Interview Richard Mille "Unsere Uhren sind nicht Bling-Bling"

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"Wir sind nicht in Eile"

In dem dann nichts passiert. Sie betreiben 40 Boutiquen. Bei 4000 Uhren Jahresproduktion kann jede Boutique zehn Stück haben, pro Monat eine verkaufen und zwei Monate zusperren!

Das ist so. Es gibt Tage, da verkauft eine Boutique keine einzige Uhr – aber jede der Boutiquen ist profitabel. Ohne Mehrwertsteuer kostet eine Uhr von uns im Schnitt 180.000 Euro. Das ist kein Geheimnis. Seit Beginn des Jahres bis zum Frühjahr haben wir allein in der Londoner Boutique mehr als 30 Stück verkauft. Bis zum Ende des Jahres sollten es zwischen 120 bis 150 Stück sein.

Verwirrende Vielfalt. Das Modell RM50-02 ist bunt und teuer: 1.116.000 Euro. Quelle: PR

London ist ein Hot Spot für Touristen, reiche Menschen aus aller Welt. Ist das nicht die gleiche Zielgruppe wie in Deutschland? Kannibalisieren Sie nicht Ihre Geschäfte mit dem reisenden Millionärs-Jetset?

Ganz und gar nicht. Wir verkaufen hier natürlich jedem eine Uhr, der eine haben möchte. Aber in Deutschland interessiert mich vor allem der deutsche Kunde. Vielleicht werden wir auch nach Düsseldorf, Hamburg und Frankfurt kommen. Das braucht seine Zeit. Wir sind nicht in Eile.

Ihr Cash-Flow muss beruhigend sein.

Wir beschweren uns nicht. Ich bin gerne kreativ, aber ich bin kein Dichter. Wir sind hier, um Geschäfte zu machen. Und unsere Produkte müssen erklärt werden.

Wie zum Beispiel, dass keines Ihrer durchnummerierten Modelle eine 4 voran trägt?

Die Vier ist eine Unglückszahl in Asien. Sie steht in China für Tod.

China, sagten sie vor einiger Zeit, ist für sie gar nicht so wichtig. Ist das der Grund, warum sie dem Absatzeinbruch der Industrie entgehen?

Ich war sehr vorsichtig, dort groß einzusteigen. Und ich habe die gleiche Philosophie für den russischen Markt. Jeder hat mir vor dem Jahr 2008 gesagt, ich müsse da unbedingt hin. Die Kollegen aus den Konzernen runzelten mit der Stirn, dass ich den Anteil des Marktes China nicht über fünf Prozent schieben wollte. Ich sagte: „Nicht in meinem Alter. Da ist man lieber vorsichtig.“ Ich bereue das nicht.

Was den Deutschen beim Online-Luxus-Kauf wichtig ist

Ist Verteilung der Schlüssel Ihres Erfolgs?

Ja, und es zeigt, dass mein Hirn zwei Seiten hat, die kreative mit verrückten Ideen und die kaufmännische, die sehr geerdet ist. Dazu gehörte auch, sich von Beginn an nicht auf einige wenige vermeintlich starke Märkte zu konzentrieren. Ich liebe das Gefühl, abgesichert zu sein.

Wie sieht der typische Kunde einer Uhr für Preise bis zu zwei Millionen Euro aus?

Unsere Kunden sind meist sehr gebildete Menschen, die einen langen Weg mit Luxusuhren hinter sich haben. Sie haben Uhren von allen Marken und sie kennen sich aus. Viele sind Sammler. Und: Sie brauchen keine soziale Anerkennung durch Statussymbole.

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