Fotografie Die neuen Edel-Kompakt-Kameras sind Meister des Augenblicks

Sie sind schnell, lichtstark und extrem kompakt. Mit einer neuen Generation von High-End-Kameras gewinnen Nikon oder Canon neue Käufer – und finden endlich eine Antwort auf den Boom der Smartphones.

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Die neuen Kameras im Test
Canon G7xSehr deutlicher Tiefenschärfeeffekt bei Blende 1,8 mit schön abgegrenztem Fokus auf der Blume in der Bildmitte. Allerdings beim Hauptmotiv nicht wirklich knackscharf und bei dieser Beleuchtung recht geringe Kontraste.
Fujifilm X3Fokusbereich durch den etwas kleineren Sensor der Kamera etwas größer als bei der Canon, die unmittelbar ans Hauptmotiv angrenzenden Blumen im Vorder- und Hintergrund bleiben im  Fokus. Dafür ist das Bildmotiv selbst schärfer und kontrastreicher gezeichnet.
iPhone6Auch wenn ­- wegen der kurzen Distanz zum Motiv - auch beim iPhone6 zumindest die Blumen im Hintergrund etwas verschwimmen, tritt der Tiefenschärfeeffekt nicht so deutlich zu Tage wie etwa bei der Canon. Trotz eines insgesamt guten Bildeindrucks, ist die Zeichnung der Details bei der Blume in der Mitte wirkt etwas flächiger und ebenfalls nicht so scharf wie etwa bei der X30 oder ...
Panasonic CM1Auch bei der Panasonic lässt sich der Fokusbereich nicht ganz so sauber begrenzen, wie etwa bei der Canon oder der Sony. Dennoch verschwimmen die Blumen imVorder- und Hintergrund erkennbar. Zudem ist die Zeichnung der Details, etwa im Blütenkelch oder an den Blatträndern sehr sauber - und deutlicher als etwa beim iPhone.
Samsung NX miniDie Samsung liefert ein sehr scharfes und detailreiches Bild. Allerdings gelingt der Tiefenschärfeeffekt, trotz vorgewählter Blende 2,8 nicht so schön, wie bei einigen anderen Testkameras.
SonyDetaildarstellung und Schärfe der Blüte im Fokus sind sehr gut, die Blüten im Hintergrund verschwimmen wunschgemäß in der Blendenunschärfe. Hier bewährt sich die große Offenblende von 1,8.
Canon G7xSauber abgegrenztes Motiv vom verschwommenen Hintergrund durch große Blendenöffnung. Geringes Farbrauschen und gute Detailzeichnung bei der Skulptur. Tendenziell dunkler belichtet.

Elf Stunden war Bernd Ritschel Anfang Oktober auf dem Oltroggeweg überm Tiroler Ötztal unterwegs – seine Kamera ständig im Anschlag. Was den Profifotografen durch die steilen Bergflanken in bis zu 3000 Meter Höhe trieb, war nicht Lust an herbstlichen Alpenpanoramen, sondern der Auftrag eines Kunden: Für den lokalen Tourismusverband sollte der 50-jährige Bayer eine Bilderserie übers hochalpine Bergwandern und Bergsteigen schießen.

„Mit den üblichen Profikameras wäre die Zwölf-Kilometer-Tour ein echter Kraftakt geworden“, sagt Ritschel, der statt zur klassischen Spiegelreflex zur handlichen Fujifilm X-T1 griff. „Die liefert selbst für Werbeposter eine vergleichbare Qualität wie eine Große – und ist nicht mal halb so schwer.“

Klein, aber fein, dieser Trend erfasst nicht nur Profis. Auch Amateure begeistern sich für die Kombi aus erstklassiger Bildqualität und handlichem Kameraformat. Sie sind der mitunter lausigen Ergebnisse klassischer Kompakter überdrüssig – und haben zugleich keine Lust, sich bei kreativen Fototouren die Schulter an klobigen Spiegelreflex-Boliden zu verheben.

Immer mehr Kunden wollen Edel-Kompakte

„Deshalb greifen immer mehr Fotofreunde zu einer neuen Produktgattung, für die weder Handel noch Hersteller bisher einen griffigen Namen gefunden haben: Sie sprechen von Edel-Kompakten, Kreativkameras oder schlicht von der neuen Ein-Zoll-Klasse. Sie ist benannt nach ihren Fotosensoren, deren lichtempfindliche Fläche der der alten Ein-Zoll-Videobildröhren entspricht. Vor allem aber ist die Sensorfläche vier- bis fünfmal größer als die der bisher üblicherweise in Kompaktknipsen verbauten Bildchips (siehe Grafik).

Kleine High-End-Kameras
Canon G7 XKlein, schwarz, stark: Sie ist kaum größer als eine Billigknipse, glänzt aber mit Lichtstärke 1,8 bis 2,8 beim 24–100-Millimeter-Zoom (umgerechnet auf Kleinbildfilm) und einem extrem schnellen Autofokus. 650 Euro Quelle: PR
Fujifilm X30Optik und Bedienung kopieren klassische Analogkameras, doch bei Lichtstärke und Rauschverhalten bietet die X30 klassengemäße Digitalqualität, auch wenn der Sensor nicht ganz Zollformat hat. 549 Euro Quelle: PR
Panasonic Lumix CM1Ist die Lumix eher Edel- Kompakte mit Smartphone oder High-End-Fotohandy? Wie auch immer: Ihr Leica-Objektiv und der Ein-Zoll-Sensor liefern Top-Fotos. Nur der Digitalzoom passt nicht ins Bild. 899 Euro Quelle: PR
Nikon 1 AW1Die Nikon-1er-Serie verbindet handliches Format mit einem breiten Objektivangebot. Dazu sind die Systemkameras mit bis zu 60 Bildern pro Sekunde extrem schnell und im Fall der AW1 sogar wasserdicht. 759 Euro Quelle: PR
Sony RX 100 Mark IIIKaum größer als eine Packung Zigaretten, doch bei der Bildqualität fast auf dem Niveau guter Systemkameras. So fasziniert Sonys Edel-Kompakte, in der sogar ein elektronischer Sucher steckt. 849 Euro Quelle: PR
Samsung NX miniDer nur zwei Zentimeter dicken Kamera gelingt der Spagat zwischen schlichter Gestaltung und bemerkenswert guter Bildqualität. Wer will, kann – über einen Adapter – selbst Samsungs Profi-Objektive anschließen. 499 Euro Quelle: PR

Ob Canon, Nikon oder Sony – fast jeder wichtige Hersteller startet in diesen Tagen mit einer entsprechenden Kamera ins umsatzstarke Weihnachtsquartal. Und fast alle neuen Modelle vereint – neben den deutlich empfindlicheren Sensoren und der kompakten Bauform –, dass sie in der Regel mit wesentlich lichtstärkeren Objektiven ausgerüstet sind.

Weil sich zudem von der Blende übers Scharfstellen bis zur Belichtungszeit sämtliche Einstellungen auch per Hand steuern lassen, eröffnen die Kameras alle Möglichkeiten kreativer Bildgestaltung.

Die neue High-End-Kompaktklasse ist ein Lichtblick für die von sinkenden Umsatz- und Stückzahlen gebeutelte Fotobranche: Denn während der Boom der Smartphones das Geschäft mit traditionellen Kompaktkameras hat kollabieren lassen und die Nachfrage nach Spiegelreflexkameras sinkt, entpuppen sich die Edel-Kompakten als neuer Wachstumsmarkt.

Online-Anbieter für Bildspeicher

Trotz ihrer, verglichen mit klassischen Kompakten, merklich höheren Preise von 500 bis 1000 Euro zieht deren Absatz an (siehe Grafiken). Und das, obwohl so mancher Händler fürs gleiche Geld auch respektable Spiegelreflexmodelle offeriert.

„Die Käufer sind inzwischen offenbar bereit, auch bei Kompaktkameras für langlebigere und höherwertige Modelle tiefer in die Tasche zu greifen“, freut sich Sun Hong Lim, Kamera-Vertriebschef beim koreanischen Elektronikriesen Samsung. „Die Verkaufszahlen der edlen Kompakten haben im Vergleich zum Vorjahr um rund die Hälfte zugelegt.“

Höhere Preise kaschieren niedrigere Verkaufszahlen

Der Trend schlägt sich auch deutlich im Durchschnittspreis aller verkauften Kameras nieder. Allein in den vergangenen fünf Jahren stieg der um rund ein Drittel auf heute knapp 280 Euro. Dadurch sind die Folgen des Strukturwandels in der Branche weniger dramatisch, als es zunächst scheint: So kauften die Deutschen 2013 zwar gut 13 Prozent weniger Kameras als im Vorjahr, doch der Branchenumsatz fiel nur um fünf Prozent.

Weil die Marge der teureren Kameras meist deutlich größer ist als bei den Billigmodellen für den Grabbeltisch im Elektronikmarkt, steigt bei vielen Herstellern sogar die Profitabilität. „Manchem Manager kommt die Entwicklung also durchaus gelegen“, sagt Ralf Spoerer, mit Ralfs-Foto-Bude.de einer der bekanntesten deutschen Fotoblogger.

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