Wenn der Marktführer einer Branche eine neue Version seines beliebtesten Produkts in den Handel bringt, dann dürfen die möglichen Käufer und nicht zuletzt die Mitbewerber gespannt sein. Pünktlich zur Frankfurter Buchmesse hat Amazon eine neue Version des erstmals 2012 erschienenen Kindle Paperwhite vorgestellt. Für 129 Euro kann man den neuen Kinder mit dem 6-Zoll-Display (15,2 Zentimeter, 16 Graustufen) bestellen.
Die neuen Features
Optimiert wurde in erster Linie das Display. Es soll noch bessere Kontraste bringen und das Licht noch gleichmäßiger streuen. Der Prozessor ist laut Amazon um 25 Prozent schneller geworden, so dass Bücher sich schneller öffnen lassen und die Seiten beim Blättern flüssiger wechseln.
Praktisch für Nutzer, die beispielsweise englischsprachige Bücher lesen und immer wieder Wörter nachschlagen müssen, ist der Vokabeltrainer. Alle Wörter, die man nachgeschlagen hat, tauchen dann in einer Liste auf und lassen sich später über virtuelle Karteikarten üben.
Amazon Kindle Paperwhite: Gelungener Nachfolger
Auch für Leser, die gerne in Büchern blättern, gibt es eine passende Funktion. Mit der Funktion Pageflip blättert man zu anderen Seiten und kehrt dann mühelos auf die zuletzt gelesene Seite zurück. Dazu tippt man an den oberen Rand des Kindle, um das Menü zu öffnen. Dann tippt man am unteren Rand auf einem Balken auf den Bereich des Buches, in den man gerne hineinblättern möchte. Nun öffnet sich ein Fenster mit der jeweiligen Seite. Tippt man auf das X an der oberen rechten Ecke des Fensters, kehrt die Anzeige zurück zur Seite, die man zuletzt gelesen hatte. So richtiges Lesevergnügen kommt dabei allerdings nicht auf, denn das erwähnte Fenster ist denn doch recht klein geraten.
Eine weitere Funktion namens Smart-Lookup dient zum schnellen Nachschlagen. Man tippt auf ein Wort, lässt den Finger ein zwei Sekunden stehen, dann öffnet sich ein Fenster, in dem eine Worterklärung angezeigt oder – bei aktiviertem WLAN – im Onlinelexikon Wikipedia nachgeschlagen wird.
Die E-Books holt sich der Kindle Paperwhite direkt aus dem Amazon-Shop, sofern die WLAN-Verbindung aktiv ist. Die 3G-Version des Readers stellt die Verbindung auch über die Mobilfunkleitung her, die Kosten dafür trägt Amazon. Der 3G-taugliche Reader ist aber mit 189 Euro erheblich teurer.
Exzellentes Display
Beim Display hat Amazon nicht zu viel versprochen. Es ist schon verblüffend, wie nahe das Display des neuen Kindle an die Qualität einer gedruckten Buchseite herankommt. Die Buchstaben erscheinen scharf umrissen und satt, der Hintergrund ist mattweiß, und das leicht angeraute Display spiegelt nicht. Egal aus welchem Blickwinkel man draufsieht, die Texte sehen immer gut aus.
Ein typisches Problem vieler E-Book-Reader kann aber auch Amazon nicht abstellen: Das Schwarz-Weiß-Flackern des Displays, das beim Umblättern sporadisch und beim Aufrufen und Navigieren durch Menüs sehr häufig auftritt. Dabei wird die Anzeige für den Bruchteil einer Sekunde schwarz und die Schrift weiß, dann erst wird der Hintergrund wieder weiß und die Buchstaben schwarz. Das ist vor allem beim Aufrufen von Menüs und Optionen recht lästig.
Nur der Amazon-Onlineshop nutzbar
Gut gelungen ist die Beleuchtung. Das Licht wird so geschickt und gleichmäßig über das Display gestreut, dass die eigentliche Lichtquelle nicht mehr feststellbar ist. Daneben kann man die Helligkeit auch in sehr feinen Stufen regeln. Wünschenswert wäre allenfalls noch ein Sensor, der die einmal eingestellte Helligkeit automatisch an das jeweilige Umgebung Licht anpasst.
Das insgesamt sehr augenfreundliche Display ist denn auch das Hauptargument für den Umstieg auf das neue Gerät. Die oben erwähnten neuen Funktionen funktionieren tadellos und sind durchaus praktisch, aber kein zwingendes Kaufargument.
Bewährte Funktionen vom Vorgänger
Die bereits vom Vorgänger her bekannten und bewährten Features hat Amazon beibehalten. So beispielsweise Whispersync, das die letzte Lesestelle sowie eventuelle Anmerkungen und Lesezeichen in der Amazon-Cloud speichert und mit – soweit vorhanden – anderen Lesegeräten synchronisiert.
Die Leihbücherei gibt's Amazon Prime-Mitgliedern die Möglichkeit, jeden Monat einen Titel kostenlos auszuleihen. Für Leser von Fachbüchern ist sicherlich die automatische Aktualisierung interessant. Wenn diese aktiviert ist, wird der Inhalt automatisch aktualisiert, sobald eine neue Version vorliegt.
Wie auch beim Vorgängermodell und dem Onlineshop gilt: In Sachen Bedienkomfort macht Amazon keiner was vor. Ähnlich wie Apple beherrscht Amazon die Kunst, dem Anwender genau die Features anzubieten, die sinnvoll sind und auf alle anderen zu verzichten. Und die Bedienoberfläche des Kindle ist so logisch aufgebaut, dass man sich schnell zurechtfindet.
Fairerweise sollte man hinzufügen, dass Reader wie der Tolino Shine in dieser Hinsicht auch nicht schlechter sind.
Fazit: Sehr guter Reader, aber nur für Amazon
Der neue Kindle Paperwhite überzeugt vor allem durch sein hervorragendes, augenfreundliches Display. Die Beleuchtung lässt sich sehr fein einstellen und erlaubt auch bei Nacht bequemes Lesen.
Gegen den Kindle spricht eigentlich nur ein, aber ein gewichtiges Argument. Da Amazon den offenen E-Book-Standard EPUB nicht unterstützt, ist der Kindle-Leser auf das Angebot in Amazons Onlineshop festgelegt. In anderen Online-Buchläden kann man mit dem Kindle nicht einkaufen. Rein praktisch ist das kein Problem, denn das Angebot bei Amazon ist bekanntlich riesengroß. Immerhin unterstützt das Gerät die Formate TXT und PDF sowie Microsofts DOC.
Die gegenüber der Vorgängerversion neuen Features sind durchaus sinnvoll, aber kein zwingendes Kaufargument. Gegenüber den Mitbewerbern kann der Kindle seine Stellung behaupten, der Vorsprung in Sachen Qualität und Bedienerfreundlichkeit ist jedoch nicht größer geworden.