Test Was Action-Cams wirklich taugen

Action-Camcorder sind zum festen Begleiter von Sportlern beim Snowboarden, Motorradfahren und Surfen geworden. Die extrem robusten Mini-Kameras produzieren faszinierende Aufnahmen. Wiwo-Autor Mehmet Toprak hat zwei der besten Action-Cams ausprobiert und zeigt, wozu diese sonst noch gut sind.

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Manchmal stößt man auch als erfahrener Hightech-Journalist noch auf eigene Bildungslücken. Da erhält man den Auftrag, einen Artikel über die neuen Actionkameras zu schreiben, die derzeit bei Sportlern so in Mode sind. Bei der Recherche stößt man auf ein vielversprechendes Modell eines Herstellers namens Gopro und bestellt sie zum Test. Und plötzlich merkt man, dass eigentlich jeder diese Kamera schon kennt. Der Nachbar mit seinem Francesco-Moser-Rennrad sagt: "Ach, die Gopro, die habe ich auch." Der Ex-Kollege, der am Wochenende in sein Segelflugzeug steigt, meint: "Ah, die neue Gopro. Ich hab´ das Vorgängermodell." Dem Studenten, der zum Wellenreiten in den Münchner Eisbach springt, muss man das Ding sowieso nicht mehr erklären. Denn sein "Kumpel hat auch eine Gopro".

Die Kamera, die jeder kennt, heißt eigentlich HD Hero 2 und Gopro ist der Name des kalifornischen Herstellers. Bei den Action-Cams ist Gopro in den letzten Jahren zum Marktführer aufgestiegen. Doch inzwischen steigen immer mehr Hersteller in das lukrative Geschäft ein. Einige, wie Hama oder Sony, werden voraussichtlich in den nächsten Monaten neue Modelle auf den Markt bringen.

Neue Action-Cams: Die besten Bilder

Action-Camcorder, oft auch Helmkameras genannt, sind für Sportler gemacht, die mit Surfboard, Motorrad oder Skateboard unterwegs sind und möglichst rasante Aufnahmen davon mitbringen wollen. Auch Drachenflieger, Fallschirmspringer oder Kletterer nutzen die kompakten Camcorder. Von den Unterwasserkameras, die inzwischen auch nahezu jeder Digicam-Hersteller im Sortiment hat, unterscheiden sich die Action-Cams in einigen wesentlichen Punkten. Sie haben erstens immer ein Superweitwinkel-Objektiv mit Fixfokus. Damit kann man sich selbst und seine Umgebung filmen, ohne die Kamera exakt ausrichten zu müssen.

Sie sind zweitens nicht nur wasserdicht, sondern auch stoßfest. Und drittens bietet der Hersteller verschiedene Halterungen, um den Camcorder am Fahrradhelm, auf dem Surfboard, am Motorradlenker oder wo auch immer anbringen zu können. Für die Anbieter sind gerade diese Halterungen, die meistens zwischen 20 oder 30 Euro kosten, ein schönes Geschäft.

Eine weitere Besonderheit: Viele Modelle sind serienmäßig mit einer Fernbedienung ausgestattet. Damit kann man die Aufnahme auch dann starten und stoppen, wenn der Camcorder während der Ski-Abfahrt gerade auf dem Helm sitzt.

60 Bilder pro Sekunde

Die besseren Action-Cams filmen mit bis zu 60 Bildern pro Sekunde, solange man nicht gerade den hochauflösenden Full-HD-Modus eingestellt hat. Damit laufen schnelle Bewegungen sehr flüssig ab und man kann am PC schon leichte Zeitlupeneffekte generieren. Die eingangs erwähnte Gopro schafft sogar bis zu 120 Bilder pro Sekunde.

Die Bildqualität bei Fotos und Videos kann natürlich nicht mit der einer Mittelklasse-Digicam oder der eines Camcorders mithalten, reicht aber in der Regel völlig aus. Schließlich geht es nicht um durchkomponierte Landschaftsaufnahmen, sondern um einen flotten Beitrag zum Action-Genre. Die wetterfesten Kameras sind übrigens nicht nur für Sportvideos gut. Man kann mit ihnen schöne Zeitrafferaufnahmen von Wolkenbewegungen fabrizieren oder Unwetter filmen, was sonst viel zu gefährlich wäre.

Die Wiwo-Redaktion hat zwei der besten Action-Cams einem längeren Praxistest unterzogen, die HD Hero 2 von Gopro und die Bullet 4S 1080p von Rollei. Weitere Alternativen stellen wir in dieser Galerie vor.

Rollei Bullet 4S 1080p

Rollei Bullet 4S 1080p Quelle: Presse

Wer der HD Hero 2 Konkurrenz machen will, braucht ein gutes Marketing, müssen sich die Manager von Rollei gedacht haben. Deshalb wird die neue Rollei Bullet 4S auch ganz zeitgemäß in Facebook und Twitter angepriesen. Demovideos gibt es in einem eigenen Youtube-Kanal zu bewundern. Tatsächlich ist die Bullet eine ernstzunehmende Action-Cam mit guten Leistungsdaten und reichhaltiger Ausstattung. Die erste Enttäuschung nach dem Auspacken bringt das Handbuch. Das liest sich teilweise wie eine schlechte Übersetzung. Alle Seiten sind bis an den Rand und mit engem Zeilenabstand bedruckt. Von einer übersichtlichen Gliederung beziehungsweise einem lesefreundlichen Layout haben die Produktmanager wohl noch nichts gehört. Das altbackene Handbuch steht in einem seltsamen Gegensatz zum sonst so lifestyligen Auftritt der Rollei in den Social Media.

Solide Leistung in der Technik

Doch wirklich entscheidend sind die technischen Daten. Hier zeigt die Rollei solide Leistung, bleibt aber hinter der HD Hero 2 von Gopro zurück. So sind maximal 60 Bilder pro Sekunde im 720p-Modus möglich, die Hero 2 schafft dagegen bis zu 120 Bilder (WVGA, 848 x 480).

Immerhin sind auch schon bei 60 Bildern pro Sekunde schnelle Bewegungen flüssig darstellbar und der Anwender kann leichte Zeitlupeneffekte basteln, ohne dass der Film gleich anfängt zu ruckeln. Bei Full HD 1080p erreicht die Bullet wie die Hero 2 nur noch 30 Bilder. Bei Intervallaufnahmen, also wenn über einen längeren Zeitraum jeweils in festen Zeitabständen ein Foto geschossen wird, macht die Rollei ein Bild pro Sekunde.

In der Bildqualität liegt die Rollei mit der Hero 2 gleichauf. Ohnehin geht es bei Sportvideos mehr um die flüssige Darstellung schneller Bewegungen und weniger um das letzte Quäntchen an Farbtreue.

Beim Action-Dreh wird die Bullet 4S durch ein stabiles und bis 60 Meter wasserdichtes Gehäuse geschützt. Bei Tonaufnahmen liefert die Bullet klaren Sound ohne auffälliges Hintergrundrauschen.

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Im Preis von etwa 260 Euro sind auch ein Rückteil mit Display und eine Fernbedienung enthalten. Marktführer Gopro lässt sich solche Features als Extra teuer bezahlen. Das Display ist zwar winzig, (3,6 Zentimeter), reicht aber, um das Bild zu kontrollieren. Über die Drucktasten lassen sich alle Einstellungen wie bei einer herkömmlichen Digitalkamera vornehmen.

Die Fernbedienung funktionierte im Test bis zu einer Entfernung von ungefähr 5 Metern zuverlässig. Die vom Herstellern versprochenen 15 Meter konnte die Fernbedienung aber nicht überbrücken.

Diverse Halterungen bietet Rollei ebenfalls an, darunter die serienmäßig gelieferten Klebe-Pads, außerdem Befestigungen fürs Surfboard, ein Brustgurt, eine Halterung für den Helm und anderes mehr. Billig sind diese Halterungen aber nicht. So kostet ein Bike Kit bei Amazon beispielsweise 68,99 Euro. Praktisch ist das Stativgewinde an der Unterseite.

Fazit: Die Rollei Bullet 4S erreicht in den Leistungsdaten nicht das Niveau der HD Hero 2 und auch bei den Halterungen ist sie nicht so vielseitig. Wer aber keine allerhöchsten Ansprüche hegt, auf Superzeitlupe verzichten kann und einfach eine gut ausgestattete und technisch kompetente Action-Cam zum fairen Preis sucht, der möge zugreifen.

Gopro HD Hero 2

Aufnahme mit einer Gopro-Actionkamera Quelle: Presse

Geschickte Vermarktung, beispielsweise durch professionell gemachte Action-Videos im Internet, hat dazu beigetragen, die Hero fast schon zum Kultobjekt zu machen. Doch die Popularität der Action-Cam basiert nicht nur auf geschicktem Marketing, sie hat auch etwas mit der Qualität des Produkts zu tun. In diesem Punkt ist sie den meisten Mitbewerbern deutlich überlegen.

Das äußerlich fast gleiche Nachfolgemodell Hero 2 glänzt mit einem noch schnelleren Bildverarbeitungs-Chip. Dementsprechend gut sind die technischen Eckdaten. Die Kamera beherrscht den Full HD-Modus 1080p (1920 x 1080) mit 30 Bildern pro Sekunde. Bei 960p filmt die Hero 2 bereits mit 48 und bei 720p mit 60 Bildern pro Sekunde. Bei WVGA (848 x 480) schafft sie sogar 100 beziehungsweise 120 Bilder (NTSC). Das erreicht keine andere der hier vorgestellten Action-Cams. Solche Videos lassen sich am PC dann in schöne Zeitlupensequenzen verwandeln.

Auch bei Fotos agiert die Hero 2 sportlich. Im Burst Modus schießt sie beispielsweise eine Serie mit zehn Fotos in einer Sekunde. Sinnvoll, wenn man Bewegungsabläufe auf Fotos festhalten möchte. Bei Intervallaufnahmen ist sie ebenfalls die schnellste und knipst hier bis zu 2 Bilder pro Sekunde. So sind Zeitrafferaufnahmen ohne Bildruckeln realisierbar.

Die Bildqualität ist ähnlich wie bei der Rollei gut, wenn man bedenkt, dass die extrem kompakten Gehäuse eben nur den Einsatz kleiner CMOS-Sensoren und sehr kleiner Objektive ermöglichen. Der Aufnahmewinkel beträgt entweder 170 Grad (Superweitwinkel) oder 127 Grad.

Die Akkulaufzeit lag im Test bei etwa 90 Minuten ununterbrochenen Betriebs, danach ist der Akku leer und die Kamera ziemlich warm.

Umständliche Bedienung

Manche Fachzeitschriften kritisieren die hakelige Bedienung der Gopro. Tatsächlich hat die Gopro nur zwei Tasten. Eine zum Auslösen der Aufnahme, eine zum Einstellen der Optionen. Was man eingestellt hat, sieht man auf einem winzigen LC-Display. Die Bedienung ist umständlich, doch die Entwickler haben sich dabei durchaus Gedanken gemacht. Das Konzept der Hero besteht nämlich darin, dass man vor dem Dreh alle Einstellungen definiert, und dann bei der eigentlichen Action nur noch ein- und ausschaltet. So kann man sich voll und ganz auf den Sport konzentrieren.

Auch die übrigen Ausstattungsdetails überzeugen. So ist beispielsweise ein externes Mikrofon für besseren Klang anschließbar. Das interne Mikro ist aber durchaus brauchbar. Der Soundchip filtert Pegelspitzen und Windgeräusche erstaunlich gut raus. Eine App zum Steuern der HD Hero 2 über ein Android-Smartphone ist in Vorbereitung.

Das Gehäuse ist laut Hersteller bis zu einer Tiefe von 60 Metern wasserdicht . Der Käufer kann wählen zwischen einer Motorsports Edition, einer Outdoor Edition und einer Surf Edition. Jeder Edition liegt jeweils passendes Befestigungszubehör bei. In Onlineshops ist die Kamera in der Grundausstattung - also ohne Fernbedienung - für circa 280 Euro zu haben.

Ein großer Pluspunkt sind die zahlreichen zusätzlichen Halterungen aus dem Zubehörshop. Die Hero 2 lässt sich an so ziemlich allem anbringen, was fährt, schwimmt oder fliegt. So bietet der Shop Halterungen für die Befestigung an Fahrradlenker oder Sitzrohr, Überrollbügel, Surfboard oder Helm um nur einige zu nennen. Im Test hat sich vor allem die Saugnapfhalterung auf der Tragfläche eines Segelflugzeugs bewährt. Auch die Klebe-Pads saßen bombenfest auf dem Surfboard.

Wer sich mit Extrazubehör eindeckt, wird allerdings kräftig zur Kasse gebeten. Für ein Befestigungs-Kit sind meistens 20 bis 30 Euro fällig.

Fernbedienung und das dazugehörige Wi-Fi-Rückteil sind gegen einen Obolus von circa 130 Euro zu haben. Wer die Gopro häufig und intensiv nutzt, für den lohnt sich die Anschaffung trotzdem. Der Clou der Fernbedienung: Sie steuert bis zu 50 Kameras. Das kann für größere Videoprojekte, bei denen beispielsweise Skateboarder aus verschiedenen Standpunkten gefilmt werden, sinnvoll sein. Vor der Inbetriebnahme der Fernbedienung und des Wi-Fi-Rückteils muss der Anwender noch ein Firmware-Update von Kamera, Rückteil und Fernbedienung vornehmen. Dazu muss man wiederum die Gopro-Software installieren, die Geräte per USB anstöpseln und schließlich das Upgrade starten. Die Prozedur ist lästig, funktioniert im Test aber ohne Probleme.

Fazit: Teuer, aber gut. Nach einer gewissen Einarbeitungszeit macht die HD Hero 2 richtig Spaß. Der leistungsstarke Bildverarbeitungs-Chip, die gute Bildqualität, die praxisnahen Details und das umfangreiche Zubehör machen die Gopro zur derzeit besten Kamera für Sportfilmer.

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