Frachtverkehr Erstes Flüssiggas-Binnenschiff erreicht Deutschland

Schluss mit Schiffsdiesel: Die „Greenstream“ ist der weltweit erste Binnentanker, der mit Flüssigerdgas fährt.

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Die Schifferei muss sich neu erfinden. Abgase aus großen Lastkähnen gehören zum Schmutzigsten, was der internationale Transportsektor zu bieten hat: Auf hoher See wird immer noch Schweröl verfeuert, der Abfall aus der Dieselherstellung. Auf den Ozeanen kommt so ständig eine Menge Giftqualm zusammen, eine ungefilterte Mischung aus Feinstaub und Schwefelgasen.

Das soll sich ändern. Schiffsbauer und Reedereien arbeiten derzeit an der Schifffahrt der Zukunft. Ab 2015 schreibt die Internationale Schifffahrtsorganisation strengere Schwefelgrenzen für den Treibstoff vor; die EU-Kommission will die Dreckschleudern der Ozeane in den Emissionshandel einbeziehen. Von Rotterdam bis Singapur, von San Francisco bis Shanghai entstehen Schiffe, die mit Gas, Wasserstoff oder Sonnenstrom fahren.

Was auf den Weltmeeren passiert, erreicht nun auch die Binnenschifffahrt: Mit der „Greenstream“, dem ersten mit Flüssigerdgas (engl.: Liquefied Natural Gas, kurz LNG) betriebenen Binnentanker, kommt das langsame Ende des Dieselzeitalters am Mittwoch in Köln an. Gebaut in den Niederlanden, betankt in Rotterdam, mit genügend LNG an Bord, um einmal von Rotterdam bis Basel und zurück zu fahren.

Zwar gelten für die Binnenschiffe schon heute strengere Auflagen, als Treibstoff dient Schiffsdiesel, kein Schweröl. Doch auch hier haben gasbetriebene Schiffe einen Umweltvorteil: Sie emittieren fast keinen Feinstaub, deutlich weniger Giftstoffe und rund 20 Prozent weniger CO2.

Flüssigerdgas wird als Treibstoff interessantMit dem technischen Fortschritt und weltweiten Investitionen in die Verflüssigung von Erdgas ist dessen Transport fernab von Pipelines wirtschaftlich geworden. Was in den 1950er und -60er Jahren beim Erdöl entstand – ein globaler Markt, der heute zu geringen Kosten mit Supertankern bedient wird – passiert gerade in abgeschwächter Form beim Gas. Ein Handelsvolumen, das seit Jahren schneller wächst als das von gewöhnlichem Erdgas, macht das Flüssiggas beinahe überall und jederzeit verfügbar und damit auch als Treibstoff für Schiffe interessant.

Das dachte sich auch der Ölkonzern Shell, der in diesem Jahr nach eigenen Angaben erstmals mehr Gas als Öl produzieren wird. „Wir sind einer der größten LNG-Produzenten der Welt. Da liegt es nahe, zu schauen, wo wir das Gas selbst verwenden können“, sagt ein Sprecher. Zum Beispiel auf dem Rhein, an dessen Ufern Shell mehrere Raffinerien betreibt.

Um Schwankungen in Produktion und Nachfrage auszugleichen, stehen etliche Schiffe im Dienst des Konzerns, die Ölprodukte zwischen den Raffinerien hin und her schiffen. Gibt es in den Niederlanden ein Überangebot an Diesel, während in Deutschland Urlaubszeit ist, bringen Binnentanker den Treibstoff nach Deutschland.

Einer dieser Tanker ist jetzt die „Greenstream“. Noch ist das Binnenschiff eine Art Experiment und die vier Motoren des Schiffs teuer. Doch langfristig seien die Betriebskosten schon heute geringer, als mit gewöhnlichem Treibstoff – weil LNG für Shell billiger sei und die Wartungskosten geringer, heißt es aus dem Konzern.

Schon hat Shell ein zweites Schiff in Auftrag gegeben. Für allzu viele ist aber erst einmal kein Platz: Die einzige Tankstelle für LNG-Binnenschiffe gibt es erst seit wenigen Monaten im Rotterdamer Hafen. Für einen Ausbau von Flüssiggas als Schiffstreibstoff bräuchte es aber eine Infrastruktur an Tankstellen – und in die muss erst einmal jemand investieren.

Am Liebsten würde Shell heute nur mit dem grünen Schiff Werbung für sich machen. Derzeit prüft allerdings die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen eines Chemie-Umfalls in Köln, bei dem im Februar rund eine Million Liter Kerosin ausgelaufen waren.

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