Mit Seetang und Muscheln So könnten Meeresfarmen die Umwelt retten

Algen und Schalentiere: Auf seiner Meeresfarm züchtet Bren Smith restaurative Nutzpflanzen, die die Umwelt schützen.

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Wenn Bren Smith von seiner Vergangenheit erzählt, bereut er vieles. Mit 14 Jahren brach er die Schule ab, stieß waghalsig in See und „plünderte die Meere“, wie er es heute nennt. Sein erster Job verschlug ihn auf Deck, bewaffnet mit einer Schrotflinte, um all die Vögel zu erschießen, die seine Fische aus dem Wasser klauen wollten. Später fischte er illegal bei Nacht, in geschütztem Gewässer, und verramschte seinen Fisch anschließend an McDonald's.

Durch die harte Arbeit war sein Verdienst recht ordentlich. Doch irgendwann wurde ihm all das zu viel. Heute, drei Jahrzehnte später, wohnt er in Long Island Sound, einer Förde im Westen des Atlantiks. Fischer ist er immer noch, mit Leib und Seele, doch inzwischen hilft er der Natur, anstatt sie zu zerstören.

Mit seinem Unternehmen, der Thimble Island Oyster Company, hat er eine Meeresfarm im 3D-Design entwickelt, die nicht nur Meeresfrüchte produziert, sondern nach Smiths Angaben auch die Überfischung der Meere reduziert, den Klimawandel verlangsamt und das Ökosystem im Wasser wiederherstellt. Für seine Ambitionen bekam er erst kürzlich den Nachhaltigkeitspreis des amerikanischen Buckminster Fuller Instituts (BFI) verliehen, der mit 100.000 Dollar dotiert ist. Weitere 35.000 Dollar sammelte er über die Crowdfunding-Plattform Kickstarter ein.

Künstliches Riff für Dutzende SpeziesDas System der Meeres-Farm gleicht einem Unterwassergarten: Auf mehreren vertikalen Ebenen züchtet das Unternehmen Seegras und Schalentiere. Der Seetang wächst nahe der Wasseroberfläche an Tauen. Dazwischen gedeihen Muscheln, die sich an laternenförmigen Käfigen ansiedeln. Und ganz unten, auf dem Grund des Meeres, liegen weitere Käfige, in denen Austern heranwachsen.

Insgesamt 150 verschiedene Lebewesen soll das künstliche Riff anlocken und Unterwasser-Ödnis so zu florierenden Ökosystemen verwandeln. Doch Smith verspricht noch viel mehr durch die Umwelt-Eigenschaften seiner Erzeugnisse: So ist Seegras bekannt dafür, Kohlenstoffe zu binden. Mit seiner 80.000 Quadratmeter großen Wasserfarm gelingt es Smith daher nach eigenen Angaben jedes Jahr, mehr als 134 Tonnen Kohlenstoff einzufangen.

Dünger und Biosprit aus SeetangDie Algen und Schalentiere wiederum fungieren als Biofilter, die Stickstoff aus dem Wasser sieben und damit dem Entstehen von sogenannten Totwasserzonen vorbeugen, wo den Meeresbewohnern der Sauerstoff zum Atmen fehlt. Mehr als 160 Kilogramm Stickstoff pro Jahr können Smiths Pflanzen und Muscheln filtern. Aus dem mit Stickstoff vollgesogenen Seetang produziert der selbsternannte Klima-Bauer dann flüssigen Dünger für lokale Bauern.

Auch Bio-Kraftstoff aus Seetang soll es nach seinen Vorstellungen schon bald geben – mit angeblich großem Potential: Wie das amerikanische Energieministerium ausgerechnet hat, würde ein Farmen-Netzwerk so groß wie Niedersachsen ausreichen, um den Ölverbrauch der USA durch umweltfreundlichem Seetang-Sprit zu ersetzen.

Von Smiths Erzeugnisse profitiert nicht nur die Umwelt, sondern auch die Konsumenten. Seine Muscheln bieten wertvolle Omega-3-Fettsäuren und Proteine, sein Seegras enthält mehr Eisen als Fleisch, mehr Kalzium als Milch und mehr Protein als Soja-Bohnen. Diese Vorteile treiben Smiths zu der klaren Vision, seine 3D-Farmen weltweit bekannt zu machen. „Ein Netzwerk in der Größe des Bundesstaates Washington würde genügen, um die ganze Welt mit ausreichend Protein zu versorgen“, ist Smith überzeugt.

Wie verlässlich diese Aussagen sind, sei mal dahin gestellt. Klar ist, dass die Meeresfarmen der Umwelt helfen. Das Schöne: Mit „nur“ 80.000 Quadratmetern Wasser, einem Boot und umgerechnet 27.000 Euro sei laut Smith jeder in der Lage, seine eigene 3D-Farm innerhalb eines Jahres hochzuziehen. Und könne damit der Umwelt, egal wo, etwas Gutes zu tun.

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