CSR Wer Verantwortung trägt, muss kommunizieren!

Viele Unternehmen meiden die Kommunikation mit der Öffentlichkeit. Dabei ist sie für den Erfolg von Nachhaltigkeit entscheidend.

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Jüngst aus Anlass der Landwirtschaftsausstellung "Grüne Woche" in Berlin: Tausende Menschen demonstrieren in der Hauptstadt und „haben es satt". Sie meinen damit Gentechnik, Intensivlandwirtschaft und das geplante Freihandelsabkommen TTIP zwischen Europa und den USA.

Einige Wochen zuvor hatten sich 20.000 Kunden nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtshofes bei ihren Kreditinstituten über überhöhte Bearbeitungsgebühren beschwert und überrannten die Schlichtungsstellen. Auch Gebührenzahler schauen bei ARD und ZDF zunehmend genauer hin und entnerven Rundfunkräte mit ihren Leserbriefen und Emails.

Wirtschaft steht abseitsDie drei genannten Beispiele zeigen, dass die gesellschaftliche Partizipation beim Bürger voll angekommen ist. Und es ließen sich noch einige mehr Beispiele nennen: Demos gegen Startbahnen, Petitionen gegen TTIP, Volksabstimmungen gegen Olympia, Einsprüche gegen Stromtrassen. Die Bürger wollen gehört werden und das ist nicht sonderlich überraschend.

Die Generation, die jetzt auf die Straße geht oder E-Mails verfasst, hat schon vor 40 Jahren geprobt - das Internet erleichtert die Teilnahme an Protesten nun noch. Man denke an die Kampagnen der Organisation Campact (deren Motto "Demokratie in Aktion" lautet) zum Beispiel gegen die Schiefergasförderung. Interessant ist: Vor allem die Wirtschaft steht bisher bei dem bunten Miteinander abseits.

Die vielbeschworenen Transparenzoffensiven und der gerne zitierte Bürgerdialog – sie laufen in der Realität häufiger stockend oder nur in Experten-Runden.

Das schwierige, zuweilen enervierende Gespräch mit der Öffentlichkeit überlässt die Wirtschaft dankbaren Gewerkschaftern, Verbraucherschützern oder Politikern – nur um anschließend den eigenen schlechten Ruf oder die unfaire Behandlung oder überhaupt die öffentliche Ignoranz in Sachen Ökonomie zu beklagen.

Transparenz und NachhaltigkeitDabei ist klar: Wer als verantwortungsbewusst und nachhaltig wahrgenommen werden will, der muss auch kommunizieren.

Corporate Social Responsibility (kurz CSR), so definierte die Europäische Kommission einst, ist die Verantwortung der Unternehmen für die Auswirkungen ihrer Geschäfte auf die Gesellschaft.

Der Global Compact, der Globale Pakt zwischen Vereinten Nationen und Unternehmen, verpflichtet seine Unterzeichner Menschenrechte, Arbeitsstandards und Umweltschutz zu achten. Der Deutsche Nachhaltigkeitskodex setzt unter anderem “Transparenz” als Ziel. Nichts davon funktioniert ohne Kommunikation.

Gefordert ist also Dialog, nicht fallweise, nicht immer mal wieder, sondern ständig. Nur wer laufend erklärt und begründet, behält seine Glaubwürdigkeit. Sicher, nicht jeder Mittelständler kann und muss die Welt erläutern. Kein Unternehmen muss sich pars pro toto bei Günther Jauch an den Pranger stellen lassen.

Viele der Aufreger heute sind Branchenthemen wie zum Beispiel die Befreiung von der Erneuerbare-Energien-Umlage oder das TTIP-Abkommen. Vor allem die Verbände müssen daher ihre Rolle überdenken. Sie müssen ihre öffentliche Verantwortung als Dialogpartner engagierter interpretieren.

Das erfordert mehr Entschiedenheit, mehr Schnelligkeit, neue Formen der Kommunikation und die Bereitschaft der Mitglieder, nicht jedes Wort gleich auf die Goldwaage zu legen.

Sicher, es ist nicht so, als ob nichts geschehen würde: Der BDI startet vor einiger Zeit die "Kompetenzinitiative Energie": „Energiewende? Ja, aber richtig", heißt es da. Die Lebensmittelwirtschaft gründete vor einiger Zeit die übergreifende Plattform Lebensmittelwirtschaft e.V. Die Autobauer steigen jetzt unisono in den Ring, um zu erklären, warum das TTIP-Abkommen notwendig ist.

Aber noch sind viele dieser Initiativen zu projektiv gedacht oder zu verhalten ausgestattet, um sich im stetig lauter werdenden Meinungskonzert dauerhaft Gehör verschaffen zu können. Die Folge: Ausgerechnet in einer der grössten Ökonomien der Welt befindet sich marktwirtschaftliches Verständnis in der Gesellschaftt auf dem Rückzug.

Es ist daher auch an der Zeit, in den Katalogen für nachhaltiges Management – ob nun den unter der Bezeichnung "DIN ISO 26000" laufenden CSR-Leitlinien oder dem Global Compact –, die Verpflichtung zum öffentlichen Dialog stärker zu gewichten.

Kommunikation darf nicht mehr länger nur „mitgemeint“ sein. Sie ist kein Mitläufer. Sie muss als eigenes Kriterium gesetzt und nachgehalten werden.

Das ist zum Nutzen aller – denn ohne Kommunikation ist alles nichts.

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Andreas Knaut ist Experte für Unternehmenskommunikation und CSR verantwortete den Bereich Corporate Communications und Nachhaltigkeit in internationalen Unternehmen, darunter Danone, SCHUFA Holding sowie Gruner + Jahr. Inzwischen arbeitet er mit der Stuttgarter Agentur dokeo sowie bei der Veranstaltungsreihe CSR-Forum, wo das Thema Bürger-Partizipation im April eines der Themen ist. Bei WiWo Green schreibt Andreas Knaut regelmäßig über das Engagement von Wirtschaft und Unternehmen im Bereich Umwelt und Soziales.

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