Gewürz-Startup aus Berlin Kampf dem faden Supermarktgeschmack

Mit der Gewürzkampagne wollen drei Berliner beweisen, dass Qualität, günstige Preise und fairer Handel zusammenpassen.

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Die Teekampagne war in den 1980er-Jahren ein revolutionäres Konzept, das Kunden und Landwirte zusammenbrachte und die anonyme Kaufbeziehung aufbrach – nun wollen drei junge Gründer beweisen, dass die Idee immer noch erfolgreich sein kann. Mit einem Produkt, das seit Jahrtausenden gehandelt wird: Gewürzen.

Die Jugendfreunde Richard Friedrich, Steven Lange und Chris Goebel brachten vor allem zwei Dinge dazu, über die unverzichtbaren Geschmacksmacher nachzudenken und wie sich daraus ein Geschäft machen lässt.

Konkurrenz als ChanceDa war einerseits der oftmals fade Geschmack der Supermarkt-Gewürze, deren Alter die Kunden mangels Kennzeichnung nur schätzen können. "Wir haben damals viel mit Freunden gekocht, und uns immer mehr mit den Zutaten beschäftigt. Andererseits hatten wir auch einfach Lust, ein gemeinsames Projekt zu starten", erklärt Mitgründer Goebel. Und tatsächlich: Viele Supermarktgewürze schmecken eher wie Altpapier und nicht wie die Früchte oder Blätter, die zu ihrer Herstellung dienen.

Beeinflusst von den Ideen des "Teekampagne"-Gründers und Wirtschafts-Professors Günter Faltin wollten sie eine Gewürzkampagne starten: Nachvollziehbare Handelswege, große Bestell- und Abgabemengen, dadurch günstige Preise. Allerdings waren sie 2012 nicht die ersten mit dieser Idee.

„Qcons“, ein Berliner Startup-Inkubator hatte bereits an einem ähnlichen Unternehmen gebastelt. Doch bei einem Treffen stellte sich die vermeintliche Konkurrenz als Glücksfall für die Junggründer der Gewürzkampagne heraus.

Jeden Bauern persönlich kennenDa das Gewürzgeschäft nur eine von vielen Ideen des Inkubator-Teams war, freute man sich dort über die motivierten Jung-Entrepeneure und gründete die "Gewürzkampagne" in Berlin einfach mit ihnen zusammen. So konnten Goebel, Friedrich und Lange bestehende Strukturen übernehmen, etwa in Vertrieb, IT und Buchhaltung. Auch das ist ein Teil des Faltin-Konzeptes, der Gründern rät, möglichst viele Bausteine des eigenen Unternehmens in andere Hände zu geben.

Stattdessen kümmern sich die drei um das, was ihnen wichtig ist: Dazu gehört etwa ein professioneller Firmenauftritt oder ein möglichst kurzer Weg der Gewürze vom Feld zum Kunden: "Wir wollen bei jedem Gewürz sagen können, wo es herkommt. Also nicht aus welcher Region, sondern von welchem Bauern", erklärt Goebel.

Mitgründer Friedrich besuchte dazu Anfang des Jahres zum Beispiel einen Paprikabauern auf Mallorca, dem die Kampagne mit knapp 90 Kilogramm etwa ein Viertel seiner Ernte abkauft.

"Uns ist wichtig, dass wir einen bestimmten Bauern überzeugend finden", erklärt Goebel. Einen, der etwa sein Feld so bestelle, dass er darauf auch in 15 Jahren noch arbeiten kann. Die Kampagne interessiert sich für Anbau- und Arbeitsbedingungen. "Den Preis der Gewürze verhandeln wir nicht zuerst."

Im Weihnachtsgeschäft überfordertWichtig ist der Preis dennoch: Da die Gewürzkampagne ohne Investor auskommt, müssen die Kosten für Curry, Salbei und Pfeffer schnell wieder reinkommen – deshalb auch der Begriff der "Kampagne".

Dazu müssen die drei gut abschätzen, wie viel sie verkaufen können. Das geht nicht immer auf: In der Vorweihnachtszeit schrieb eine Bloggerin so positiv über die Gewürzkampagne, dass ein Teil der Bestände zwei Wochen vor Weihnachten ausverkauft war.

Das Geschäft läuft zunehmend besser: Für Goebel ist die Kampagne mittlerweile ein Vollzeitjob, im ersten Jahr war die Bilanz bereits ausgeglichen. Auch wenn Durststrecken dabei waren: "Am Anfang gibt es immer eine Phase, in der es sensationell läuft. Und danach muss man daran glauben, dass eine solche Phase wiederkommt."

Auch die Verpackung gehorcht dem KonzeptIm vergangenen Herbst hatten die Gründer etwa die Idee zu einem Weihnachtsprodukt. "Da haben wir viel Energie reingesteckt, irgendwann den Blick von außen verloren und sind später an Zeit- und Ressourcengründen gescheitert. Das hätten wir schneller erkennen und die Energie woanders sinnvoller einsetzen können." Nun mache man lieber kleinere Schritte, bevor man sich erneut überfordere.

Derzeit beschäftigt sich Goebel beispielsweise mit den Verpackungen. Bislang kauft die Kampagne diese bei einem Händler an. Aber eigentlich wolle man sie lieber direkt beim Hersteller beziehen – "es soll ja bei allem, was wir anbieten, leicht nachvollziehbar sein, wo es herkommt.“

Hier sieht er einen großen Vorteil, den Jung-Gründer haben: „Wenn man bei null beginnt, ist es einfacher, den grünen Gedanken überall im Unternehmen zu verankern." Ob sie damit genauso viel Erfolg haben wie Faltin mit seinem Tee, wird sich zeigen.

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