Warka Water Türme sammeln mit Netzen Wasser aus der Luft

Der Zugang zu sauberem Trinkwasser in Äthiopien ist ein großes Problem. Italienische Designer haben nun für eine ökologische Lösung einen Preis gewonnen.

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In Äthiopien leben mehr als 90 Millionen Menschen. Doch nur gut 30 Millionen von ihnen haben Zugang zu sauberem Trinkwasser.

Was das in der Praxis bedeutet, hat der Designer Arturo Vittori 2012 erlebt, als er einige abgelegene Dorfgemeinschaften des ostafrikanischen Landes besuchte: Frauen und Kinder müssen teilweise kilometerweit gehen, um Wasser bedenklicher Qualität aus Brunnen oder sogar Tümpeln zu schöpfen.

Vittori, Chef des italienischen Architektur- und Designbüros Architecture and Vision, verließ das Land mit dem Gefühl, eine Aufgabe erhalten zu haben: Er wollte dabei helfen, dass abgelegene Dörfer leichter an sauberes Wasser kommen. Vittoris Lösung ist nun, vier Jahre später, ausgezeichnet worden. Mitte März erhielt Warka Water den prestigeträchtigen World Design Impact Prize, mit dem alle zwei Jahre Designprojekte ausgezeichnet werden, die sozialen Mehrwert bieten.

Drei Wege zum Wasser

Warka Water ist in erster Linie eine Wassersammelstation in Form eines - je nach Version - über zehn Meter hohen Turms. Das kostbare Nass fängt die Konstruktion dabei auf drei Arten auf:

1) Sie speichert Regenwasser,

2) sie fängt Nebeltropfen in einem feinmaschigen Netz aus Recycling-Stoff ein,

3) und sie bietet eine Fläche, auf der sich in der Nacht Tau bilden kann.

Das so aus der Luft gewonnene Wasser läuft dann - ganz ohne Strom - per Schwerkraft durch einen Filter und schließlich in einen unten im Turm installierten Wassertank mit einem Fassungsvermögen von 3000 Litern.

Der Turm ist die Weiterentwicklung eines riesigen Korbes mit ähnlicher Arbeitsweise - diesen hatten wir bereits 2014 vorgestellt. Doch die Dimensionen, der Aufbau, Effektivität, Preis und Gewicht waren damals nur Schätzungen.

Heute weiß Vittori zum Beispiel, dass Warka Water nicht überall gleich effektiv arbeitet - am besten funktioniert der Turm in bergiger Umgebung oder dort, wo es auch sonst häufig Nebel gibt, erklären die Designer auf ihrer Homepage.

Produktion vor Ort, Finanzierung per Crowdfunding

Die Effektivität kann sich dann allerdings sehen lassen: Auf einen Jahresdurchschnitt von 50 bis 100 Litern Wasser am Tag soll der Sammelturm kommen. Vittori und sein Team haben mittlerweile mehrere Prototypen getestet und dabei mit verschiedenen Konstruktionsweisen experimentiert. Allen gemein ist, dass sie auf lokal verfügbare Materialien setzen.

Die Grundbestandteile von Warka Water sind Bambus, Hanf, Bioplastik und Metallbolzen, so dass die Türme nicht in entwickelten Ländern wie Italien oder Deutschland produziert werden müssen, sondern in den Ländern, in denen sie letztlich auch eingesetzt werden. Etwa 1000 Euro kostet ein Turm, wenn er in Äthiopien produziert wird - für Dorfgemeinschaften nicht gerade billig, aber dennoch günstiger als viele andere Methoden der Wassergewinnung - wie etwa der aufwändige Brunnenbau.

Finanziert wird die Entwicklung des Turms derzeit nur über Spenden. Eine erste Kickstarter-Kampagne Anfang 2015 ermöglichte es, dass ein Prototyp in einer süd-äthiopischen Dorfgemeinschaft aufgebaut werden konnte. Derzeit laufen weitere Crowdfunding-Projekte, die auch die für 2019 angepeilte Massenproduktion ermöglichen sollen.

Die Errichtung des Turms sollen die Dorfgemeinschaften dann allerdings selbst übernehmen. Etwa vier Tage seien dafür notwendig, schreiben die Entwickler. Einmal aufgebaut ist Warka Water - benannt nach einem äthiopischen Feigenbaum - dann nicht nur Wasserquelle, sondern dank des eingebauten Baldachins auch Schattenspender und damit Versammlungsort. Derzeit laufen zudem Versuche, im Schatten des Turms Gemüsebeete anzulegen - für Bewässerung ist schließlich gesorgt.

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