Grünes Bauen Schweizer entwickeln Wände aus Altpapier

Bienenwaben dienten als Vorbild für die Konstruktion der Bauteile. Für die neue Technologie erhält ECOCELL den GreenTec Award 2016.

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Innovatives Konzept: Altpapier als Baumaterial. (Foto: Ecocell)

Ein Haufen Pizzakartons, die Kisten vom letzten Umzug dazu und noch jede Menge Schuhschachteln oben drauf, alles einmal zusammengepresst und aufgestellt – fertig ist das neue Haus. So einfach ist es natürlich nicht, was sich die Ecocell AG ausgedacht hat. Doch das Prinzip stimmt. Die Schweizer bauen Häuser aus Altpapier.

Hausbau mit Ecocell-Elementen

Bei der Technologie hat sich Ecocell an der Natur orientiert, genauer gesagt an den Waben der Bienen. Die Bauelemente bestehen im Inneren aus einer Wabenstruktur aus Altpapier. Ein hauchdünn aufgetragener Film aus einer mineralischen Beschichtung auf Zementbasis sorgt für eine hohe Belastungsfähigkeit der Konstruktion. Sie hält Lasten von mehr als 200 Tonnen pro Quadratmeter aus. Nach außen werden die offenen Waben der wandhohen Sandwich-Paneele mit Holz hermetisch abgeschlossen.

"Der CO2-Fußabdruck beträgt bei Ecocell wegen der verwendeten nachhaltigen Rohstoffe nur einen Bruchteil dessen, was herkömmliche Materialien wie Beton oder Ziegelstein verursachen", erklärt Bernhard Rose von Ecocell. Nur ein Drittel der Emissionen sind es, bezogen auf den Häuserbau.

Leichte Häuser im Lego-System

Die Bauweise der Schweizer ist aber nicht nur ökologisch, sie bietet auch weitere Vorteile. Mit einem Raumgewicht von rund 230 Kilogramm pro Kubikmeter  ist die Betonwabe rund zehnmal leichter als Beton und dreimal leichter als Massivholz, was die Montage erleichtert. Die Beschichtung in inneren der Paneele gewährleistet eine Feuer- und Wasserresistenz.

Gebaut werden die Häuser mit fertigen Wandelementen nach dem Nut- oder auch Federprinzip. Ein Rohbau eines Einfamilienhauses kann so binnen einer Woche errichtet werden. "Die Elemente lassen sich auch wieder auseinander nehmen und erneut verwenden, was Investitionsschutz bedeutet", sagt Rose. "Salopp gesagt ist das Bausystem Ecocell so etwas wie LEGO für Erwachsene."  Darüber hinaus sind die Häuser auch erdbebensicher, was einen Einsatz in gefährdeten Regionen oder Katastrophengebieten möglich macht.

Häuser aus Altpapier – Eine tolle Idee mit vielen positiven Aspekten, fand auch die Jury des GreenTec Award 2016 und zeichnet ECOCELL in der Kategorie Bauen & Wohnen aus. Im Rahmen einer Gala erhalten die Schweizer  am 29. Mai 2016 im International Congress Center München (ICM) die Auszeichnung. Der renommierte GreenTec Award wird in diesem Jahr zum neunten Mal in unterschiedlichen Kategorien, unter anderem Mobilität, Energie und Recycling, verliehen.

Zulassung für Ecocell vorerst nur in der Schweiz

Eine beschichtete Papp-Wabe.

Bislang hat Ecocell lediglich Häuser in der Schweiz errichtet. Für andere Länder der EU wartet das Unternehmen noch auf die nötige Zulassung. "Wir planen, in der Schweiz in den kommenden Jahren Häuser mit insgesamt rund 400 Wohneinheiten mit dem System Ecocell zu errichten", sagt Rose. Alle Immobilien verbleiben im Besitz der eigenen Immobiliengesellschaft und werden ausschließlich vermietet.

"Neben Ecocell als nachhaltigem Baustoff ist allen geplanten Bauvorhaben gemeinsam, dass sie auch über eine eigene Energieversorgung durch Photovoltaik-Anlage verfügen, zum Teil auch auf der Hausfassade", erklärt Rose den ganzheitlichen Ansatz der Firma.

Doch wie sieht es mit sozialem Engagement des Unternehmens aus? Schließlich bietet die Technik Möglichkeiten, in Krisengebieten zu helfen. Es gebe Bestrebungen, Häuser aus Ecocell in Krisengebieten zu errichten, beispielsweise für Flüchtlings-Siedlungen, versichert Rose. "Insgesamt eignet sich das Schnellbau-System Ecocell ausgesprochen gut dafür, sehr rasch menschenwürdigen Wohnraum und solide, dauerhafte  Häuser in Krisen- und Katastrophengebieten zu errichten", sagt er und ergänzt: "Die Absicht besteht, Lizenzproduktionen für die Herstellung des Bausystems in solchen Krisengebieten weltweit zu errichten."

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