Red Dot Award Funktionales Design trifft Liebe zum Detail

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Steckdose in der Tischplatte

Das weiß auch Siegfried Schulte. Der 80-Jährige arbeitet bereits seit 1964 als Ingenieur und Erfinder. Dass in Fahrzeugen die Schalter für Blinker, Licht und Scheibenwischer in einem Bauteil stecken, geht auf seine Idee zurück. Das entsprechende Patent verkaufte er 1976, mit dem Erlös baute er seine erste Fabrik. Seitdem hat Schulte knapp 300 Patente entwickelt.

Doch noch immer ist er ein Bastler und Tüftler. Ein Problem, das an ihm nagt, will er lösen und so lange rumprobieren, bis es beiseite geschafft ist.

Zum Beispiel die Sache mit den Rasenmähern. Vor einigen Jahren wollte Schulte Unfälle mit den elektrischen Geräten verhindern. Immer wieder kam es vor, dass allzu eifrige Hobbygärtner bei der samstäglichen Rasur des Rasens aus Versehen über die Schnur fuhren – mit teilweise tödlichen Folgen. Nicht minder dramatisch klingt Schultes Antwort: Der „Totmannschalter“ stoppt die Klingen, wenn der Mensch den Griff loslässt.

Evoline BackFlip Quelle: PR

Mit Liebe fürs Detail

Seine Produkte sind mehrfach mit Designpreisen ausgezeichnet worden. In diesem Jahr sind beim Red Dot Award gleich zwei dabei, darunter der Evoline BackFlip, eine Steckdose für Tischplatten.

Deren Clou: In geschlossenem Zustand ist sie nur eine dünne Platte auf der Arbeitsfläche. Tippt man jedoch sanft mit einem Finger drauf, dreht sie sich um 180 Grad und offenbart ihre nützliche Seite – Steckdosen und USB-Anschlüsse. Nützlicher Nebeneffekt: Beide liegen so hoch über der Tischplatte, dass sie vor Kaffee oder Wasser geschützt sind.

Das Äußere der Steckdose habe sich von selbst ergeben, sagt Schulte betont nüchtern. Viel wichtiger sei, dass sich die Unterseite der Klappe dank des Aluminiums gut anfühle, dass die Kanten geschmeidig in den Kunststoffteil übergehen. Auch mit 80 Jahren legt Schulte Wert auf solche Details. Einmal Designer, immer Designer.

Das können die beiden Grillexperten Thomas Kaiser und Christian Wassermann gut nachvollziehen. Auch sie haben ständig neue Ideen. Manche schaffen es auf eine gemeinsame Liste, einige davon in die ernste Planung.

Rucksackfahrrad und Flaschenöffner

Die Designer lernten sich während des Maschinenbaustudiums an der Hochschule Kempten kennen. Danach gingen sie gemeinsam an die Weißensee Kunsthochschule Berlin. Von 350 Bewerbern wurden 15 angenommen. Besonders in Erinnerung geblieben ist ihnen der dortige Professor Helmut Staubach, Experte für Produktdesign: „Ihm war wichtig, dass technisches Verständnis für die Produkte vorhanden ist“, sagt Kaiser heute.

In diesen Küchen regiert das Design
Der Küchenhersteller Schüller setzt auf wuchtige Holzschränke aus Alt-Eiche und geradlinige Fronten aus mattem Glas in Indigoblau. Quelle: PR
Küchengeräte und Vorräte verschwinden bei Schüller hinter großen Holz-Türen - die Schränke erinnern damit immer mehr an Wohnwände, als an Küchenregale. Quelle: PR
Diese Küche hat Poggenpohl zusammen mit dem Design-Team von Porsche gebaut. Auftrag: Eine Küche für den Mann. Quelle: PR
Kronleuchter, Glas und gläzende Fronten: SieMatic betont bei diesem Vorführmodell aus dem Showroom in New York auf das Zusammenspiel von verschiedenen Materialien. Quelle: Siematic
Die Amerikaner mögen es klassisch: Weiße Fronten, kleine Griffe und Schränke mit Konturen sind dort noch immer sehr beliebt, sagt SieMatic-Marketingexperte Jörg Overlack. Auch dieses Modell ist Bestandteil des Showrooms in New York. Quelle: Siematic
Auch Deutschlands größter Küchenhersteller Nobilia löst die Trennung zwischen Küche und Wohnzimmer auf: Hier befindet sich der Herd fast direkt neben dem Fernseher. Quelle: PR
Auch Fronten in auffallenden Farben bietet Nobilia an. Quelle: PR

Das berücksichtigten sie auch bei der Abschlussarbeit ihres Maschinenbaustudiums, einem Rucksack-Fahrrad namens Bergmönch. Es wird auf dem Rücken auf den Gipfel getragen und auf Rollen wieder heruntergefahren.

Ihr erstes Produkt unter eigener Regie war der Flaschenöffner Johnny Catch, der in diesem Jahr ebenfalls einen Red Dot Award erhielt. Er wird an der Wand befestigt und fängt dank seines integrierten Magneten bis zu 20 Kronkorken auf.

„Wir wollten mit einem kleinen Produkt den kompletten Prozess durchziehen, von Idee bis Vertrieb“, sagt Kaiser. Deshalb sieht der Johnny Catch nicht nur gefällig aus, sondern funktioniert auch. „Reinen Designern gelingt es oft nicht, ein Produkt wirklich fertig zu machen“, sagt Kaiser.

Ihr technisches Können ermöglichte es hingegen, das weitaus größere Projekt des Grills Cone anzugehen – in seinem Segment eine Innovation.

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