Lösung im Kampf gegen Plastikmüll? 3D-Druck geht jetzt auch mit Abfall

Herumliegende Plastiktüten, Kanister, PET-Flaschen: 3D-Drucker können aus ihnen künftig neue Produkte machen.

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Inzwischen hat sich der 3D-Druck bei Bastlern und Early Adoptern etabliert. Die Geräte gibt es in den USA in den großen Supermärkten für einige hundert Dollar zu kaufen und ihre Preise sinken stetig. Unternehmen nutzen sie, um Bauteile zu drucken, Architekten fertigen ganze Häuser daraus.

Ein Problem hat die Technik bisher allerdings: Der Kunststoff, auch Filament genannt, aus dem die Printer im heimischen Wohnzimmer oder dem Bastelkeller Gegenstände wie Vasen, Tassen, Schmuck und sogar Schuhe drucken, ist meist neuwertig.

Aber wie wäre es, wenn die Menschen ihren privaten Plastikabfall oder Produkte, die sie drucken, zu frischem Druckmaterial machen könnten? Das Ergebnis wäre ein Kreislauf für die Rohstoffe.

Der Ekocycle Cube nutzt PlastikmüllDiese Idee rückt nun in greifbare Nähe. Einen ersten Anfang will das US-Unternehmen 3D-Systems mit seinem „Ekocycle Cube“ machen. Der Printer passt auf jeden Schreibtisch und lässt sich über einen Touchscreen auf der Oberseite des Geräts bedienen.

Jede seiner Drucker-Patronen enthält immerhin 25 Prozent recyclter Materialien, was ungefähr drei 0,5-Liter PET-Flaschen entspricht. Künftig soll ein noch größerer Anteil der Patrone aus Abfall stammen.

3D-Systems sind Vorreiter auf dem Gebiet des dreidimensionalen Druckens. Sie entwickelten den wohl ersten Drucker für Lebensmittel und einen 3D-Scanner für den Handgebrauch, um Objekte zu kopieren.

Der Nutzer kann im Ekocycle drucken, was er will. Nur darf der Gegenstand nicht viel größer als 15 Zentimeter sein und die Farbauswahl ist auf Natur, Rot, Schwarz und Weiß beschränkt.

Ob das tatsächlich so einfach funktioniert, wird den Erfolg von Ekocycle Cube entscheidend beeinflussen. Denn mit 1.199 US-Dollar ist das Gerät kein Schnäppchen. Die Druckerpatronen des Ekocycle Cube gibt es bereits mit Altplastik-Anteil im Handel zu kaufen. Allerdings: Das Recycling läuft im Unternehmen und bei Zulieferern ab.

Wie wird aus Plastikmüll Druck-Rohstoff?Dabei geht es mit etwas Bastelgeschick sogar noch besser. Wer vom Müll bis zum Drucken jeden Arbeitsschritt in Eigenarbeit erledigen will, der kann das Recycle-Filament auch bei sich zu Hause herstellen – sofern er die nötigen Gerätschaften besitzt.

Der Plastikmüll (zum Beispiel leere Schampoo-Flaschen oder Zahnpastatuben) muss zuerst gesäubert werden, damit das Plastik so rein wie möglich ist. Anschließend wird es in Teile geschnitten und zur weiteren Zerkleinerung zum Beispiel durch einen Büroschredder gejagt.

Ein Spezialgerät macht dann aus den kleinen Plastikstücken das Filament, den Rohstoff-Faden für den Druck. Ein Beispiel dafür ist der Recyclebot, dessen Baupläne sein Erfinder Joshua Pearce von der Michigan Technological University als Open Source Projekt zur Verfügung stellt. Das Gerät erhitzt das Plastik und "spinnt" es zu einheitlichen Fäden. Diese kann der Nutzer im Anschluss als Druckmaterial verwenden.

Sein 3D-Druck-Filament selbst herzustellen, hat laut Pearce im Vergleich mit herkömmlichem Recycling nicht nur eine vorteilhafte Öko-Bilanz (hier die entsprechende Studie), sondern auch finanzielle Vorteile. In der Regel kostet ein Kilogramm Filament zwischen 35 und 50 US-Dollar. Stelle man ein Kilo des eigenen Filaments aus recycletem Plastik her, koste das lediglich zehn Cent, rechnet Pearce vor. „Es lohnt sich also, auch wenn man die Kosten für den Recyclebot mit einrechnet.“

Beachten sollten Nutzer allerdings, dass recycelter Plastikabfall, der aus verschiedenen Plastikarten besteht, vor allem Polyethylen hoher Dichte beinhaltet. Polyethylen schrumpft beim Abkühlen des gedruckten Objekts, was man in die Designplanung einbeziehen sollte.

Plastiksammler werden zu KleinunternehmernDie Möglichkeiten dieser Technikentwicklung sind nicht zu unterschätzen. So könnten Menschen schon bald überall auf der Welt Plastikmüll sammeln, um ihn in neue Produkte zu verwandeln. Schon jetzt treiben Startups diese Idee voran.

Protoprint aus Pune in Indien zum Beispiel hat sich der Idee der Armutsbekämpfung mittels 3D-Druck verschrieben. 2013 in Zusammenarbeit mit der lokalen Müllsammel-Initiative SwaCH gegründet, will Protoprint Plastikmüll in Filament umwandeln und Müllsammler zu Kleinunternehmern machen. Die Sammler erhalten laut dem Unternehmen ein regelmäßiges Einkommen, das 15 Mal höher ist, als die Erlöse aus dem Verkauf des Abfalls an Müllhändler.

Auch die Kanadier der Plastic Bank wollen Armut und Umweltverschmutzung mittels 3D-Druck bekämpfen. Denn in Annahmestellen können Menschen aus wenig entwickelten Ländern den von ihnen gesammelten Plastikmüll eintauschen – gegen Geld, oder nach etwas Wartezeit, gleich mit Objekten aus dem 3D-Printer wie Geschirr oder Eimer. Erste Abgabestellen und Druck-Kioske soll es bald in Peru und Kolumbien geben.

Aber nicht nur vor Ort lässt sich das Recycling-Filament nutzen. Abnehmer könnte auch die „Ethical Filament Foundation“ sein, die weltweit mit Organisationen zusammenarbeitet, die die Herstellung von ethisch einwandfrei produziertem Druck-Filament vorantreibt. Eine Art Fair-Trade-Siegel für den 3D-Druck also. Zeit wird es.

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