Stadt der Zukunft Architekten entwerfen Algen-Hochhaus

Rechenzentren liegen meist fernab von Wohnhäusern und verbrauchen massenweise Energie. Ein Hochhaus, an dem Algen wachsen, soll das ändern.

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Dicht an dicht gedrängt wohnen, arbeiten und leben wir in Zukunft. Denn schon in zwei oder drei Jahrzehnten werden so viele Menschen in urbanen Ballungszentren leben wie heute auf dem gesamten Planeten. Auf den Platzmangel müssen Stadtplaner, Architekten und Stadtbewohner mit einer intelligente Nutzung der vorhandenen Fläche reagieren. Deshalb wird die Stadt der Zukunft in die Höhe wachsen. Moderne Hochhäuser werden zur Kleinstadt in der Großstadt.

Eines dieser Hochhäuser der Zukunft präsentieren jetzt die Planer, Architekten und Ingenieure des Unternehmens PRIOR1. Sie haben ihrem Entwurf den Namen „algenatives Rechenzentrum“ gegeben. Kern dieses 16 Stockwerke großen Allzweckgebäudes ist nämlich ein Rechenzentrum, integriert in eine moderne Gebäudestruktur und betrieben mit der Energie aus einer Algenzucht.

Ohne Rechenzentren ist unsere Wirtschaft kaum mehr zu denken. Sie braucht Server und Netze, die mit den riesigen Datenmengen klar kommen. Und solche Rechenzentren sind im Regelfall ziemlich energieintensiv. Das will PRIOR1 ändern. Aus dem Energiefresser Rechenzentrum soll ein energieproduzierendes, intelligentes Hochhaus werden.

Die Basis der Stromproduktion sind die Algen. Genauer gesagt: Chlorella- und Chlamydomonas-Algen, die sich in Panelen auf der Außenseite des Gebäudes befinden, werden mit CO2 angereichert und durch die Strahlen der Sonne zur Photosynthese angeregt. Als Zwischenprodukt produzieren die Algen auf diese Weise auch Methan. Das Gas soll zum Betrieb von Blockheizkraftwerken genutzt werden. Die entstehenden CO2-Abgase landen erneut bei den Algen, so dass ein Kreislauf entsteht.

Die Algen selbst wachsen neben den Panelen an der Außenfassade auch in großen Becken im Untergeschoss des Gebäudes. Eine kleine, stationäre Windkraftanlage liefert den Strom, um per LEDs eine zusätzliche Lichtquelle für die Photosynthese bereitzustellen. Auch die Biomasse der Algen lässt sich dabei, sozusagen als Abfallprodukt, für weitere Entwicklungen (auch Kosmetika oder Kunststoffe) nutzen.

Sogar ein Feld könnte das Zentrum enthalten

Damit aber nicht genug: Die Abwärme der Blockheizkraftwerke soll zudem in der Nah- wie auch der Fernwärme genutzt werden. Im besten Fall entsteht damit ein geschlossener Energiekreislauf und das Gebäude wird vom Energie-Konsumenten zum Produzenten.

Bei der Gestaltung der Stockwerke sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt: Nutzflächen für Schulungen, Verwaltung oder Ausstellungen sind ebenso planbar, wie mehrere Etagen für urbane Landwirtschaft. Bei optimaler Flächennutzung könnten verbrauchernah und mit selbst erzeugter Energie viele tausend Quadratmeter Produktionsfläche entstehen.

Auch Supermärkte, Kindergärten, Büro- und Wohnanlagen könnten neben- und übereinander Platz finden. Sogar Mini-Parks und Gärten sind denkbar. Kleinstbiotope als Rückzugsgebiet für Pflanzen und Tiere sind dann Teil der Renaturierung von Städten. Auch die Saunalandschaft, das Schwimmbad und das Fitnesscenter werden mit der Algenenergie betrieben.

Fragt sich am Ende, wie neu die Ideen von PRIOR1 tatsächlich sind? Denn Hochhäuser, die nur noch sehr wenig oder gar keine Energie mehr verbrauchen, gibt es schon. In Freiburg zum Beispiel wurde 2011 ein 15-stöckiges Haus in Passivbauweise eingeweiht. Auch die Algenfassaden gibt es schon. Und zwar in

Hamburg. Dort steht das BIQ Algenhaus, das mit den Algenpanelen die Energie liefert. Auch in Frankreich sind erste Algenhäuser in Angriff genommen. Ein erster Park auf und in einem Hochhaus existiert schon in Italien.

Neu ist allerdings die Idee, Rechenzentren mit Wohn- und Freizeitanlagen und Arbeitsräumen zu kombinieren, so dass sich alle Funktionen einer modernen Gesellschaft ergänzen. Man darf gespannt sein, wann auch diese Vision Realität wird.

Das algenative Rechenzentrum ist Teil einer Artikelserie, in der wir bei WiWo Green jede Woche ein Projekt für die nachhaltige Stadt der Zukunft vorstellen. Vergangene Woche haben wir uns ein Projekt in Köln angesehen.

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