozial fairer Produktion. Auch der US-amerikanische Outdoor-Spezialist Patagonia hat sich auf Biker-Kleidung spezialisiert, die weitgehend aus recyceltem Material stammt und verarbeitet außerdem Stoffe wie Hanf oder  Baumwolle aus nachhaltigem Anbau.

Bei einigen Produkten mischt Patagonia recycelte Polyester-Fasern mit Merinowolle.

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