Wenn es nach Apple und Google geht, könnten die erfassten Daten bald Teil eines großen Netzwerks sein. Im Juni stellte Apple das so genannte Health Kit vor, eine Sammlung von Schnittstellen, die von Entwicklern, mit denen externe Geräte mit iOS-Geräten wie iPhone und iPad gekoppelt werden können. Der Nutzer sieht die Daten dann in der Health-App. Ab Herbst sollen die Anwender davon profitieren können - dann erscheint iOS 8, das Health beinhaltet. Einen ähnlichen Ansatz bietet Google mit dem Programm Google Fit, das laut eigenen Angaben als offene Plattform gestaltet werden soll. Die ersten Partner wurden bereits angekündigt: Neben Hardwarepartnern wie HTC, LG und Intel sind Adidas, Nike und der Sportuhrenhersteller Polar mit von der Partie.
Aktuell ist der Markt vor allem auf die junge Generation ausgerichtet. Für das Gesundheitswesen könnten die neuen Ansätze eine kleine Revolution darstellen, sobald die integrierten Systeme den Massenmarkt erreichen - und genau das können die großen Anbieter schaffen, wenn die Umsetzung stimmt. Die Hardware ist dafür bereit: Smartphones verfügen über Bewegungssensoren und sind in der Lage, die erfassten Daten direkt zu verarbeiten So haben die meisten potentiellen Nutzer ihr Erfassungsgerät bereits in der Hosentasche und müssen für die meisten Anwendungsbereiche keine zusätzliche Hardware kaufen - das senkt die Einstiegshürde. Klaus Reinhardt, Vorstandsvorsitzender des Hartmannbundes, dem größten freuen Ärzteverband in Deutschland, sieht die technischen Möglichkeiten als eine willkommene Ergänzung zur medizinischen Versorgung: "Die erfassten Vitaldaten können dabei helfen, genauere Diagnosen zu stellen." Er räumt allerdings ein, dass solche Daten nur eine Ergänzung, keine Behandlungsgrundlage darstellen dürfen. So können zu Hause durchgeführte Blutdruckmessungen Anhaltspunkte für Gefäßkrankheiten geben, die über die normale ärztliche Versorgung nicht ohne Weiteres erkannt worden wären.
Unternehmen, die mittelfristig mit seinen Fitness- und Gesundheitsanwendungen im Markt bleiben wollen, müssen einen Nerv treffen und außergewöhnliche Ansätze finden. Ein Ansatzpunkt ist das Angebot von Communities. Klassische Beispiele sind die Anwendungen Runtastic und Runkeeper, bei der sportliche Aktivitäten per GPS aufgezeichnet und auf Wunsch live ins Netz gestellt werden können. Andere Nutzer können dort den Sportler unterwegs motivieren - fast so als wären sie mit auf der Strecke. Das motiviert und ist gut für das Ego. Ähnliche Ansätze gibt es im Ernährungsbereich: Die App Noom bringt Abnehmwillige zusammen und hilft ihnen dabei, sich gegenseitig zu regelmäßigen Mahlzeiten zu motivieren. Jahnke nutzt beispielsweise die Trainingsapp Endomondo: „Wenn ich ein wirklich gutes Training hingelegt habe, poste ich hin und wieder Screenshots von Endomondo in den sozialen Netzwerken.“
Doch was genau stellen die Appanbieter mit den Daten an? Die meisten nutzen sie, um Ernährungs- oder Trainingsempfehlungen zu erstellen - ohne Daten gibt es allerdings auch keine Tipps. So kommen nur jene Nutzer in den Genuss des vollen Funktionsumfangs, die bereit sind, ihre Daten einem Unternehmen offenzulegen. Bisher fehlt allen Apps aber etwas Wichtiges für den kompletten Überblick: medizinische Fachdaten, die zumindest in der EU aus datenschutzrechtlichen Gründen bei den Ärzten verbleiben. Für einen durchschnittlich gesunden Menschen wäre die Auflistung solcher Daten weniger gefährlich als für solche mit chronischen Krankheiten. Das Stichwort hier ist Big Data: Versicherungen und große Arbeitgeber könnten solche Daten von Händlern kaufen, um zu erfahren, welche Krankheiten und Risikofaktoren ein Kunde oder Mitarbeiter mit sich bringt.
An fehlenden Daten scheiterte 2008 das erste Projekt von Google, Google Health. Dabei sollte Nutzern ermöglicht werden, Daten verschiedener Anbieter an einem Ort zu sammeln. Im Januar 2012 wurde das Projekt eingestellt – mangels vorhandener Nutzerbasis. Googles neues Angebot Google Fit verzichtet jetzt auf den Ansatz, echte medizinische Daten zu nutzen, stattdessen will man sich auf Sport und Ernährung konzentrieren. Apple hingegen will gezielt in den Medizinmarkt einsteigen und hat hierfür auch schon starke Partner gefunden. Der mit Abstand wichtigste ist Epic Systems, ein Privatunternehmen, das etwa die Hälfte aller Patientendaten in den USA verwaltet. Ein Nachteil für die Mediziner ist die Menge der Daten. Nicht alle sind relevant für eine Diagnose, einige sind veraltet – und was passiert, wenn dem behandelnden Arzt anhand der Daten ein Behandlungsfehler geschieht, ist ebenfalls nicht klar. Reinhardt vom Hartmannbund sieht das weniger kritisch: "Ein Arzt sollte die Daten hinterfragen und sie nicht als Grundlage für eine Diagnose nutzen. Sie können lediglich einen Hinweis geben."