Die großen Kasinos am Las Vegas Strip sind rund 30 Minuten mit dem Bus entfernt. In der Wüste nördlich der Spielermetropole, direkt neben einer gigantischen Solaranlage des örtlichen Energieversorgers Nevada Power, wird trotzdem groß gewettet. Nicht auf die richtige Zahl, sondern auf die Zukunft des Bahn- und Güterverkehrs. Hier befindet sich die weltweit erste Teststrecke für den Hyperloop – jene ultraschnelle Magnetbahn, die Passagiere und Fracht in einer nahezu luftleer gepumpten Röhre mit Überschallgeschwindigkeit zwischen Metropolen befördern soll.
Multi-Unternehmer Elon Musk hatte die Idee im August 2013 via Internet angestoßen. In einem 58-seitigen Papier legte der gebürtige Südafrikaner damals sein Konzept einer Magnetbahn in Röhren dar, „einer Mischung aus Concorde, Schienenkanone und Airhockey-Tisch“. Die Reisezeit zwischen den 640 Kilometer voneinander entfernten kalifornischen Metropolen San Francisco und Los Angeles könnte sich so auf 35 Minuten verkürzen lassen, warb Musk.
Zuvor hatte er sich über die traditionelle Hochgeschwindigkeitstrasse geärgert, die der Staat Kalifornien derzeit zwischen der Landeshauptstadt Sacramento, San Francisco und Los Angeles errichtet. 2029 soll sie in Betrieb gehen. Musk hält das mindestens 64 Milliarden Dollar teure Vorhaben heute schon für gigantische Geldverschwendung, für „zu langsam und zu teuer“. Es würde für die gleiche Strecke die Vierfache Zeit benötigen. Laut Musks Berechnungen würde sein Hyperloop mit sechs Milliarden Dollar zudem nur ein Zehntel kosten.
Selber umsetzen wollte der Workaholic seinen Gegenentwurf „aus Zeit- und Kapazitätsgründen“ nicht, forderte aber andere auf. Angesprochen fühlte sich einer von Musks eigenen Leuten, der Maschinenbauingenieur Brogan BamBrogan. Zuvor hatte er Musk fast zehn Jahre lang bei dessen Weltraum-Start-up SpaceX geholfen, wiederverwendbare Raketen zu konstruieren. Sowie der gebürtige Deutsche Dirk Ahlborn, der via Internet lose Experten aus aller Welt mit dem Versprechen einer interessanten Aufgabe und Aktienoptionen um sich geschart hat und mit seinem Start-up Hyperloop Transportation Technologies nicht nur den Hyperloop, sondern gleich eine ganz neue Unternehmensorganisation etablieren will.
Hyperloop One macht Tempo
BamBrogan drückt aufs Tempo. Am Mittwochvormittag steht der Ingenieur breit grinsend in zerschlissenen Jeans, Turnschuhen, blauem Hemd und zerzausten Haaren auf einem Podium vor der Testanlage in der Wüste von Nevada, vor ihm eine Bühne mit rund 200 Journalisten und Vertretern von Zulieferern. Hinter dem Gründer ist auf einer Anhöhe ein klassisches Gleis mit 300 Metern Länge installiert, das seit Dezember in Windeseile hochgezogen wurde. „Das ist ein großer Tag“, jubelt BamBrogan als der 680 Kilogramm schwere Schlitten in Stellung gebracht wird.
Fakten zum Hyperloop
Elon Musk schrieb schon als Kind Computerprogramme. Ein Physikstudium brach er ab, um seine erste Firma zu gründen: Zip2. Eine andere Gründung entwickelte Paypal - 2002 übernahm Ebay das Unternehmen. 2002 gründete er das private Weltraumunternehmen SpaceX. Ein Jahr später entstand Tesla Motors.
Die Idee kam von Elon Musk - bauen sollen den Hyperloop aber andere. Aktuell gibt es zwei Unternehmen, die am Hyperloop arbeiten: Hyperloop Transportation Technologies und Hyperloop Technologies.
Hinter dem Hyperloop-Konzept steckt die Idee für ein neues Hochgeschwindigkeitstransportsystem. Bis zu 28 Passagiere können in einer Art Kapsel Platz nehmen, die dann auf einem Luftpolster durch Röhren mit bis zu 1220 Stundenkilometern schießt. In den Röhren, die von Stelzen getragen werden, herrscht ein äußerst geringer Luftwiderstand, ein Fast-Vakuum. Die Kapseln werden aber von Elektromotoren angetrieben. Der dazu notwendige Strom soll aus Solarpanels kommen.
Als Maskottchen und Insider-Scherz ist ein Unicorn-Kopf auf ihm befestigt. Als Unicorns – Einhörner – werden im Silicon Valley Start-ups bezeichnet, die mindestens eine Milliarde Dollar wert sind. Der Countdown zählt von zehn herunter. Über sogenannte Statoren am Anfang des Gleises wird der Schlitten via magnetischer Energie auf bis zu 300 Stundenkilometer beschleunigt, um dann drei Sekunden später schließlich in eine Sandbarriere abzubremsen. All das unter freiem Himmel. Wäre die Strecke länger, hätten unter diesen Bedingungen knapp 700 Stundenkilometer erreicht werden können.
„Es geht darum, den Antrieb zu testen“, erklärt Knut Sauer. Der gebürtige Dresdner ist für die weltweite Geschäftsentwicklung des Start-ups zuständig.
Bis Ende des Jahres soll der Schlitten in eine 3,5 Kilometer lange Röhre gepackt werden, aus der die Luft herausgepumpt wird. Dann soll er praktisch ohne großen Reibungswiderstand auf bis zu 1200 Stundenkilometer beschleunigen. Die meiste Energie geht beim Anschub drauf, danach gleitet der Zug. „Es ist ähnlich wie bei einem Flieger, der beschleunigt wird, um auf Reisegeschwindigkeit zu kommen“, erklärt BamBrogan.
Um seinen Führungsanspruch zu untermauern, hat sich das Start-up gerade von Hyperloop Technologies in Hyperloop One umbenannt. 120 Millionen Dollar hat das Startup für sein Hyperloop-Projekt bereits von Investoren aus dem Silicon Valley eingesammelt. Als Mitgründer hat BamBrogan Finanzier Shervin Pishevar an Bord genommen, einer der ersten Investoren in den Transportdienstleister Uber.
Gerade sind die französische Eisenbahngesellschaft SNCF, der Investmentarm von General Electric sowie der Silicon Valley Wagnisfinanzier Koshla Ventures als Investoren hinzugekommen.
Außerdem hat Hyperloop One einen Wettbewerb gestartet, bei dem Unternehmer und Infrastrukturentwickler weltweit Vorschläge einreichen sollen, wie der Schnellzug in ihrer Region genutzt werden könnte.