Das kleine Wunder der Elbe Von der Giftbrühe zum Badefluss

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Antibiotika-Rückstände und Mikroplastik machen Flüssen zu schaffen

Zu den dauerhaften Einträgen aus der Landwirtschaft wie Dünger und Pflanzenschutzmittel kommen noch andere Substanzen. „Dazu gehören Mikroschadstoffe und Antibiotika-Rückstände aus Krankenhäusern.

Die lassen sich nicht so einfach aus dem Abwasser filtern und werden auch von Kläranlagen nicht vollständig zurückgehalten“, sagt Gewässerökologe Weitere. „Dazu kommt Mikroplastik, zum Beispiel aus dem Abrieb von Plastikflaschen oder Tüten. Das ist per se nicht giftig, aber es ist ein sehr widerstandsfähiges Material, das in die Nahrungskette gelangt.“

Zudem sind Flusssysteme heute keine ökologisch isolierten Gebiete mehr. Sie werden durch Kanäle verbunden. Schiffe transportieren Exoten, die Konkurrenten zu einheimischen Arten sein können. In der Elbe sind es bisher eingewanderte Flohkrebse und Muscheln.

Und es geht auch um den Klimawandel, der im Verdacht steht, Extremwetterlagen mit Hoch- und Niedrigwasser zu begünstigen. „Hauptproblem ist also ein ganzes Set an Stressoren, die für sich allein wenig ausmachen, aber in ihrer Summe wirken“, resümiert Weitere. „Das ist nicht wie in den Achtzigerjahren, als wir praktisch tote Flüsse hatten und es sehr eindeutige Effekte durch die Industrie und häusliche Abwässer gab“.

Pestizide in der Elbe vermeiden

Für ihn ist es heute ein subtiler Prozess, den es zu beobachten gilt. „Wir haben Signale, dass sich die Lebensgemeinschaft im und am Wasser an die chronische Belastung durch Chemikalien anpasst. Und empfindliche Arten verschwinden aus diesem System.“

In vielen Bereichen sehen die Wissenschaftler deshalb Luft nach oben, um an der Elbe noch größere Wunder möglich zu machen. Mit Blick auf die Elbe als Bundeswasserstraße gebe es die Möglichkeit, als Kompromiss ökologisch verträgliche Uferbefestigungen zu bauen, sagt Weitere. Forscherin Heise will den Ursachen für Algenwachstum noch genauer nachspüren.

„Es wäre das Beste, überhaupt keine Pestizide in der Landwirtschaft zu verwenden, dann würden sie auch nicht ins Wasser gelangen“, sagt sie. „Aber das geht nicht bei der Form der Landwirtschaft wie wir sie heute haben. Nur mit klaren Argumenten kann man gegen alle Widerstände Maßnahmen durchsetzen.“ Noch lägen solche Daten aber nicht vor.

Gewässerökologe Wolter ist skeptischer, wenn es um Verbesserungen bei der Struktur von Flüssen geht, um ihre Strömungen, Auen und Ufer. „Mit dem Mund ist der Wille europaweit da, aber die Erfolge sprechen eine andere Sprache. Es wird wenig im erforderlichen Maß umgesetzt, auch nicht in Deutschland.“

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