Klärschlamm Größte Verbrennungsanlage arbeitet nun energieneutral

Klärschlamm-Verbrennung frisst viel Energie. Die größte Anlage der Welt erzeugt nun 95 Prozent dieser Energie selbst.

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Klärschlamm ist eigentlich ein wertvoller Dünger. Doch er enthält neben Phosphaten, die das Pflanzenwachstum beschleunigen, oft giftige Schwermetalle und nicht weniger problematische Medikamentenrückstände. Beide Verunreinigen überstehen alle Stufen einer Kläranlage.

Auf der sicheren Seite ist nur der, der den Schlamm verbrennt und aus der Asche die Phosphate zurückgewinnt. Doch das frisst viel Energie.

In der weltweit größten Klärschlammverbrennungsanlage, die das niederländische Unternehmen N.V. Slibverwerking Noord-Brabant in Moerdijk betreibt, gelingt es nun, diesen Prozess größtenteils energieautark zu realisieren. 450.000 Tonnen gehen dort jedes Jahr in Flammen auf. Übrig bleiben rund 40.000 Tonnen Asche. Bisher verschlang die Anlage weit mehr Strom, als ihre veralteten Turbogeneratoren erzeugen konnten. Jetzt produziert sie mehr als 95 Prozent der benötigten Energie selbst.

Auch Asche enthält noch Spuren von SchwermetallenUm die Anlage effizienter zu gestalten, tauschten die Ingenieure des niederländischen Kesselspezialisten NEM, der seit 2011 zu Siemens gehört, zwei der vier Niederdruck- gegen Hochdruck-Dampfkessel aus. Durch dessen wasserumspülte Rohrleitungen strömen die heißen Rauchgase. Das Wasser wird zu Dampf, der eine Temperatur von 450 Grad Celsius bei einem Druck von 60 bar hat.

Er wird auf eine Turbine geleitet, die einen Generator mit einer Leistung von 3,5 Megawatt antreibt. Die bisherige Leistung lag bei 450 Kilowatt. Der Dampf, der nach getaner Arbeit die Turbine verlässt, wird zur Trocknung des Klärschlamms genutzt, der bei der Anlieferung 75 Prozent Wasser enthält, also kaum zum Verfeuern geeignet ist.

Wenn der Klärschlamm verbrannt ist, enthält die Asche unter anderem Spuren von Schwermetallen und Phosphate. Die Medikamentenrückstände, die sich ursprünglich im Klärschlamm befanden, sind dagegen bei der Verbrennung vernichtet worden. Das Phosphat, das einen Anteil von 20 Prozent in der Asche hat, gewinnen mehrere Abnehmer zurück, darunter das chinesische Unternehmen Therphos.

Wertstoffe lassen sich in anderen Anlagen nicht zurückgewissenAllein in Deutschland fallen jährlich rund sieben Millionen Tonnen Klärschlamm an, die Trockenmasse liegt bei rund zwei Millionen Tonnen. Rund 30 Prozent davon landen als Dünger auf Feldern. Der größte Teil wird in Kraftwerken, Zementöfen und Müllverbrennungsanlagen entsorgt. Das hat einen entscheidenden Nachteil: Die Wertstoffe im Klärschlamm lassen sich, anders als in Anlagen, die ausschließlich Klärschlamm verbrennen, nicht zurückgewinnen. Auf diese Weise gehen jährlich mehr als zehn Millionen Tonnen Phosphate verloren.

Aus diesem Grund verfolgen mehrere Entwickler noch eine andere Lösung für das Klärschlammproblem: die Hydrothermale Carbonisierung (HTC), bei der braunkohleähnliche Biokohle entsteht. Bei diesem Prozess ist es grundsätzlich möglich, die Phosphate abzutrennen, ehe die Kohle entsteht. Großtechnisch wird HTC bereits genutzt, um aus Bioabfällen wie Pflanzenresten Kohle herzustellen.

 

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