China Mega-Pipeline soll Wasser für 100 Millionen Menschen liefern

In China schafft eine gigantische Pipeline Wasser aus dem Süden in den trockenen Norden - mit zweifelhaftem Nutzen.

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China plagen derzeit viele Probleme - von aufsässigen Bürgern bis hin zu gravierender Umweltverschmutzung. Ein Problem, über das westliche Medien seltener berichten, ist Wasser. In China gibt es insgesamt zu wenig Wasser und vor allem ist es ungleich verteilt. Während vier Fünftel der Wasserreserven südlich des Flusses Yangtse liegen, der das Land ungefähr in der Mitte durchschneidet, bewirtschaftet die Hälfte der Bevölkerung zwei Drittel der Ackerfläche im Norden.

Die Lösung liegt auf der Hand: Das Wasser aus dem Süden muss in den Norden. Schon Mao Ze Dong schlug ein solches Unterfangen vor, seit mehreren Jahren wird es in die Tat umgesetzt: Drei Pipelines sollen künftig 45 Milliarden Kubikmeter Wasser nach Norden pumpen.

Ein Teil des ambitionierten Süd-Nord-Wasser-Projekts wurde nun fertig gestellt (das Aufmacherbild zeigt ein Teil der Route). Seit Ende vergangenen Jahres bringt eine Pipeline Wasser vom Yangtse in die östlichen Provinzen Anhui, Jiangsu und Shandong. 100 Millionen Menschen sollen von diesem Projekt profitieren. Dafür wurden 1160 Kilometer an Kanälen und Tunneln durch Berge und unter Flüsse getrieben.

Kein Erfolg trotz großen KostenAllerdings bringt das Projekt bisher kaum den erwünschten Effekt. Die Kommunen sind dazu angehalten, weitere Infrastrukturprojekte wie Kanäle zu bauen, um das Wasser letztendlich zu verteilen. Dafür aber fehlt das Geld - Chinas Lokalregierungen leiden unter einer immer stärker zunehmenden Verschuldung. Einzige Möglichkeit an Geld zu kommen, ist oft der Landverkauf an Immobilienentwickler. So werden die ohnehin schon überteuerten Immobilienpreise weiter in die Höhe getrieben.

Bisher haben gerade einmal fünf Städte in Shandong von dem gelieferten Wasser gebraucht gemacht. Hinzu kommt, dass laut einer Studie des Finanzdienstleisters MSCI (Studie als PDF) der Preis des über die Pipelines beförderten Wassers doppelt so viel kosten kann wie Wasser aus lokalen Quellen.

Insgesamt sind die Ausmaße des Projektes gigantisch. Bisher ist nur die Ost-Route fertiggestellt, eine West- und eine Zentral-Route sollen folgen. Die Kosten für das Projekt lagen 2014 bei 79 Milliarden Dollar. Das ist mehr als doppelt so viel, wie der Drei-Schluchten-Damm gekostet hat - damit gehört das Süd-Nord-Wasser-Projekt zu den teuersten Infrastrukturprojekten des Landes überhaupt.

Wasserverschwendung ist das größere ProblemDabei würde ein effizienterer Umgang mit Wasser mehr helfen als Megaprojekte: Laut des britischen Economist erwirtschaftet die chinesische Industrie mit einem Kubikmeter Wasser rund acht Dollar - das sind nur 14 Prozent des Durchschnitts europäischer Länder. Nur 40 Prozent des Wassers werden recycelt - halb so viel wie in Europa. Viel Wasser wird zudem bei unsinnigen Infrastrukturprojekten vergeudet, wie dem Bau von Geisterstädten in der Inneren Mongolei.

Für diese Verschwendung hat China bereits einen hohen Preis bezahlt: Von 50.000 Flüssen, die 1950 noch durchs Land flossen, sind über die Hälfte ausgetrocknet. Laut Berechnungen der Weltbank kostet die Wasserverschwendung das Land jährlich 2,3 Prozent seines Bruttoinlandsproduktes.

Auch international wird das Projekt zu Spannungen führen: Denn betroffen von den noch nicht fertiggestellten Riesenumleitungen sind auch die südostasiatischen Anrainer-Staaten der Flüsse Mekong und Brahmaputra wie Indien, Bangladesch, Laos und Kambodscha.

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