Ernährung Ist Entengrütze die Proteinquelle der Zukunft?

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Gibt es bald Entengrütze-Smoothies für das gesunde Extra?

Für die Nutzung in der menschlichen Ernährung spricht auch, dass Wasserlinsen problemlos Spurenelemente aufnehmen können, die im Wasser gelöst sind. So ließen sich ernährungsbedingte Mangelerscheinungen mit geringem Aufwand ausgleichen, erklären die Wissenschaftler. Die Entengrütze kann durch die Zusammensetzung des Nährmediums, auf dem sie kultiviert wird, quasi jedes gewünschte Spurenelement aufnehmen. Leidet die Bevölkerung etwa an Zink-Mangel, könnte durch die Gabe von Zink ins Wasser der Entengrütze die Versorgung verbessert werden, erklärt Dr. Klaus Appenroth von der Universität Jena. Die Wasserlinse könnte dann zum Beispiel in den hierzulande beliebten Smoothies oder als Mehl in Gebäck eingesetzt werden und so als Vehikel für wichtige Nährstoffe dienen.

Appenroth leitet das internationale Komitee zur Wasserlinsen-Forschung bereits in der zweiten Amtszeit und forscht seit vielen Jahren schwerpunktmäßig zu der Schwimmpflanze. Er hebt weitere Vorzüge der Mini-Pflanzen hervor: „Die Wasserlinsen vermehren sich sehr rasch, benötigen aber keine zusätzlichen Anbauflächen. Es ist die am schnellsten wachsende Blütenpflanze der Welt." Damit hat die Entengrütze einen entscheidenden Vorteil, etwa gegenüber der umstrittenen Sojapflanze, die gern als Beispiel genommen wird für alles, was falsch läuft in der Landwirtschaft: abgeholzte Regenwälder, ungezügelte Gentechnik und gigantische Monokulturen.

In den Niederlanden und in Israel gibt es bereits erste Anlagen, in denen Wasserlinsen in industriellem Maßstab gezüchtet und geerntet werden. "Außer der traditionellen Nutzung in der Ernährung in einigen südostasiatischen Ländern sind sie bisher für die Biomasseproduktion von Interesse", erläutert Jahreis. Die Versuchsanlagen sind auf Energiegewinnung ausgelegt, etwa für die Herstellung von Treibstoff in Form von Bio-Ethanol.

Für einen kommerziellen Einsatz in der Ernährung in Ländern, in denen die Wasserlinse nicht traditionell auf dem Speiseplan steht, müssten noch bürokratische Hürden genommen werden: In der EU fällt das Produkt unter die Novel Food Verordnung und müsste erst zugelassen werden. Dazu wäre eine Risiko-Analyse nötig, "wie sie etwa auch genetisch veränderte Lebensmittel unterlaufen müssen", sagt Appenroth - doch das ist teuer. Jahreis erklärt: "Dazu sind Human-Studien erforderlich, die wir noch nicht leisten konnten. Die Kosten einer solchen Studie liegen in der Größenordnung von 100.000 Euro." Derzeit sehe er keine Chance, eine solche finanzielle Unterstützung zu bekommen, ergänzt er.

Anhand der bisherigen Erkenntnisse erwarten die Wissenschaftler keine negativen Wirkungen auf den Menschen. Das größte Problem bei der Produktion ist die Wasserqualität. Die Pflanze nimmt aus dem Wasser nicht nur sehr gut essenzielle Mineralstoffe und Spurenelemente auf, sondern eben auch toxische Mineralstoffe und andere im Wasser gelöste ungünstige Substanzen. "Deshalb kann man nicht von jedem Gewässer Wasserlinsen gewinnen. Für den professionellen Anbau sind kontrollierte Zuchtbecken erforderlich", so Jahreis. "Aber natürlich kann jeder, dem sauberes Leitungswasser zur Verfügung steht, in seiner persönlichen Aquakultur Wasserlinsen anbauen."

Die Forscher veröffentlichen ihre Ergebnisse in der renommierten Zeitschrift „Food Chemistry" unter dem Titel „Nutritional value of duckweeds (Lemnaceae) as human food".

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