Patentstreit Motorola kann iPhone und iPad stoppen

Motorola hat in Mannheim einen wichtigen Sieg gegen Apple errungen und könnte nun einen Verkaufsstopp für mobile Apple-Geräte in Deutschland erzwingen. Auch in anderen Ländern kassierte Apple Niederlagen, in China verlor das Unternehmen sogar die Namensrechte am iPad.

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Urteilsspruch aus Mannheim: Herber Rückschlag für Apple. Quelle: dapd

Das Urteil der 7. Zivilkammer am Landgericht Mannheim gegen Apple klingt heftig: „Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mobile Geräte anzubieten“. Jedenfalls wenn diese bestimmte Verfahren zur Übertragung eines Kommunikationssignals nutzen, die auf einem Motorola-Patent beruhen. Was sehr technisch klingt, ist ein herber Rückschlag für Apple. Denn das europäische Patent mit der Nummer 1010336 B1 gehört zum Grundstock des GPRS-Datenfunkstandards. Es betrifft alle Geräte vom ersten iPhone bis zum iPad2 3G, nur das zuletzt erschienene iPhone 4S ist in der Entscheidung nicht explizit erwähnt, doch es dürfte ebenfalls die Motorola-Technik nutzen.  

Es dürfte für Apple schwierig sein, um die Nutzung der Technologie herumzukommen. Das Unternehmen versucht daher bereits, sich mit einer Lizensierung bei Motorola aus der Affäre zu ziehen. Doch da Apple gleichzeitig gegen die Gültigkeit des Patents zu Felde zieht und auch Rückwirkend hohe Schadenersatzzahlungen im Raum stehen, konnten sich die Unternehmen noch nicht auf die Modalitäten einigen.

Doch auch das wäre ein großer Erfolg für Motorola und damit Google und das Android-Lager. Denn die Lizenzkosten können schnell in die Millionen gehen und werden zudem als Faustpfand und Tauschmittel bei Klagen der Gegenseite verwandt. Google ist gerade dabei, Motorola für 12,5 Milliarden Dollar zu übernehmen, um mit den Patenten des Mobilfunk-Pioniers sein Smartphone-Betriebssystem Android besser gegen Angriffe von Rivalen wie Apple und Microsoft schützen zu können.

Verkaufsstopp zunächst unwahrscheinlich 

Daher ist es unwahrscheinlich, dass Motorola nun auf einen tatsächlichen Verkaufsstopp von Apple-Produkten drängt. Gegen eine Sicherheitsleistung von 100 Millionen Euro kann das Unternehmen das Urteil vollstrecken. Sollte Apple in einer späteren Instanz Recht bekommen, müsste es jedoch Schadensersatz leisten. Ursprünglich hatte Apple zwei Milliarden Euro als Sicherheit beantragt.

„Apple wird wahrscheinlich vor die nächst höhere Instanz in Karlsruhe ziehen und könnte bis zur dortigen Klärung eine Aussetzung der Vollstreckung beantragen“, erklärt der Patentexperte Florian Müller, der das Urteil in seinem Blog veröffentlichte. Apple kündigte umgehend rechtliche Schritte gegen das Urteil an und erklärte: „Beim Weihnachtseinkauf in Deutschland sollte es kein Problem geben, das iPad oder iPhone zu bekommen, das die Kunden wünschen.“

Apple verliert iPad-Namensrechte

Vor allem Apple und Samsung streiten vor zahlreichen Gerichten: Hier liegt ein Samsung Tablet-PC

Bislang war es Apple, dass die Konkurrenten mit Klagen überzog und dabei viele Erfolge erzielte. So setzte das Unternehmen in Deutschland einen Verkaufsstopp für Samsungs iPad-Konkurrenten, das Galaxy Tab durch. Doch auch im Dauerstreit mit den Koreanern musste Apple nun einige Schlappen einstecken: In Australien darf Samsungs Tablet Galaxy Tab 10.1 nun doch in den Handel, nachdem Apples Berufung gegen die Aufhebung eines vorläufigen Verkaufsstopps am Freitag abgeschmettert wurde.

In Frankreich scheiterte Samsung am Donnerstag mit dem Versuch, den Verkauf von Apples neuem iPhone 4S zu stoppen. In Kalifornien reichte Apple Berufung gegen das Urteil von vergangener Woche ein, in dem eine Einstweilige Verfügung abgelehnt worden war. Die zuständige Richterin im Gericht der Ersten Instanz hatte keine ausreichende Grundlage für einen vorläufigen Verkaufsstopp gesehen. Apple wirft Samsung in dem Verfahren vor, Design und Touchscreen-Bedienung des iPhones und des iPad-Tablets kopiert zu haben. Die Hauptverhandlung ist für kommenden Sommer angesetzt.

Das Verfahren im wichtigen US-Markt ist ein zentraler Schauplatz des Streits. Australien, wo das Verfahren schon etwas weiter ist, gibt dafür so etwas wie einen Testfall ab. Dort war der Verkauf des Samsung-Tablets zunächst im Herbst per Einstweiliger Verfügung gestoppt worden, vor wenigen Tagen wurde er jedoch von einem Berufungsgericht wieder aufgehoben. Apple legte umgehend Wiederspruch dagegen ein, was das Galaxy-Tablet wieder aufs Eis legte. Nun wurde auch der Widerspruch gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts abgelehnt. Samsung kündigte umgehend an, die Geräte kämen noch rechtzeitig für das Weihnachtsgeschäft in die Läden. Samsung wirft Apple im Gegenzug in mehreren Ländern - darunter auch in Deutschland - die Verletzung von Technik-Patenten für den Mobilfunk-Standard UMTS vor. Sie wollen Apple dort treffen, wo es am meisten schmerzen würde: Beim neuen iPhone 4S.

In Frankreich scheiterten die Südkoreaner jetzt mit einer ersten Attacke gegen das neue Apple-Smartphone, ein Gericht lehnte ein vorläufiges Verkaufsverbot ab. Apple verteidigt sich damit, dass die von Samsung ins Feld geführten zwei UMTS-Patente bereits vom Chip-Lieferanten Qualcomm ordnungsgemäß lizenziert worden seien. Aus dem Pariser Urteil geht auch erstmals hervor, dass Apple die Südkoreaner im Juni wegen sechs weiterer Patente vor dem Landgericht Mannheim verklagt hat.

Apple verliert Namensrechte für iPad in China

Zudem hat Apple auf dem Zukunftsmarkt China im Streit um die Marke „iPad“ Niederlage kassiert, die noch teuer werden könnte. Ein Gericht in der südchinesischen Stadt Shenzhen wies eine Klage der Kalifornier wegen Verletzung der Marke gegen das chinesische Unternehmen Shenzhen Proview Technology ab. Das in finanziellen Problemen steckende Unternehmen wolle nun im Gegenzug Apple wegen Verletzung seiner Markenrechte auf umgerechnet 1,2 Milliarden Schadenersatz verklagen, meldete die amtliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua.

Eine Apple-Sprecherin in Peking gab am Donnerstag keinen Kommentar zu der Entscheidung ab. Apple kann noch Einspruch gegen das Urteil einlegen. Die Klage sei am Montag abgewiesen worden, teilte das Gericht auf seinen Internetseiten mit.

Proview hat seit 2000 die Marke „iPad“ in mehreren Ländern schützen lassen. In Shenzhen ließ es die Marke 2001 eintragen. 2009 verkaufte Proview Taipeh die Markenrechte für umgerechnet 40.000 Euro an Apple. Nach Ansicht des Gerichts ist Proview Shenzhen von der Übertragung der Markenrechte nicht betroffen, da das Unternehmen nicht an den Verhandlungen beteiligt war.

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