Frage der Woche Warum gibt es Wein kaum in Pfandflaschen?

Immer noch gibt es kein Mehrweg-System für Weinflaschen. Die Energiebilanz von Glasrecycling ist verheerend.

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In unserer Rubrik „Frage der Woche“ gehen wir regelmäßig einer spannenden Frage nach. Heute geht es darum, wie die Energiebilanz von Glasflaschen aussieht. Haben Sie auch eine Frage? Dann schreiben Sie uns an die Adresse green@wiwo.de.

Rotwein aus Australien oder Bier aus Mexiko – Weinkenner und Bierliebhaber greifen hierzulande nicht unbedingt nur zum regionalen Riesling oder zum Bier aus der heimischen Brauerei. Getränkeflaschen reisen teilweise um die halbe Welt, bevor sie bei uns auf den Tisch kommen. So sind beispielsweise die Mehrweg-Flaschen des Bier-Exoten Corona etwa 18.000 Kilometer unterwegs, um in Mexiko gereinigt und wieder befüllt zu werden.

Seit Jahren debattieren Experten deshalb darüber, ob Einwegflaschen umweltfreundlicher sind als Mehrwegbehälter. Ein wichtiger Faktor ist dabei der Transportweg, wie das Beispiel Mexiko zeigt: Je größer die Entfernung ist, desto geringer wird der ökologische Vorteil von Mehrwegverpackungen. Die kritische Grenze liegt laut Umweltbundesamt bei etwa 750 Kilometern.

Interessant wird es aber, wenn man die ökologische Belastung von Transport, Lagerung und Reinigung außer Acht lässt. Wie sieht dann die Energiebilanz einer einzigen Flasche aus? Das ist vor allem vor dem Hintergrund interessant, dass es bis heute kein Mehrweg-Flaschensystem für Wein gibt - beim Bier ist das dagegen ganz normal.

Wein-Mehrweg in der Zukunft?In einer Studie vergleicht die ÖkoConsult GmbH aus Österreich die Umweltbilanz von Einweg- und Mehrweggetränkeverpackungen. Für die Herstellung einer 1-Liter-Einweg-Weinflasche (also ohne Inhalt, ohne Etikett, Korken oder Schraubverschluss) berechnet die Wiener Beratungsfirma einen Energieaufwand von 2,083 Kilowattstunden (kWh).

Die Studie zeigte in einem zweiten Schritt auch, dass die Energiebilanz von Mehrwegverpackungen bei weitem besser ist. So hat beispielsweise eine 1-Liter-Mehrwegflasche nur einen Energieaufwand von 0,07 kWh. Der enorme Unterschied ist auf die hohen Schmelztemperaturen für Glas zurückzuführen, die beim Recyclingprozess nötig sind. Der hohe Energieaufwand relativiert sich im Mehrwegsystem.

Stellt sich die Frage, warum sich das Pfandflaschensystem beim Wein dann noch nicht durchgesetzt hat? Das Problem ist, dass gerade im Weinbereich keine normierten Flaschen im Umlauf sind. Sie können daher nicht unabhängig von Hersteller und Lieferant zurückgegeben werden. Welcher Sortier- und Kostenaufwand entstehen würde, zeigt bereits die Bierbranche.

Und noch ein Aspekt kommt hinzu: Auf dem Weg zurück zu ihren Befüllern nach Süditalien, Spanien oder Frankreich wären die Weinflaschen aus vielen Teilen Deutschlands mehr als 750 Kilometer unterwegs. Die gute Umweltbilanz eines Pfandsystems wäre damit dahin. Einzige Lösung: Vielleicht nutzen heimische Winzer bald nur noch Einheits-Pfandflaschen für ihre Getränke?

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