Intelligente Kleidung Fünf Trends, die unsere Textilien revolutionieren

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Muskelunterstützung und Merinowolle

2. Trend: Kampf gegen Schmerzen

Ein Schritt, eine Drehung, dann schlägt der stechende Schmerz ein wie ein Blitz. Aus Angst davor meiden Patienten mit Rücken- oder Kniebeschwerden die kleinste Bewegung oder intensiven Sport, viele schlucken Medikamente.

Die Brüder Tobias und Johannes Weigl, Gründer der Bonner Medizintechnikfirma Bomedus, glauben, einen alternativen Weg gefunden zu haben: Strom soll die Schmerzen erträglicher machen. Sie bieten ein textiles Band an, das aussieht wie ein überdimensionaler Gürtel und an der betroffenen Stelle angelegt wird.

Das Besondere daran sind textile Elektroden, die das Unternehmen auf der Grundlage von Erkenntnissen des Textilforschungsinstituts Thüringen-Vogtland (TITV) in Greiz zusammen mit dem Universitätsklinikum Bonn entwickelt hat. Es verwebt dazu leitfähiges Kunstfasergarn, das aus silberbeschichteten Polyamidfäden besteht, zu Punkten. Die senden elektrische Impulse an die betroffenen Nerven, die Neuronen feuern daraufhin Signale ans Gehirn. Der neue Reiz lässt die gespeicherten Schmerzen etwa von einem Bandscheibenvorfall vergessen, erklärt Tobias Weigl. Patienten berichten, durch die Behandlung seien ihre chronisch stechenden Schmerzen zwar nicht verschwunden, allerdings immerhin gedämpft. Die elektronischen Impulse fühlten sich so ähnlich an wie leichte Nadelstiche.

Alltagstipps für einen starken Rücken

500 Euro kostet das Band, knapp 500 Patienten haben es gekauft. Fast allen scheine es zu helfen, sagt Bomedus-Forschungsleiter Christian Haberlandt, denn nur wenige geben es wieder zurück. Eine geplante Studie des Uniklinikums Bonn soll nun die Wirksamkeit unter kontrollierten Bedingungen zeigen. Diejenigen seiner Patienten, die das Band getestet hätten, berichteten von guten Erfahrungen, sagt Axel Hans, ein Bonner Orthopäde. „Aber man darf auch nicht erwarten, dass das Tragen eines Gürtels alle Beschwerden heilt.“

3. Trend: Zurück zur Natur

Was waren sie lange verpönt, Omas gestrickte Wandersocken und Jacken aus kratziger Schafswolle. Ob für eine schweißtreibende Skitour oder einen ruhigen Spaziergang um den See – lieber rüstete sich der moderne Mensch mit Kleidung aus geschmeidigen Mikrofasern und atmungsaktiven Gore-Tex-Membranen aus.

Inzwischen haben Hersteller ihren Kunden aber wieder Naturfasern wie Merinowolle nahegebracht. Denn die haben ihre Vorteile: Sie halten besser warm und sind geruchsneutral, anders als viele Kunstfasern. Ein erster Anbieter war die neuseeländische Outdoor-Marke Icebreaker, die derartige Funktionswäsche und andere Kleidungsstücke mittlerweile millionenfach verkauft. Auch deutsche Hersteller wie der Taufkirchener Sportausrüster Ortovox setzen darauf.

Heute entwickeln die Anbieter die Gewebe immer weiter – indem sie Wolle mit anderen Materialien kombinieren. Etwa ummanteln sie Nylonkerne mit Merinofasern, um dünne T-Shirt-Stoffe robuster zu machen. Oder verweben die Wolle mit Eukalyptusholz, was kühlend wirken soll. „Heute sind Fasermischungen sehr viel beliebter als früher“, sagt Karola Schäfer, Projektleiterin am Aachener DWI Leibniz-Institut für Interaktive Materialien. Bei besonders beanspruchten Produkten wie Socken, berichtet Markus Krüger, Produktmanager beim österreichischen Garnhersteller Schoeller, mischt er für seine Kunden auch schon mal 10 bis 20 Prozent des Kunststoffs Polyamid hinzu – sonst gibt es Löcher in der zarten Socke aus Merinowolle.

Die Klamotten aus Naturfasern sind nicht billig: So kostet ein schlichtes Damentanktop schon mal knapp 90 Euro – dafür soll es die Träger auch bei sommerlichen Temperaturen fit halten. Die Eigenschaften der Wolle vom Merinoschaf haben viele Sportler überzeugt: Im Gegensatz zu der anderer Rassen ist sie sehr viel feiner und kratzt daher nicht, erklärt Krüger. Sie ist atmungsaktiv, temperaturregulierend und trocknet schnell. Wer nach einer schweißtreibenden Bergtour auf dem Gipfel sitzt, muss also nicht fürchten, auszukühlen. Und da die Wolle antibakteriell wirkt, müffeln die Füße auch nach einer Sechsstundentour nicht.

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