Grillt der Deutsche, kommen Kultur, Genuss und Liebhaberei zusammen. Rund eine halbe Million Bundesbürger greifen in der Sommerzeit mehrmals die Woche zur Grillzange – über 6,5 Millionen immerhin mehrmals monatlich. Das ergab die aktuelle Verbrauchs- und Medienanalyse (VuMA), in der Verwendungs- und Kaufverhalten der Deutschen untersucht werden.
Dabei wandelt sich die Grill-Mentalität derzeit so stark wie selten zuvor. Neue Geräte mit Hightech-Funktionen und passende Gadgets befördern den Grillrost ins Internet der Dinge und das Outdoorkochen auf ein neues Level.
„Bei vielen heißt Grillen noch simpel Würstchen grillen, aber das ist sicher nicht erschöpfend“, sagt Ebbo Christ, Geschäftsführer der German Barbecue Association (GBA), die jedes Jahr die deutschen Grillmeisterschaften ausrichtet. „Es hat eine gewisse Bewusstseinsveränderung stattgefunden. Denn jetzt sehen viele, was alles beim Grillen möglich ist.“
Die Grill-Methoden
Die sogenannte direkte Grillmethode ist der deutsche Klassiker. Die Temperaturen liegen hier bei 160 bis 300 Grad und das Grillgut landet direkt auf dem Rost über den glühenden Kohlen. Damit es richtig gar wird, wird mindestens ein Mal nach der halben Garzeit gewendet. Die liegt in der Regel bei etwa einer halben Stunde.
Das indirekte Grillen! Das heißt, das Grillgut liegt nicht über der Glut, sondern in der Regel in einer sogenannten Tropfschale, die manchmal sogar mit Flüssigkeit gefüllt wird. Das Feuer befindet sich dann zumeist um die Schale herum. Warme Luft und Rauch sorgen dafür, dass das Fleisch gar wird. Temperaturen liegen zwischen 90 und 200 Grad. So schnell wie beim direkten Grillen geht es deshalb natürlich nicht. Zwei bis fünf Stunden braucht das Fleisch – das ist dafür aber im Idealfall extrem saftig und weich – ein ganz anderes Grillerlebnis also.
Ähnlich wie beim Barbecue geht es hier um den Rauch. Der ist dabei zentral wichtig für den Geschmack und deshalb kommt es hier auch auf die Holzsorte an. Die Temperaturen liegen bei gerade einmal 60 bis 90 Grad und die Garzeit ist nichts mehr zum daneben sitzen: bis zu 24 Stunden!
Smart-Grills, heißen die Hightech-Geräte, mit denen Grillfirmen den deutschen Markt nun endgültig erobern wollen. Intelligente Programme und digitale Vernetzung machen sie zum Grillassistenten mit Insiderwissen. In den USA gibt es mitdenkende Grills schon länger, hierzulande sind sie als Kohle-, Gas- und Pellet-Grill seit vergangenem Jahr im Kommen.
Wenn der Grill durch den Garten funkt
Im Mai 2014 kam der erste deutsche Grill der Kategorie Hightech auf den Markt. Die Firma Grillson aus Hannover brüstete sich damit, den ersten App-Grill entwickelt zu haben. Die Idee dahinter: Das Gerät hat ein eingebautes WLAN-Modul, wodurch sich der Grill mit dem Smartphone verbindet und mit einer App kontrollieren und fernsteuern lässt.
So kommen Informationen etwa über Pumpendruck, Pellet-Stand und Temperatur direkt aufs mobile Endgerät. Die Temperatur des Grills - und dank eines zusätzlichen Thermometers auch des Fleisches – lassen sich mit dem Smartphone überwachen. „Jetzt kann man in Ruhe sein Bier zischen oder das Fußballspiel verfolgen, ohne dass einem das Grillgut verbrennt", sagt Grillson-Chef Dirk Luttermann. Praktischerweise reinigt sich er Grill nach dem Gebrauch automatisch. Nur selber essen müsse man noch, heißt es beim Familienunternehmen.
Wissenswertes rund um den Grill
1952 George Stephens ärgerte sich über seinen gemauerten Ziegelsteingrill. Weil er keinen Deckel hatte, war er bei schlechtem Wetter nicht zu benutzen. Außerdem wurde die Hitze ungleichmäßig verteilt und Steaks und Maiskolben waren entweder verkohlt oder noch roh. Stephens war Schweißer bei der Bojenfirma Weber Brothers Metal Works in Chicago. Er teilte schließlich eine Boje in zwei Hälften, versah den unteren Teil mit drei Beinen und verwendete den oberen als Deckel. Der Prototyp des Kugelgrills war geboren.
Kein Bier über das Grillgut schütten. Dadurch sinkt die Temperatur, der Garprozess wird gestört, das Grillgut wird durch aufgewirbelte Asche beschmutzt.
Grill nicht zu voll packen. Am besten eine Zone freilassen - darunter sollte auch keine Kohle liegen - damit man bereits fast gare Stücke zur Seite legen kann und indirekt fertig grillen kann.
Fleisch und Burger nicht hektisch hin- und herwenden. Dadurch bleibt unnötig viel knusprige Kruste am Grill kleben. Mit Geduld kommt man weiter - siehe Interview mit Grill-Guru Jamie Purviance - Autor von Weber's Grillbibel.
Ebbo Christ, Vizepräsident der German Barbecue Association, die jährlich die Grillweltmeisterschaften ausrichtet, rät: "Ab 100 Euro bekommt man einen passablen Holzkohlegrill, einen guten für 300 bis 500 Euro. Gasgeräte sind grundsätzlich teurer, ab etwa 170 Euro kann man mit ordentlicher Qualität rechnen."
Nein. Blindverkostungen haben gezeigt, dass die Probanden nicht unterscheiden konnten, ob das Fleisch von einem Elektro-, Gas-, oder Holzkohlegrill stammte.
Der Grillson ist zudem auch ein Multitalent, weil das Temperaturenspektrum zwischen 80 und 500 Grad liegt. Dadurch kann er vielfältig genutzt werden: als Smoker, Grill oder auch Pizzaofen.
Damit ist das deutsche Hightechmodell nicht alleine. Der Trend geht ganz klar zur vielfältigen Nutzung und zur großen Outdoor-Küche, sagt GBA-Chef Christ: „Auf einem guten Grillgerät kann man natürlich grillen, aber eben auch braten und kochen und hat vielfältige Garmöglichkeiten.“
Das hat jedoch seinen Preis: In der Luxus-Ausführung kostet der Holzpelletgrill „Bob Grillson 2014“ rund 3.700 Euro.
Deutsche zahlen fürs Grillen Milliarden
Solche Summen sind nicht allzu außergewöhnlich. Beim Grillen greifen viele Verbraucher tief in den Geldbeutel – egal ob es um Hightech oder Essensqualität geht. „Es herrscht ein Umdenken. Der Grill ist nicht nur eine Feuerstelle, sondern ein Spaßfaktor: Mit ihm kann ich ein richtig gutes Essen zubereiten und dafür bin ich durchaus dazu bereit etwas mehr Geld auszugeben“, sagt Grillexperte Christ.
Laut der Studie „Grillen in Deutschland“ gibt rund jeder Zehnte durchschnittlich mehr als 100 Euro für Grillgut und –zubehör pro Monat aus. Mit dem Grillen werden in Deutschland Milliarden gemacht.
Davon will auch Martin Unger einen Bissen. Der Österreicher hat den „Active Grill“ entwickelt, einen Kohlegrill, der per Touch und App bedient werden kann. „Mit unserer digitalen Unterstützung wird Kohlegrillen zum Kinderspiel“, verspricht Entwickler Unger. „Die Temperatureinstellungen sind von 80 bis 400 Grad einfach einzustellen und auf Knopfdruck kann zwischen direkter und indirekter Grillmethode gewählt werden.“
Über das Smartphone ist auch eine Fernüberwachung möglich. Während der Party kann also auch der Grillmeister so den vorheizenden Grill aus dem Auge lassen. Wird die gewünschte Temperatur erreicht, schlägt das Smartphone Alarm.
Der „Activegrill“ kommt mit innovativer Technik im Kern: Er enthält eine Vorrichtung, die „Heatflap“ genannt wird. Sie funktioniert wie ein Ventil und soll die benötigte Hitze exakt dosieren können. „Im Vordergrund stand immer, einen perfekten Kohlegrill zu entwickeln und kein Billigprodukt", sagt Unger.
Enstprechend stolz ist der Preis. Er liegt je nach Ausstattung zwischen 5.800 und 7.400 Euro.
Erst Holzpellets, dann Kohle, jetzt auch Gas
Brandneu kommt in diesem Sommer der „Smart Grill“ vom US-Hersteller Lynx auf den Markt. Optisch mutet er wie ein ganz normaler Gasgrill an. Aber für rund 8.500 Euro hat auch dieses Modell deutlich mehr zu bieten: Der Grill hat eine WLAN-Funktion und sendet eine Push-Mitteilung aufs Smartphone sobald das Fleisch auf dem Rost gar ist.
Zudem lässt er sich per Sprachsteuerung bedienen. Er gilt damit als der erste Gasgrill, der ebenfalls mit einer intelligenten Steuerung funktionieren.
Tipps für gutes Grillvergnügen
Worauf der eingefleischte Grillfan grillt, ist Geschmackssache: offenes Holzkohlefeuer, Gas oder Elektro. Während die Kohle dem Fleisch den typischen Geschmack verleiht, haben Gas- und Elektrogeräte eine kurze Vorheizzeit. Zudem entstehen durch den fehlenden Rauch weniger krebserregende Stoffe und keine Asche. Bei Einweg-Grills sollte man bedenken: Sie sind hinterher komplett Abfall. Um sich vor fiesen Fettspritzern zu schützen, sind eine lange Grillzange, Schürze und Handschuhe zudem sinnvoll.
Grundsätzlich braucht jeder Grill eine stabile, feste und sichere Grundlage. Wackelt er, steht er nicht richtig. Bei Holzkohlegrills gilt zudem zu beachten, dass sie niemals in geschlossenen Räumen – auch nicht mit offenen Fenstern und Türen – angezündet werden.
Lediglich Holzkohle- oder briketts sind angebrachtes Brennmaterial. Altpapier und auch Holz können giftige Gase entwickeln und sich durch den Rauch auf das Grillgut legen – deshalb ist Vorsicht geboten! Bei Holzkohle und –briketts muss die Kohle ordentlich durchglühen. Liegt eine weiße Ascheschicht auf der Kohle und steigt kein Rauch mehr auf, ist der richtige Moment, um Fleisch, Fisch oder Gemüse auf den Grillrost zu legen. Alufolie oder Grillschalen können zudem verhindern, dass Fett auf die Glut oder Heizschlange tropft.
Gepökeltes Fleisch gehört nicht auf den Grill. Dafür sind Lende, Geflügelschnitzel, Nackenkoteletts und Steaks sehr gut geeignet, denn was mager ist, passt ideal auf den Grill. Wer auf Fisch steht, der sollte zu Thunfisch, Forelle oder Lachs greifen – sie eignen sich besonders gut.
Salate, Gemüse-Sticks mit Dips, Folienkartoffeln und Brot sind perfekte Ergänzungen zum Gegrillten. Für Vegetarier und Veganer gibt es zudem viel Gemüse und Früchte, die sich perfekt zum Grillen eignen: etwa Cocktailtomaten, Fenchel, Kürbis, Zucchini, Auberginen, Fenchel, Spargel, Maiskolben, Paprika, Zwiebeln oder Champignons sowie Birnen, Bananen, Äpfel, Pfirsiche, oder Aprikosen, Ananas und Mangos.
Salzen immer erst nach dem Grillen – egal ob Fisch, Fleisch oder Gemüse. Der Grund: Das Grillgut verliert sonst Wasser, worunter wiederum der Geschmack leidet. Wer auf würzige Marinaden steht, sollte diese idealerweise selber machen – so kann man zum einen die Qualität von Fisch und Fleisch besser bewerten und geht sicher, dass es sie keine Zusatzstoffe enthalten. Mariniert werden, sollte das Fleisch übrigens mindestens eine Stunde vor dem Grillen – je dicker das Fleisch desto länger.
Damit gibt es - egal, ob man der Kohle-, Holz- oder Gasgrill-Typ ist - für alle Geschmäcker das fast vollautomatische Grillvergnügen in Form eines Smart-Grills. Technisch seien die Geräte häufig auch einwandfrei und so sehr vieles möglich, so Grillmeister Christ, „viele Leute sagen aber auch, dass sie schon noch selbst Hand anlegen wollen - bitte nicht zu viel Automatik!“
Grill-Gadgets
Trotzdem treffen die Grills einen Nerv der Zeit – sie sind modern, hipp, interessant – und ein bisschen Spielerei. Ebenso wie viele Gadgets, die immer mehr Grillshops erobern und preislich deutlich erschwinglicher sind als die Hightech-Grillanlagen.
Ein Beispiel dafür ist der iGrill – ein intelligentes Bluetooth-Thermometer, das per Funk aufs Smartphone meldet, wenn das kontrollierte Fleisch gar ist. Für diese Funktion muss es also gar nicht direkt der neue Grill sein. Ganz preiswert ist das Produkt aber immer noch nicht – für das US-Modell sind rund 75 Euro fällig.
Es gibt aber auch vergleichbare europäische Modelle, die schon für ab 25 Euro zu haben sind – etwa den Ultranatura BBiQ oder das oneConcept Meatmaster. Sie alle kommen mit Thermometer, Bluetooth und App.
Ein Grill-Thermometer im Großformat ist das CyberQWiFi für das knapp 200 Euro. Damit lässt sich gleich die ganze Großfamilie versorgen, denn drei Grillauflagen kann das Gerät gleichzeitig im Blick haben. Der WLAN-fähige Grillserver funktioniert erstmal nach dem gleichen Prinzip wie der iGrill: Die Temperatur des Fleischs wird kontrolliert, sodass die Gasflamme beizeiten reduziert werden kann, damit das Fleisch schön gar wird.
Apps zum Grillen und innovative Ideen
Grill-Puristen stehen den Helferchen freilich skeptisch gegenüber. „Manche nutzen es eher als Gaudi, weil sie es schlichtweg lustig finden auf dem Handy die Grillfleisch-Temperatur angezeigt zu bekommen“, schätzt Christ. Er bestreitet nicht den Sinn der Geräte - schließlich seien Fleischthermometer gängiges Zubehör, aber die digitale Vernetzung kommt zumindest diesem Grillexperten nicht aufs Rost.
Für das leckere Grillvergnügen ist auch ein Blick auf Grill-Apps lohnenswert. Gute Rezepte empfiehlt etwa der Klassiker unter den Grillrezepten: die App „Weber’s On the Grill“ für 4,49 Euro. Dafür gibt es viele Tipps und Tricks sowie ebenfalls einen Grill-Zeitmesser – für alle, denen die Smartgrills doch eine Spur zu teuer sind.
Der Deutsche Grillsportverein hat ebenfalls eine App für rund einen Euro herausgebracht, die rund 5.300 Grillrezepte liefert – einen Versuch mal so etwas Neues zu probieren wäre es also wert.
Grillen mit Sonnenkraft
Und wer auch beim Anfeuern auf eine innovative Methode setzen will, der sollte zudem Solargrills auf dem Schirm haben. Denn auch mit der Kraft der Sonne sollen Steaks und Würstchen heute gut gegrillt werden können.
So wurde etwa durch die Crowdfunding-Plattform Kickstarter der Solsource-Grill finanziert, der ohne zusätzliche Energie auskommt. Mithilfe einer Metallschüssel werden die Sonnenstrahlen gesammelt, gebündelt und gezielt auf eine pfannengroße Grillfläche gesteuert. Zehn Minuten braucht es laut Solsource, um so einen Liter Wasser zu erhitzen.
Das Wiener Startup Sunsausage hat einen faltbaren Solarkocher auf den Markt gebracht, der ebenfalls mit einem Parabolspiegel Sonnenlichte bündelt. Binnen fünf Minuten soll das schon eine Temperatur von 300 Grad bringen.
Ob Gas, Kohle oder Sonne – der Trend beim Grillen zeigt vor allem eines: Die Ansprüche werden höher. Auch wenn es nicht unbedingt gleich die volle Ausrüstung für eine Outdoor-Küche sein muss, kaufen die Deutschen hochwertiger und qualitativer ein. „Insgesamt zeigt sich, dass die Geräte wertiger werden und mehr nennenswerte Modelle und Marken auf dem Markt sind als es etwa vor 15 Jahren der Fall war“, so Christ.
Grillen befindet sich im Imagewandel und mit Smart-Grills und Smartphone-Applikationen bahnt sich auch die Grillwurst den Weg ins Internet der Dinge.