Spanische Gründer Grüne Start-ups erobern Europa

Der Krise zum Trotz: Spaniens junge Gründer wollen mit langlebigen Glühbirnen, praktischen Saatboxen oder fairer Mode durchstarten.

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Es war die alte Glühbirne in der Feuerwache in Livermore USA, die Benito Muros auf die erhellende Idee brachte: Die berühmte Lampe brennt - beinahe ununterbrochen - seit 1901. Muros, der sich schon lange über geplante Obsoleszenz und schlechte Produktqualität ärgerte, wollte eine Lampe herstellen, die ebenso lange hält.

Über 9 Jahre Entwicklungsarbeit steckte er in seine erste LED-Glühbirne, die nun von seiner Firma IWOP hergestellt und vertrieben wird. Bei einer Energieeffizienz von rund 90 Prozent soll sie von der Leuchtkraft mit einer herkömmlichen 90-Watt-Birne vergleichbar sein. IWOP gibt auf seine Leuchtmittel eine Garantie von 10 Jahren, geht aber von einer Betriebsdauer von 200.000 Stunden oder knapp 25 Jahren aus. Doch damit nicht genug: Die Birnen sind zudem reparierbar.

Muros steht beispielhaft für eine Generation von Gründern, die sich auch von der Schieflage der spanischen Gesamtwirtschaft nicht unterkriegen lassen. Die Lampe gibt es mittlerweile bei Amazon Spanien, ein internationales Vertriebsnetz ist im Aufbau.

Auch wenn viele Spanier derzeit kein hohes Einkommen haben (die Arbeitslosenquote liegt bei fast 25 Prozent), die Kauflaune entsprechend gedämpft ist und die Hürden bei der Unternehmensgründung immer noch hoch liegen - junge Gründer zeigen, dass die grüne Start-up-Szene in Spanien trotzdem lebt.

Ein Modeunternehmen als BewegungDazu gehören auch Rosa Bernier und Mónica Melero - die beiden Frauen aus Barcelona haben vergangenes Jahr Moves to Slow fashion (MTS) gegründet. Das klingt mehr nach einer Bewegung als nach einem Unternehmen. Tatsächlich hat das Start-up von beidem etwas. Der erste spanische Online-Shop für nachhaltige Mode und Kosmetik setzt auf in der näheren Umgebung produzierte Produkte.

In einer Gesellschaft, die großen Wert auf Ästhetik lege, könne sich nachhaltige Mode nur durch herausragendes Design durchsetzen, finden die Bernier und Melero. Sie suchen deshalb gezielt Marken heraus und vertreiben auch eine eigene Kollektion.

Für deren Herstellung nutzen die Unternehmerinnen Reste von Stoffbahnen, von denen nur noch wenige Meter übrig sind und die für gewöhnlich weggeworfen werden. Aus den Stoffresten schneidern sie Stücke in limitierter Auflage. MTS betreibt außerdem einen Service, um gebrauchte Kleider abzuholen und gegen Einkaufsgutscheine einzutauschen. Und trotz der höheren Preise hat die Plattform einen guten Start hingelegt, sagen die Gründerinnen.

Während der Start noch ausschließlich mit Eigenkapital gelang, wollen sie nun expandieren und suchen private Investoren. Zunächst möchten sie in Deutschland, Frankreich und Großbritannien Fuß fassen. „Der Online-Handel ist dort viel ausgereifter und es gibt eine größere Sensibilität für Themen der Nachhaltigkeit“, sagt Mónica Melero. Die Zukunft von MTS sehen sie als globale Plattform für Modekunden.

Dem Risiko, dass man mit nachhaltigen Start-up weniger verkauft, sehen sie gelassen entgegen. Wie auch Benito Muros: „Wenn die Nachfrage nach den Leuchtmitteln sinkt, wird ein Gebrauchtmarkt entstehen“, glaubt er. Wenn die Käufer seine Lampen reparieren, sei das auch nicht schlecht: „Die Leute werden in der Reparatur von Produkten Arbeit finden, anstatt Dinge herzustellen, die nicht lange halten.“

Saatkasten für das WohnzimmerDer DIY-Gedanke hat auch Carlos Llevat zu seiner Geschäftsidee inspiriert. Das erste Produkt seiner Firma Ecohortum waren Kulturtische für den Pflanzenbau auf Terrassen, Balkonen oder im sonnigen Hinterhof. Mit einem Drainagesystem, um das abfließende Wasser zu sammeln und wiederzuverwenden. So recyceln die Tische nebenbei die im Wasser gelösten Nährstoffe.

Schnell stellte er fest, dass nicht jeder ausreichend Platz in den eigenen vier Wänden hat, um einen solchen Tisch unterzubringen. Deshalb hat Ecohortum die Seedbox entwickelt, eine faltbare Kiste, in der sich Salat, Kräuter und andere Nahrungsmittel ziehen lassen. Im Lieferumfang enthalten sind neben der Box das Kultursubstrat und verschiedene Samenmischungen, etwa für Tomaten, Radieschen oder mediterrane Kräuter.

2014 startete das Unternehmen eine Crowdfunding-Kampagne, um die Seedbox auf den Markt zu bringen. Mit den eingesammelten 12.000 Euro konnte die erste Charge fertig gestellt werden. Und die verkaufte sich so gut, dass Llevat Anfang dieses Jahres 20 Investoren von seiner Idee überzeugen und über 200.000 Euro einsammeln konnte. Nun hat er fünf Mitarbeiter - und nimmt, wie auch MTS, den europäischen Markt ins Visier.

„Das Interesse ist groß“, sagt Llevat. Größere Anbau-Tische, auch für professionelle Anwender, Seedbox-Editionen mit Branding als Werbeplattform für Unternehmen, ein didaktisch aufbereitetes Seedbox-Paket für Schulen – viele seiner Pläne will er in den kommenden Jahren umsetzen. Ob Seedboxes, faire Mode oder langlebige Glühbirnen – die Ideen aus Spanien könnten bald auch Deutschland erobern.

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Wiwo Green ist Medienpartner der Veranstaltung Divest from Fossils, Invest in Green Business, die während der europäischen Nachhaltigkeitswoche in Barcelona stattfindet. An dieser nehmen auch die vorgestellten Unternehmen teil. Auch der britische Guardian und die spanische Tageszeitung El Pais gehören zu den Medienpartner. Der Text entstand im Rahmen der Kooperation.

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